Entgegnung auf Rüdiger Hauths Buch

Die Mormonen: Sekte oder neue Kirche Jesu Christi?

Dr. Daniel C. Peterson

Copyright der deutschen Übersetzung: LDS BOOKS Schubert & Roth OHG, Bad Reichenhall.

LDS BOOKS hat die Übersetzung anlässlich des Starts der deutschen FAIR-Site unentgeltlich zur Verfügung gestellt.

Ziemlich seicht

„Für Christen ist es wohl kaum möglich, eine positive Einstellung zu einem System zu gewinnen, das sich in der öffentlichen Werbung als ,christlich’ darstellt, in Wirklichkeit aber auf unbiblisch-unchristlichen Elementen und wild wuchernder menschlicher Phantasie basiert.”(S.188)

Mein Dank gilt Dr. William J. Hamblin für seine hilfreichen Bemerkungen während der ersten Arbeiten an dieser Besprechung. Ebenso bedanke ich mich bei Deborah D. Peterson, Stephen D. Ricks und dem unvergleichlichen Michael Lyon, die mir beim Recherchieren verschiedener Unterlagen behilflich waren. Die Professoren Luther Giddings, Mark J. Johnson, Hans-Wilhelm Kelling und Madison Sowell haben mir letzte Fragen hilfreich beantwortet.

Nun bin ich schon bald ein ganzes Jahrzehnt für die Buchbesprechungen der FARMS Review of Books zuständig. Gelegentlich habe ich mich dabei auch mit Büchern befasst, die aus dem unaufhörlich brodelnden Kessel auftauchen, in dem die hauptberuflichen Verachter der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage zu leben scheinen.

Ich muss gestehen, dass diese Aufgabe zusehends mühsamer wird. Deswegen habe ich mir zum Spaß den Titel eines Films ausgedacht, den mein Kollege William Hamblin und ich drehen möchten: Bills und Dans wundersame Abenteuer in der Anti-Mormonen-Zombie-Hölle. Gleich all jenen anderen, die es sich gelegentlich zur Aufgabe machen, die tristen Halbweltsviertel der fundamentalistischen Mormonengegner abzuklopfen, haben wir von der weitverbreiteten Tendenz dieser fanatischen Kreuzzügler und ihrer Schriften bald genug, da sie immer und immer wieder Argumente vorbringen, die bereits vor Jahren widerlegt wurden, da sie Gegenbeweise und unterschiedliche Interpretationen ignorieren und in wonniglicher, manchmal auch trotziger Unkenntnis wichtiger Fakten ohne Unterlass weitermachen. Menschen wie mir, die sich als Jugendliche ab und zu gerne ein, zwei Stunden lang alte Horrorfilme ansahen, fällt es immens schwer, in diesem Zusammenhang nicht an die B-Monsterfilme in Schwarzweiß erinnert zu werden, in denen Horden hirnloser Zombies losstürmen und von keiner noch so großen Anzahl von Geschossen zu stoppen sind. Ist doch zum Beispiel 1995 ein Buch erschienen, dass – so unglaublich dies auch klingen mag und tatsächlich auch ist – die Spaulding-Theorie über den Ursprung des Buches Mormon wieder auferstehen lässt und die gesamte Propaganda über das Buch Abraham abdruckt, die der verstorbene, mit immerwährendem Schimpf und Schande aus der wissenschaftlichen Welt entlassene Dee Jay Nelson in die Welt gesetzt hat.[1] Findet sich keine Umweltschutzgruppe, die dem ein Ende zu setzen vermag? Wieviele Bäume müssen noch umgeholzt werden, ehe man endlich aufhört, dieses Zeug immer wieder aufs neue zu drucken? Die Verdrehung von Tatsachen, die Nichtbeachtung bestehender wissenschaftlicher Erkenntnisse, erstaunliche Anfälle mangelnder Logik, Doppelmoral sowie die absurdesten Übertreibungen mögen einige Zeit lang ganz amüsant sein, werden aber schnell langweilig. Man nehme zum Beispiel Sandra Tanner, eine der prominentesten Vertreterinnen des noch (verhältnismäßig) anständigen Flügels im Spektrum der Mormonengegner. „Der Mormonismus”, so Sandra Tanner in einem Videofilm, der vor kurzem von und für die Southern Baptist Convention produziert wurde, „ist eine völlig andersartige Religion. Er ist nicht nur eine Gattung des Christentums, sondern eine radikal andersartige Theologie . . . eine Theologie, die dem Christentum ebenso nahe steht wie dem Hinduismus. Der Mormonismus vertritt eine völlig andersartige Ansicht in Bezug auf Mensch, Gott und die Schöpfung. Alles am Mormonismus ist andersartig. Die Mormonen verwenden lediglich die gleichen Begriffe.”[2]

Also, bitte! Kann man einen Menschen, der einen solchen Unsinn von sich gibt, noch dazu in einem Videofilm, der im Lehrplan einer großen protestantischen Kirche Verwendung finden soll, wirklich ernst nehmen? Welches Maß an Glaubwürdigkeit als „Fachmann” besitzt so jemand? Zu gern möchte man Ms. Tanner einige Fragen stellen, zum Beispiel: Welche Rolle spielen der Weda oder die Upanischaden im Glauben der Heiligen der Letzten Tage? Welche Rolle spielt das Karma in der Theologie der Mormonen? Was sagen die Führer der Kirche über Reinkarnation oder Seelenwanderung? Gibt es in den heiligen Schriften der Mormonen Aussagen über irgendein starres und kompliziertes Kastenwesen? Hat es in der Geistesgeschichte des Mormonismus wie im atheistischen Teil des Hinduismus eine atheistische Variante gegeben? Was ist dem Monismus des Hinduismus ähnlicher, das Gottesverständnis der Mormonen oder der klassische post-nizäische Trinitarismus? Kann Ms. Tanner ein Kirchenlied der Mormonen nennen, das zu Ehre von Wischnu gesungen wird? Könnte sie vielleicht einen Kommentar über die wachsende Bhakti-Bewegung unter den Mormonen abgeben? Oder über die singenden, safrangelbe Kutten tragenden Mormonenmissionare in amerikanischen Flughäfen? („Hare, Hare Joseph!”) Was weiß sie tatsächlich über den Hinduismus, dass sie es sich leisten kann, solch blöde Aussagen von sich zu geben?

Ms. Tanner kennt sich – davon muss man allerdings ausgehen – im Mormonismus natürlich ein wenig besser aus. Aber sogar da ist die Arbeit, die sie und ihr Mann in den Jahrzehnten ihres absonderlichen Berufes als professionelle Antimormonenpropaganda-Produzenten, alles andere als zuverlässig. Allein in den Druckschriften der „Foundation for Ancient Research and Mormon Studies” (FARMS) sind folgende hieb- und stichfeste Kritiken ihrer Schriften erschienen. Die beiden Tanners (und schon gar nicht deren Anhänger) haben nie dagegen Stellung bezogen:

L. Ara Norwood. Besprechung von Covering Up the Black Hole in the Book of Mormon, von Jerald und Sandra Tanner. Review of Books on the Book of Mormon 3 (1991), S. 158-169.

Matthew Roper. Besprechung von Covering Up the Black Hole in the Book of Mormon, von Jerald und Sandra Tanner. Review of Books on the Book of Mormon 3 (1991), S. 170-187.

John A. Tvedtnes. Besprechung von Covering Up the Black Hole in the Book of Mormon, von Jerald und Sandra Tanner. Review of Books on the Book of Mormon 3 (1991), S. 188-230.

Matthew Roper. Besprechung von Mormonism: Shadow or Reality? Von Jerald und Sandra Tanner. Review of Books on the Book of Mormon 5 (1992), S. 169-215.

William J. Hamblin. Besprechung von Archaeology and the Book of Mormon, von Jerald und Sandra Tanner. Review of Books on the Book of Mormon 5 (1993)r S. 250-272.

Tom Nibley. Besprechung von Covering Up the Black Hole in the Book of Mormon, von Jerald und Sandra Tanner. Review of Books on the Book of Mormon 5 (1993), S. 273-289.

Matthew Roper. „Comments on the Book of Mormon Witnesses: A Response to Jerald and Sandra Tanner”. Journal of Book of Mormon Studies 2/2 (1993), S. 164-193.

Matthew Roper. Besprechung von Answering Mormon Scholars: A Response to Criticism of the Book „Covering Up the Black Hole in the Book of Mormon”, von Jerald und Sandra Tanner, Review of Books on the Book of Mormon 6/2 (1994), S. 156-203.

John A. Tvedtnes. Besprechung von Answering Mormon Scholars: A Response to Criticism of the Book „Covering Up the Black Hole in the Book of Mormon, von Jerald und Sandra Tanner, Review of Books on the Book of Mormon 6/2 (1994), S. 204-249.

John A. Tevdtnes und Matthew Roper. Besprechung von „Joseph Smith’s Use of the Apocrypha”, von Jerald und Sandra Tanner, FARMS Review of Books 8/2 (1996), S. 326-372.

Matthew Roper. Besprechung von Answering Mormon Scholars: A Response to Criticism Raised by Mormon Defenders von Jerald und Sandra Tanner, FARMS Review of Books 9/1 (1997), S. 87-145.

Man bedenke, dass es sich bei Sandra Tanner immerhin noch um eine Vertreterin des verhältnismäßig vernünftigen fundamentalistischen Antimormonismus handelt. Spinner wie Ed Decker und Konsorten, die nicht einmal von Ms. Tanner ernst genommen werden, mögen hier unerwähnt bleiben.[3] Die verrückte Behauptung jedoch, dass die Heiligen der Letzten Tage dem Hinduismus ebenso nahe stehen wie dem Christentum, könnte direkt von Ed Decker stammen. Dies stimmt eigentlich auch, denn Decker hat es wiederholt behauptet.[4] Uns drängt sich nun immer stärker die Frage auf: Gibt es irgend einen protestantischen Kritiker der Kirche, der es verdient, wirklich ernst genommen zu werden?

Als ich zum ersten Mal von dem deutschen Religionswissenschaftler Rüdiger Hauth hörte, der in seinem Buch Tempelkult und Totentaufe die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage beschrieben hatte, war ich anfangs begeistert. Mir war selbstverständlich klar, dass dieses Buch die Kirche von einem skeptischen, ja negativen oder feindseligen Standpunkt aus darstellen würde, wie dies schon der berühmte Eduard Meyer in Ursprung und Geschichte der Mormonen getan hatte, dennoch freute ich mich auf eine interessante Auseinandersetzung zwischen Mormonismus und deutscher wissenschaftlicher Gelehrsamkeit. Dies wäre eine erfrischende Abwechslung gewesen, denn irgendwann wird jeder vom Durchforsten ausschließlich reinen Mülls müde.

Ich habe Tempelkult und Totentaufe immer noch nicht in die Hand bekommen. Meine Begeisterung ist auch beträchtlich gesunken. Vor kurzem habe ich in Salzburg einen Vortrag gehalten und wurde danach zusammen mit einigen anderen Kollegen von einem aus Innsbruck stammenden Religionswissenschaftler in eine freundschaftliche Diskussion über die Wiederherstellung verwickelt. Im Verlaufe unserer Unterhaltung zeigte er uns ein Exemplar von Rüdiger Hauths Buch Die Mormonen: Geheimreligion oder christliche Kirche?, das er in Vorbereitung auf einen Symposiumsvortrag über amerikanische Religionen las, den er wenige Wochen später in Braunau halten sollte. Meine Neugier wurde entfacht und so erwarb ich schon kurze Zeit später Hauths Buch. (Interessanterweise ist der Untertitel Geheimreligion oder christliche Kirche? nur mehr auf dem Titelblatt meiner Ausgabe zu finden. Auf dem Umschlag der neueren Ausgabe lautet der Untertitel Sekte oder neue Kirche Jesu Christi? [5] Ich habe noch ein anderes, allgemeiner gehaltenes Buch von Hauth gekauft, das Kleiner Sekten-Katechismus heißt und das ich im folgenden gelegentlich zitieren werde.[6]

Rüdiger Hauth hat an der Universität der dänischen Stadt Aarhus Theologie studiert und dort promoviert. Seit 1971 ist er Beauftragter für Sekten und Weltanschauungsfragen der (evangelischen) westfälischen Landeskirche. Wie bereits erwähnt, hat er 1985 ein Buch verfasst, das auf seiner Dissertation aufbauen dürfte und das Tempelkult und Totentaufe heißt. Beeindruckende Leistungen, oder? Meine Vorfreude auf das Buch Die Mormonen wurde jedoch schon bald zur herben Enttäuschung.

Irgendein Witzbold aus dem 19. Jahrhundert hat einmal über Richard Wagner gesagt, dass seine Musik in Wirklichkeit nicht so übel sei, wie sie sich anhöre. Kann sein, oder auch nicht. Aber Die Mormonen und der Kleine Sekten-Katechismus haben nichts zu bieten, aus dem auch nur im Geringsten hervorgehen könnte, dass Rüdiger Hauths wissenschaftliche Arbeiten besser sind, als sie sich lesen.

Die Mormonen ist ein ausgesprochen seichtes Buch. Obwohl es im großen und ganzen nicht so offensichtlich bösartig gehalten ist wie die meisten anderen mormonenfeindlichen Schriften, stellt es dennoch einen schamlos feindseligen Angriff auf den Glauben der Heiligen der Letzten Tage dar. (Ich hätte allein durch die Tatsache gewarnt sein sollen, dass es als Teil der Themenreihe „Sekten, Sondergruppen und Weltanschauungen” erschienen ist, zu der auch der Band Satanismus gehört.) So wie schon viele Mormonengegner vor ihm, kreidet auch Rüdiger Hauth den Mormonen an, dass besondere Glaubensinhalte der Mormonen, wie Tempel, Taufe für die Verstorbenen, die Lehren vom ewigen Fortschritt und von der Vielzahl von Göttern nicht Teil der ersten Missionarslektionen sind. (S.10) Es scheint, als bestünde Hauths sich selbst auferlegte Mission darin, dieses Versäumnis der Mormonen wiedergutzumachen. Dennoch geht er auf obige Themen kaum ein und – wie noch zu sehen sein wird – streift sie vom Dogmatischen her nur oberflächlich.

Ja, Hauth ist seicht, aber nicht subtil. „Kommt der kritische Beobachter nicht zwangsläufig zu dem Schluss”, stellt er auf Seite 125 die rhetorische Frage, „dass hier falsche Propheten in einer falschen Religion ständig falsche Lehren verbreiten?” Hauths Antagonismus offenbart sich manchmal auch in der Wahl seiner Ausdrücke, so wie er z.B. den Begriff „Phantasien” zur Beschreibung der Lehren von Führern der Mormonenkirche verwendet.(S. 58.) Das Buch Mormon ordnet er in die Kategorie „Phantasie-Literatur”(S.172) ein, und auf Seite 124 bezeichnet er einen bestimmten Teil des Tempelgottesdienstes der Mormonen als „kuriosesten Gag”.[7]

Es sind dies nicht gelegentliche Geschmacklosigkeiten oder Entgleisungen, denn dieselben respektlosen Formulierungen verwendet Hauth auch in seinem „Kleinen Sekten-Katechismus:” So verworren und märchenhaft wie die Entstehungsgeschichte dieser ,Amerikanischen Bibel’ ist allerdings auch ihr Inhalt. „Das Buch Mormon,” so Hauth, ist lediglich ein „phantasievoller Abenteuerroman” und dessen Handlung „frei erfunden”.[8] Hauth lässt sich jedoch nicht herab, dem Leser zu schildern, was er denn am Buch Mormon so unaussprechlich absurd findet. Warum die Schilderung des Buches Mormon vom Besuch Jesu Christi bei den Nephiten „recht phantasievoll” (S.82) ist, während der neutestamentliche Bericht der unbefleckten Empfängnis, der vielen Wunder Christi und der Auferstehung dies nicht ist, bleibt Hauth dem Leser in Die Mormonen schuldig. Dies hier ist – wie noch zu sehen sein wird – nicht der einzige Fall, bei dem Hauth mit zweierlei Maß misst.

Hauths Feindseligkeit wird auch durch die Art und Weise offenbar, in der er die gemeinen und historisch unanzweifelbaren Verfolgungen der Heiligen der Letzten Tage im 19. Jahrhundert beschreibt, beziehungsweise einfach darüber hinweggeht. So beschreibt er zum Beispiel die vom Pöbel ausgelösten Umsiedlungen der Mormonen immer weiter in den Westen, ohne dabei die Schuld des Pöbels daran zu erwähnen oder dessen Taten als bedauerlich zu empfinden: „Vom Frühjahr 1831 an verlagerten sich die Aktivitäten der Mormonen in weiteren Etappen weiter nach Westen.” (S. 25.) Statt dessen erklärt er ganz vorsichtig, dass die seltsamen Lehren und Praktiken der Mormonen es den anderen Christen immer unmöglicher machten, die Mormonen zu akzeptieren, was zu „ständigen Unruhen und feindlichen Begegnungen mit Nicht-Mormonen und staatlichen Behörden führte,” wofür Hauth allein den Mormonen die Schuld zuweist. Seine Kritik gilt ausschließlich den Heiligen der Letzten Tage, die sich angeblich weigern, die Schuld an ihrer gewaltvollen Kirchengeschichte auf sich zu nehmen.(S.25, 26.) Die Lehre der Mormonenkirche, so beschwert Hauth sich auf Seite 161, weiche „völlig vom christlichen ,common sense’” ab. Diese Diskrepanz wurde und werde immer wieder aufs neue von Christen als „höchst provozierend” empfunden. Also sind doch wieder die Mormonen schuld! Ihre Lehre ist irritierend. Ihre bloße Existenz ist den Mitmenschen ein Stein des Anstoßes. Demgemäß gebührt den Mormonen ohnehin das, was sie bekommen.

Hauth legt es offensichtlich nicht darauf an, den Dialog zwischen den verschiedenen Kirchen positiver zu gestalten, als er dies heute ohnehin schon ist, und daher verteidigt er seine eigene aggressive Polemik gegen jeden, dem ein wenig mehr Nächstenliebe gelegen kommen würde. Im Kleinen Sekten-Katechismus lobt er z.B. einen gewissen Pastor Günther Siedenschnur (offensichtlich ein Vorgänger Hauths auf dem Feld der hauptberuflichen Beleidigung kleinerer Kirchen): „Ihm ist auch zu danken, dass er den Begriff ,Sekte’ als Unterscheidungsmerkmal im Gegenüber von eindeutig sektiererischen Gruppen und christlicher Gemeinde konsequent beibehalten hat, auch wenn von verschiedenen Seiten immer wieder gefordert wird, diesen ,diffamierenden’ Terminus abzulegen und zu überwinden.[9] (Dem Beobachter der amerikanischen Antimormonen-Szene fällt dabei die offensichtliche Ähnlichkeit mit Personen wie Kurt Van Gorden, Ed Decker, Robert Morey und deren ähnlich lautendes Lob auf den verstorbenen „Dr.” Walter Martin auf.)

Das Hauptthema seines Buches, so Hauth, besteht in der Klärung der Frage, ob die Mormonen eine christliche Kirche oder eine Geheimreligion sind. Die Antwort darauf möchte ich dem Leser nicht vorenthalten:

„Der Mormonismus ist eine in Amerika entstandene, nicht-christliche Mischreligion, zu deren Kernstück ein in Tempeln vollzogener geheimer Kult gehört.”(S.186). Hauth bietet außer seinen eigenen Behauptungen keinerlei Beweis oder Begründung dafür an und beschreibt den Mormonismus als eklektischen und chaotischen Mischmasch mit „patriotisch-amerikanischen Zügen”, neuoffenbarerisch, alt jüdisch, gnostisch, „Science-fiction/Fantasy” (Hauth verwendet die englischen Begriffe), „esoterisch, freimauererisch, okkult-magisch”(S.186, 187). (Das Christentum fehlt in seiner Liste, denn es hat ganz offensichtlich nicht das Geringste zum Mormonismus beigetragen!) Obwohl es stimmt, dass Hauth den Begriff „synkretistisch” selbst nicht verwendet, so ist es dennoch klar, dass er durch seine Behauptungen den Mormonen Synkretismus unterstellt. (Gerhard Wahrigs Deutsches Wörterbuch definiert „Synkretismus” als „Verschmelzung mehrerer Religionen, verschiedener Auffassungen, Standpunkte usw.”)[10] In diesem Zusammenhang sei auf das Zitat des bekannten französischen Orientalisten Henri Corbin hingewiesen, der schreibt: „Die Verwendung des praktischen Begriffes „Synkretismus” ist durch nichts zu rechtfertigen. Er wird nur allzu gerne dazu verwendet, irgendeine Lehre in Misskredit zu bringen oder die Ungeschicklichkeit eines latenten Dogmatismus zu verhüllen.”[11] Wäre Corbin nicht 1978 verstorben, so könnte man glauben, er habe mit seiner Aussage Rüdiger Hauth gemeint. „Joseph Smith”, so schreibt Hauth, „scheint wie ein trockener Schwamm alles aufgesaugt zu haben, was ihm zum Ausbau seines neuen Glaubenssystems interessant und nützlich erschien.” (S.188.) Daher, so entscheidet Hauth, muss der Selbsteinschätzung der Heiligen der Letzten Tage als Christen „aus biblisch-christlicher Sicht energisch widersprochen” werden (S.186).

Als Rechtfertigung seiner Feindseligkeit und um in anderen eben dieses Gefühl wachzurufen, fährt Hauth mit einem ziemlichen Stapel an angeblichen Beweisen gegen die Heiligen der Letzten Tage auf. Leider ist seine Beweisführung sehr oft rein rhetorischer Art, verdreht oder sogar künstlich fabriziert. So verwendet Hauth z. B. die Anführungszeichen äußerst freizügig. In seinem Kleinen Sekten-Katechismus behauptet er beispielsweise, dass bei Sekten üblicherweise ein Kritikverbot bestehe:

„Es lässt sich wohl kaum eine Sekte nennen, die ihren Anhängern die Möglichkeit einräumt, an Lehre, Organisation oder Führern irgendwelche Kritik zu üben. Gemäß dem Selbstverständnis als ,wahre Heilsgemeinde’ kann Kritik konsequenterweise nur unter negativen Vorzeichen gesehen werden. Mormonen etwa bezeichnen Kritiker aus den eigenen Reihen als ,Bäume mit faulen Stellen, die eines Tages ganz morsch werden und umfallen, wenn sie die Kritik nicht aufgeben. Sektenmitgliedschaft muss also zum großen Teil mit geistiger Unterwerfung, d.h. mit der Aufgabe der individuellen Freiheit des Denkens erkauft werden.”[12]

Ja, das ist natürlich schlimm, und viele Gegner der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage würden dem mit Begeisterung zustimmen. Sogar evangelisierende und fundamentalistische Protestanten haben in den vergangenen Jahren begonnen, Behauptungen freidenkerischer Kritiker des Mormonismus zuzustimmen, dass es den Heiligen der Letzten Tage an intellektueller Freiheit mangele. Man kann sich aber trotzdem nur schwer vorstellen, dass diesen Freidenkern die Priesterseminare und Privatuniversitäten der Protestanten lieber wären, in denen u.a. die Unfehlbarkeit der Bibel gelehrt wird. Ich kann mir auch kaum vorstellen, dass ein Geistlicher, der das Gottestum Christi leugnet, der für die Homosexualität ist, der nicht an die vier Evangelien als buchstäblichen Bericht des Wirkens Jesu, noch an ein Leben nach dem Tod oder an das Jüngste Gericht glaubt – dass so jemand lange seinen Posten als Geistlicher innerhalb der „Southern Baptist Convention” behalten würde, und zurecht. Jede Kirche hat sowohl das Recht als auch die Pflicht, Dingen dieser Art Einhalt zu gebieten.

Ich will diese Frage hier nicht weiter behandeln, möchte aber noch folgendes dazu sagen: Ich kenne die Kirche seit vielen Jahren, ich kenne sie auf vier verschiedenen Kontinenten und ich habe jahrelang an der Kirchenuniversität „Brigham Young University” unterrichtet. Ich weiß, dass die Behauptung einer nicht vorhandenen Meinungsfreiheit eine Irreführung und grundsätzlich völlig falsch ist. Ich persönlich finde die Botschaft der Wiederherstellung intellektuell belebend.[13]

Abgesehen davon ist Hauths Ablehnung der Heiligen der Letzten Tage und anderer, einfach der Widerhall eines Vorwurfes, der gläubigen Menschen schon immer von sogenannten „Freidenkern” gemacht wurde. Bereits die Urchristen mussten sich diesen Vorwurf gefallen lassen.[14] Hauths Vorwürfe sind wunderbar ironisch – ist er doch der offizielle Sprecher einer deutschen Staatskirche. Man beachte, dass Hauth alle Sekten kategorisch ablehnt, jedoch nur Anschuldigungen gegen die Heiligen der Letzten Tage vorbringt. Und woher, bitte, stammt sein oben zitierter HLT- Ausspruch? (Ich habe ihn jedenfalls noch nie gehört.) Also woher stammt er? Der gesamte Absatz beinhaltet keine einzige Fußnote oder Quellenangabe. Es gibt keine wirklichen Beweise für seine negative Darstellung der Heiligen der Letzten Tage in diesem Zusammenhang, geschweige denn für sein Pauschalurteil über die vielen verschiedenen religiösen und ideologischen Bewegungen, die er unter der trügerischen Einteilung „Sekten” künstlich zusammenwürfelt.

Abgesehen davon – wie überzeugend ist es, die Heiligen der Letzten Tage als hirnlose Automaten zu bezeichnen, wo doch so viele Mormonen bekannte Wirtschaftsfachleute und Diplomaten, hochrangige Regierungsbeamte, Bildungsfachleute, Ärzte, Natur- und Geisteswissenschaftler sind?[15] Die prominente Stellung vieler Heiliger der Letzten Tage in der amerikanischen Wirtschaft ist allgemein bekannt. Was das Universitätswesen anbelangt, so waren Mormonen Rektoren der University of California, der Ohio State University sowie der Harvard Business School, um nur einige zu nennen. Es hat einen amerikanischen Unterrichtsminister gegeben, der Mormone war. Auch viele Regierungsämter, Richterämter und andere hochrangige Vewaltungsposten, Gouverneursposten usw. waren bzw. sind von Mormonen besetzt. In vielen Ländern außerhalb der USA verhält es sich ähnlich. Ist Hauths im Grund völlig unbewiesene Beschreibung der Heiligen der Letzten Tage als hirnlose Automaten angesichts solcher Tatsachen wirklich glaubwürdig? Verlangt eine derartig ernste und beleidigende Behauptung nicht nach Beweisen? Wenigstens nach einem winzig kleinen Beweis? Die weltweit zehn Millionen Heiligen der Letzten Tage leben auf allen Kontinenten der Welt und sind auf jeder gesellschaftlichen, finanziellen und bildungsmäßigen Stufe vertreten. Sie pflegen ständigen gesellschaftlichen Kontakt mit Nicht-Mormonen. Sind sie in ihrer Hauthschen Beschreibung soziologisch von einer fünfzigköpfigen Weltuntergangskommune in den Bergen nicht zu unterscheiden?

Hauth missbraucht die Anführungszeichen auch in einer Kapitelüberschrift seines Kleinen Sekten-Katechismus, wo er das „,allmächtige’ mormonische Priestertum erwähnt.[16] Natürlich stimmt es, dass die Mormonen daran glauben, dass das ihnen auf Erden gegebene Priestertum der Macht verwandt ist, durch die Gott die Welten geschaffen hat. Und natürlich sprechen sie gelegentlich über einen „allmächtigen Gott”. Aber welcher Heilige der Letzten Tage hat das Priestertum jemals in schriftlicher Form als „allmächtig” bezeichnet? Und was könnte er damit gemeint haben? Es lässt sich nicht eruieren, weil Hauth wiederum keine Quelle angibt.

Hauth scheint Anführungszeichen hauptsächlich als typographisches Äquivalent des Augenzwinkens, Feixens oder verächtlichen Schnaubens zu verwenden, und zwar noch viel lieber, als sich die Mühe zu machen, wenigstens Pseudobeweise zu fabrizieren. Daher bezeichnet er den Urim und Thummim immer wieder abschätzig als „Prophetenbrille” und verwendet obwohl dies in keiner HLT-Quelle verwendet wird (wenigstens ist mir keine bekannt) dabei Anführungszeichen.[17] Auf Seite 54 und 108 in Die Mormonen verwendet Hauth den Begriff „Tempelmormonen” (in Anführungszeichen), so als ob dies ein gängiger Begriff unter den Mormonen wäre.[18] Dieses Wort dürfte meiner Einschätzung nach eine Erfindung der Anti-Mormonenpropaganda sein. Die Heiligen der Letzten Tage verwenden ihn jedenfalls nicht.

Auf Seite 65 erklärt Hauth, dass die Erste Präsidentschaft und der Rat der Zwölf Apostel von den Mormonen als „The Big Fifteen” bezeichnet werden. Nicht nur, dass er diesen Ausdruck in Anführungszeichen stellt, sondern er erwähnt ihn auch in einem scheinbar authentischen englischen Original. Ich möchte eine einzige Quelle dafür sehen! Wenn dieser Ausdruck angeblich unter den Heiligen der Letzten Tage gang und gäbe ist, dann müsste Hauth eigentlich wenigstens einen einzigen Heiligen der Letzten Tage namentlich nennen, der dies tut und besser noch den Leser an eine schriftliche Quelle verweisen. (Obiges Hauth-Zitat ist ein Musterbeispiel an wissenschaftlicher Feldarbeit! Auf der Rückseite seines Kleinen Sekten-Katechismus steht zu lesen, dass Hauth im Verlaufe seiner Forschungstätigkeit unter anderen exotischen Örtlichkeiten, auch die Vereinigten Staaten bereist hat. Mir bleibt nur zu hoffen, dass der Scherzbold, der den gutgläubigen Dr. Hauth mit dem witzigen Ausdruck „The Big Fifteen” versorgt hat, dies auch in gedruckter Fassung zu sehen bekommt!)

Immer und immer wieder schreibt Hauth in Die Mormonen, dass die Heiligen der Letzten Tage nicht Gott, sondern „Gott” verehren. Sie haben auch keine Theologen, sondern „Theologen”. Ihre Zeremonien sind nicht heilig, sondern nur „heilig”. Sie glauben an den „Heiligen Geist”, an „Verwandlung”, „Offenbarung”, „Propheten”, „Apostel”, „Bischöfe”, „Siegelungen” und an irgendein „Evangelium”. Sie haben „Apologeten” und praktizieren lediglich „Taufen”, durch die sie nicht Mitglieder einer echten Kirche, sondern nur einer „Kirche” werden und von alledem erwarten sich diese dummen Tröpfe auch noch „Segnungen”! Die Absicht, die hinter diesen Anführungszeichen steckt, ist die, Hauths Distanzierung von den angeblich so absurden Behauptungen der Mormonen hervorzuheben. Andererseits ist Hauths Methode aber erniedrigend und gleicht auf Dauer der chinesischen Wasserfolter – sie ist ermüdend und macht kolossal böse![19] (Im Gegensatz zur chinesischen Wasserfolter wird dem Opfer hier jedoch kein langfristiger Schaden zugefügt.)

Das empörendste Beispiel der Hauthschen Anführungszeichen ist jedoch seine Beschreibung der früheren Richtlinie der Kirche, Neger nicht zum Priestertum zu ordinieren. Dabei zitiert er Seite 527 der englischsprachigen Ausgabe von Bruce R. McConkies Buch Mormon Doctrine (Ausg. v. 1966) in seiner eigenen (Hauthschen) Übersetzung folgendermaßen: „Die Evangeliumsbotschaft von der Erlösung gilt ihnen nicht.”(S.42.) Wie bitte? Hier behauptet Elder McConkie also angeblich, dass alle Schwarzen letztendlich verdammt sind, dass sie Gott gleichgültig sind und ihnen niemals Hoffnung auf Errettung zuteil werden kann. Was steht nun wirklich im englischen Original? Schlägt man die entsprechende Seite der englischen Ausgabe von 1966 auf, die von Hauth angeblich zitiert wurde, so findet man etwas gänzlich anderes: „The gospel message of salvation is not carried affirmatively to them.” Hier wird nicht im geringsten behauptet, dass das Evangelium und das Sühnopfer für Schwarze keine errettende Macht besitze, sondern es wird lediglich gesagt, was 1966 eben so war: Die Missionare der Kirche haben Personen schwarzafrikanischer Abstammung nicht explizit zwecks Bekehrung aufgesucht. Hauths falsche Wiedergabe dieses Zitats ist eine völlige Ummodelung des ursprünglichen Satzes, von einer einfachen, auf damalige Verhältnisse zugeschnittenen Beschreibung früherer Kirchenpraxis in eine abschreckende theologische Vorschrift (und Verurteilung). Man kann dies aber nicht einfach nur als Hauthsche Fehlübersetzung übergehen, denn Hauth hat dieses Zitat auch brutal aus seinem sinngebenden Zusammenhang gerissen. In der Originalausgabe von Mormon Doctrine, die in Die Mormonen angeblich ja zitiert wird, liest sich der gesamte Absatz folgendermaßen:

The gospel message of salvation is not carried affirmatively to them (Moses 7:8,12,22), although sometimes negroes search out the truth, join the church, and become by righteous living heirs of the celestial kingdom of heaven. President Brigham Young and others have taught that in the future eternity worthy and qualified negroes will receive the priesthood and every gospel blessing available to any man.[20]

Kleine, aber wesentliche wichtige Verdrehungen der HLT-Lehre, machen die Wiederherstellung der Kirche immer wieder zu einem leichten Ziel Hauthscher Kritik.[21] Seine Behauptung, dass die Kirchenlehre der Heiligen der Letzten Tage eine Amerikanisierung der Heilsgeschichte der Welt sei, ist bestenfalls eine drastische Übervereinfachung(S. 81, 186, 187). Qualifiziertere Wissenschaftler als Rüdiger Hauth haben die Ursprünge und die Anziehungskraft des Mormonismus in dem angeblichen amerikanischen Streben nach religiöser Untermauerung der Geschichte ihres Kontinents gesehen. Ebenso trifft aber auch zu, dass es ihnen nicht gelungen ist, die bemerkenswerte Anziehungskraft der Wiederherstellung auf die Europäer des 19. Jahrhunderts zu erklären oder wenigstens nur wahrzunehmen. (In der HLT-Kirchengeschichte hat es eine Zeit gegeben, in der vermutlich mehr Mormonen in Großbritannien als in Utah gelebt haben.) All dies erinnert stark an die einst recht moderne und gleichermaßen vereinfachende Theorie, in der der Monotheismus des Islam so erklärt wurde, dass Mohammed eben ein einfach denkender Beduine gewesen sei, der sich seine Theorien in der sonnendurchglühten Einfachheit der weiten, leeren arabischen Wüste zusammengesponnen habe. Leider war Mohammed erstens kein Beduine, zweitens haben sich die echten Beduinen seit jeher gegen die Bekehrung zum Islam gewehrt, drittens wurde der Koran in urbanen Verhältnissen offenbart (was unter den damals vorherrschenden Verhältnissen in Arabien eben als urban bezeichnet werden konnte), und viertens ist der Koran, im Gegensatz zu den von der Wüstensonne und der weiten Einsamkeit der Wüste so faszinierten nordeuropäischen Orientalisten voll von Begriffen und Sprachbildern aus dem Handelswesen. Daher haben Islam-Forscher obige Theorie schon längst aufgegeben. Man fragt sich wirklich, wie lange Leute wie Rüdiger Hauth noch brauchen werden, um ihre ebenso vereinfachten Theorien an den Nagel zu hängen. Ich jedenfalls stelle mich auf eine längere Wartezeit ein.

Hauth versucht auch, die Kirchenlehre der Heiligen der Letzten Tage abzuändern, indem er folgendes behauptet: „Im Gegensatz zu den Mormonen vertrat Paulus die Ansicht, dass Fleisch und Blut nicht das Reich Gottes ererben werden.”(S. 56.) Um diesen angeblichen Widerspruch real werden zu lassen, muss dem Leser glaubhaft gemacht werden, dass die Mormonen tatsächlich glauben, dass ausschließlich „Fleisch und Blut” das Reich Gottes ererben. Selbstverständlich jedoch kennen die Mormonen die Schriftstelle 1. Korinther 15:20 und haben nie etwas Gegenteiliges gelehrt. Hauth kämpft hier gegen einen Strohmann. Auch eine weitere Hauthsche Schilderung einer HLT-Lehre, und zwar die vom Zweiten Kommen Jesu Christi und dem Anfang des Millenniums(S.82) würde auf den Leser weniger befremdlich wirken (und Hauth daher nicht nützlich sein), wenn sich Hauth die Mühe gemacht hätte zu erwähnen, dass diese Lehre ihren Ursprung im alttestamentlichen Buch Daniel hat. Sein künstlich fabrizierter, angeblicher Widerspruch zwischen der christlichen Lehre, dass der Mensch allein durch, Christus errettet wird und der Behauptung der Mormonen andererseits, dass die Tempelverordnungen von Gott eingeführt und eine von Gott geforderte Notwendigkeit seien (S. 96), führt den Leser zu der irrigen Schlussfolgerung, dass die Heiligen der Letzten Tage daran glauben, die Tempelverordnungen seien auch ohne Christus und dessen Sühnopfer wirksam. Dies ist eine völlig falsche Darstellung.

Hauths Zusammenfassung auf Seite 60 („Was die Mormonen von Christus denken”) ist eine grobe Entstellung der Lehre der Kirche. Der Glaube der Mormonen an die vier neutestamentlichen Evangelien wird beinahe übergangen und einzelne, für die Mormonenkirche typische Lehren überdeutlich hervorgehoben, wodurch man sie, indem man sie eines Zusammenhangs enthebt, so seltsam wie möglich erscheinen lassen will. Genauso verfährt Hauth in seiner Beschreibung des Abendmahls (der Kommunion)(S.72, 73.) Auf diese Weise lässt Hauth die gemeinsame theologische Basis der Mormonen mit anderen christlichen Kirchen zusammenschrumpfen und vergrößert dadurch gleichzeitig die Bedeutung jener Aspekte, in der sich die Mormonen von anderen unterscheiden. (Dies ist wohl die beliebteste und jedenfalls praktischste aller polemischen Taktiken, die routinemäßig von Anti-Mormonenpropagandisten verwendet wird.)

Hauths Logik ist sehr oft trügerisch. Seine vereinfachte Unvereinbarkeitsdarstellung von Mormonen und Christen (vgl. S. 125-128, 134, 142, 148, 150, 160, 185) ist schlechthin Hauptthema der mormonenfeindlichen Literatur.[22] Hauth befindet sich jedoch im Irrtum, wenn er meint, dass etwas, was nicht „als eine im im ökumenischen Kontext anerkannte ,Variante’ eines christlichen Glaubenselements gelten kann” als „unchristlich” eingestuft werden muss(S.148), oder dass alles, was sich vom „ökumenischen Christentum” unterscheidet, allein aufgrund dieser Tatsache „nicht-christlich” ist (S.160).[23] Diese These muss erst einmal bewiesen werden, denn sie ist keineswegs selbstverständlich. Außerdem gibt es ja nicht nur diese beiden Standpunkte. Sie sind keineswegs erschöpfend es sei denn, man gesteht dem heutigen ökumenischen Christentum die Unfehlbarkeit zu, was weder durch die Heilige Schrift, durch Tradition, noch durch Vernunft untermauerbar wäre.

Hauth versucht, die Behauptung der Heiligen der Letzten Tage, dass es einen Abfall von der Urkirche gegeben hat, zu widerlegen, indem er bestreitet, dass es je eine Urkirche gegeben hat, die hätte verfälscht werden können. Seine Argumentationsweise ist äußerst informativ:

„Aus der urchristlichen Verkündigung geht jedenfalls mit keinem Wort hervor, dass Jesus expressis verbis eine ,Kirche’ im heutigen Sinn gewollt oder sogar gegründet hatte. Die singuläre ,ekklesiologische’ Aussage von Matthäus 16,18 f. kann, nach Meinung vieler Neutestamentler, nicht mit absoluter Sicherheit auf Jesus selbst zurückgeführt werden, da dieser als Verkündiger des angebrochenen Gottesreiches wohl nicht mit einer verfassten ,Kirche’ gerechnet habe. Von einer solchen kann erst viel später gesprochen werden, nachdem sich verschiedene Gemeinde- und Ämterstrukturen herausgebildet hatten.” (S. 164.)

Dies ist eine hochgradig interessante Art der Beweisführung. Man beachte, dass Hauth keinerlei Beweise dafür anbietet, sondern nur die Schlussfolgerung „vieler” moderner (selbstverständlich liberaler evangelischer) Religionswissenschaftler, die zu wissen vorgeben, was Jesus Christus im Sinn gehabt haben könnte und was nicht. Hauth muss natürlich zwecks Stützung seiner These das störende Beweisstück aus dem Verkehr ziehen, das seine Behauptungen ungültig machen könnte, und daher schließt er Matthäus 16:18 von vornherein aus seinen Überlegungen aus. (Dadurch stellt er auch indirekt seine Stelle als Angestellter der Evangelischen Kirche und sogar die gesamte Evangelische Kirche in Frage, deren Existenz offensichtlich nicht in Einklang mit den Absichten Jesu steht.) Obwohl die Hauthsche These auf einem Netz von Annahmen und Voraussetzungen basiert und er Beweise, die seine These torpedieren, „nach Meinung vieler [namentlich nicht genannter] Neutestamentler” nicht „mit absoluter Sicherheit” zu akzeptieren sind, lehnt er dennoch die Ansichten der Heiligen der Letzten Tage ab, so als ob die seinigen hundertprozentig gesichert wären: „Wenn es nun eine von Jesus gegründete ,Ur-Kirche’, wie die Mormonen sie behaupten, nicht gegeben hat, kann sie logischerweise von Joseph Smith auch nicht „wiederhergestellt” worden sein.”(S.164).

Ich hoffe, dass außer mir auch andere Leser von solcher Logik schwer beeindruckt sind. Bei den wenigen Gelegenheiten (wie soeben), bei denen Hauth wissenschaftliche Quellen anführt, tut er dies auf völlig unüberzeugende Art und Weise. Lassen wir einmal alle Statistiken beiseite und nehmen wir theoretisch an, dass neunzig Prozent aller Neutestamentler zu neunzig Prozent davon überzeugt sind, dass es sich bei Matthäus 16:18 um kein echtes Jesus-Zitat handele. Mit Hilfe einer einfachen Berechnung dieser extrem überhöhten Werte bekommt man in dieser Frage eine 81-prozentige Übereinstimmung aller Wissenschaftler. Da bleibt immer noch jede Menge Spielraum für Zweifel übrig. Abgesehen davon kann uns angesichts mangelnder Beweise oder überzeugender Argumentation eine angebliche „Einigkeit der Wissenschaft” nicht völlig gleichgültig sein? Beweisführung durch Sich-Stützen auf Ansichten angeblicher Fachleute ist die schlechteste Art der Beweisführung überhaupt. Dennoch verwendet Hauth sie wiederholt. Zum Beispiel lehnt er den Glauben der Mormonen an Offenbarung hauptsächlich deswegen ab, weil er den Ansichten des verstorbenen Schweizer Theologen Karl Barth, sowie mehrerer zeitgenössischer evangelischer Denker widerspricht (S.166-169).[24] Da würde sich sogar einem Schweiz-Liebhaber und Bewunderer des genialen Karl Barth die Frage „Na, und?” stellen. Auch in seinem Kleinen Sekten-Katechismus versucht Hauth, die HLT-Lehre der Gottwerdung des Menschen durch reine Mutmaßungen zu widerlegen, die zum einen Teil auf ein Barth-Zitat, zum anderen aber auf die Ablehnung von 2. Petrus 1:4 als „hellenistisch” gegründet sind.[25] Wiederum würde man sich eine echte Argumentation und Analyse wünschen anstatt bloßer dogmatischer Behauptungen.

Hauth gibt die neutestamentliche Lehre mehr oder weniger richtig wieder, die da lautet, dass es in der Auferstehung weder ein Heiraten noch ein Verheiratetwerden gibt (S.154). Er kommt aber zu dem Trugschluss, dass es im kommenden Leben kein Verheiratetsein geben wird. Seiner Schlussfolgerung liegen keinerlei Beweise zugrunde. Genauso unlogisch wäre es zu behaupten, dass in ein Gebäude, in dem keine Eheschließungen vollzogen werden (wie z.B. in einem Physiklabor oder in einem Automobilwerk) keine verheirateten Personen eingelassen werden. Im Großteil der Fälle bietet Hauth überhaupt keine Beweisführung an, nicht einmal eine schlechte. Seine Lieblingsmethode des Angriffs besteht nämlich einzig und allein aus seinen eigenen Behauptungen als Verfasser. Seine Wiedergabe der biblischen Gottesbeschreibung als „einzig, ewig und geistig”(S.58) entspricht zwar der gängigen christlichen Lehre, bedürfte aber dennoch der Erörterung und Untermauerung, anstatt lediglich dogmatischer Behauptungen, wie dies in seinem selbstgefälligen Hinweis auf die „christliche Lehre von der Trinität”(S. 63) geschieht.[26] Wenn Hauth behauptet, dass die Mormonen den Hauptteil ihrer Lehre der „Britisch-Israel-Bewegung” entnommen hätten (S.85), so könnte er wenigstens mit einigen Beweisen und Erklärungen daherkommen. Abgesehen davon ist Hauths so selbstverständliche Annahme einer Schöpfung aus dem Nichts (creatio ex nihilo) als Kernlehre der Bibel gelinde ausgedrückt äußerst strittig. Die kompetentesten Wissenschaftler, die sich mit dieser Frage auseinandergesetzt haben (sie stammen großteils aus dem deutschen Raum), ordnen die Lehre von der Schöpfung aus dem Nichts der Zeit nach Abschluss des neutestamentlichen Kanons zu.[27] Und wenn Hauth in seinem Kleinen Sekten-Katechismus behauptet: „Für Christen kann und darf es neben der Bibel keine anderen ,heiligen Schriften’ geben”, so verlangt es den kritischen Leser nach Beweisen und nicht nach dogmatischem Gerede.[28]. Oder muss man davon ausgehen, dass die nachreformatorische, protestantische Verherrlichung der Bibel als „alleinige Richtschnur des Glaubens (sola scriptura)” [29] irgendein Kantsches Apriori ist, das in strahlenden Schriftzügen in den Himmel geschrieben und nur für Rüdiger Hauth, aber nicht für Mormonen zu sehen ist?

Hauth behauptet wiederholt, und zwar ohne jede Erörterung oder Beweisführung, dass diese und andere HLT-Lehren und Praktiken als „unchristlich” einzustufen sind (siehe z.B. S.120, 186), obwohl er sich nicht im geringsten bemüht hat, den Begriff „Christentum” zu definieren, geschweige denn zu erklären, aufgrund welcher Tatsachen oder welcher Vollmacht er dies überhaupt tut. (Die einfache Behauptung, so wie dies auf Seite 121 geschieht, dass die Lehren und heiligen Handlungen der Heiligen der Letzten Tage keinen Rückhalt in der „allgemeinen christlichen Praxis” haben [dem würden HLT-Religionswissenschaftler allerdings zustimmen] hat nicht logischerweise zu bedeuten, dass solche Lehren oder Praktiken unchristlich sind. Genausowenig dürfte man behaupten, dass Zwillinge keine Menschen sind, nur weil Zwillingsgeburten nicht der Norm menschlicher Geburten entsprechen, was bekannterweise ja zutrifft.

Ebenso verwendet Hauth Übertreibungen, die Merkmal eines Polemikers aber nicht eines echten Wissenschaftlers sind. „Spätestens hier muss jedem Christen deutlich geworden sein”, sagt Hauth, „dass der von den Mormonen propagierte ,Gott’, auch wenn Smith ihm unberechtigterweise eine biblische Bezeichnung beilegte, mit dem wahren Gott der Bibel nichts zu tun hat.” (S.124.) Nichts? Haben der Gott der Heiligen der Letzten Tage und der Gott der deutschen Protestanten nicht dieselbe biblische Geschichte? Hat er nicht auch Himmel und Erde erschaffen, Adam und Eva in den Garten gestellt, die Flut geschickt, Noach und Abraham, Mose und Jesaja berufen, das Volk Israel gezüchtigt, gestraft und gesammelt, seinen Sohn als Erretter der Menschheit auf die Erde gesandt? Ist der Gott, an den die Heiligen der Letzten Tage glauben, nicht barmherzig, gerecht und liebevoll? Hört und beantwortet er keine Gebete? Hat er uns nicht versprochen, uns aus dem Grab zu erheben und uns die Möglichkeit geboten, auf ewig in seiner Gegenwart zu leben? Mit solchen Aussprüchen begibt sich Rüdiger Hauth wahrhaft auf das Niveau einer Sandra Tanner oder eines Robert McKay.

Ich habe Hauths offensichtliche Doppelmoral bereits angesprochen. Sie offenbart sich nur zu gut in seiner Wiedergabe der Geschichte des jungen Joseph Smith und seiner Familie, die, gelinde ausgedrückt, in der Hauthschen Fassung wirklich nicht dazu geeignet ist, das Vertrauen des Lesers in Joseph Smiths Behauptungen zu wecken.[30] Im Anklang an althergebrachte mormonenfeindliche Beleidigungen behauptet Hauth, dass Joseph Smith die „Neigung zu Irrationalität” von seiner Mutter Lucy Mack Smith geerbt habe (S.11).[31] Es scheint, als müsste man von der Tatsache, dass die Familie Smith gelegentlich Kundgebungen vom Himmel (u. a. wichtige Träume) zu empfangen behauptet hat, den Schluss ziehen, dass sie alle abergläubisch waren. Hauth gibt als evangelischer Theologe aber keinen Hinweis darauf, was er von der Familie Jesu hält, denen man ebenfalls kollektiven Aberglauben nachsagen müsste: Josef und Maria, Zacharias und Elisabeth, ganz zu schweigen von Cousin Johannes! Und wieviele Visionen und Offenbarungen hat Apostel Paulus gehabt? War er auch „abergläubisch” und „irrational”? Wie verhält es sich mit den dezidiert „schrägen” Offenbarungen des Johannes? Was hält Hauth davon, dass Martin Luther sich im Bett mit dem Teufel zu unterhalten pflegte und sich vorstellte, wie der Satan Nüsse gegen die Zimmerdecke schoss und Holzfässer die Treppen der Wartburg hinunterrollte?[32] Wenn man die religiösen Erlebnisse des durchschnittlichen akademischen Theologen als Maßstab dafür heranziehen müsste, was kirchlicherseits genehmigt wird, welcher Teil der Bibel (oder – sei’s drum – welcher Teil der Geschichte des Christentums) wird dann überleben?

Hauths zweierlei Maß tritt auch auf Seite 124 zutage, wo er jenen Teil der Tempelzeremonie der Mormonen als falsch bezeichnet, in der angeblich gelehrt wird, dass Gott unwissend sei. Dies ist genau der gleiche Einwand, der von den Gnostikern in dem offensichtlichen Parallelfall Genesis 3:9-13 gemacht wurde.[33]

Ein weiterer Punkt, der Hauths Doppelmoral und seine unüberlegten Mutmaßungen zutage bringt, ist die Behauptung, dass etwas, was geheim ist, nicht christlich sein kann, und dass alles, was christlich ist, nicht geheim sein kann. Hauth liefert keine Beweise dafür, sondern bezeichnet dies als ganz und gar offensichtlich.[34]

Daher auch der neue Untertitel des Buches Die Mormonen: Geheimreligion oder christliche Kirche? Es ist aber keinesfalls selbstverständlich, dass eine christliche Kirche keine Lehren oder Praktiken pflegen darf, die nicht in aller Öffentlichkeit vollzogen werden.

Viele verschiedene christliche Gemeinschaften behaupteten, Geheimlehren zu besitzen.[35] Wie interpretiert Hauth denn das Sich-Rühmen des Paulus, der in 2. Korinther 12:1-4 über einen Diener Christi spricht (von dem die meisten Bibelkommentatoren meinen, es handle sich um Paulus selbst), der „bis in den dritten Himmel entrückt wurde”, wo er „unsagbare Worte [hörte], die ein Mensch nicht aussprechen kann”? War Paulus ein Christ? Wenn ihm Rüdiger Hauth dies zugesteht, obwohl Paulus im Besitz religiöser Geheimnisse war, dann darf er die Heiligen der Letzten Tage konsequenterweise nicht aus der Christenheit ausschließen, nur weil sie Rituale pflegen, über die sie nicht in aller Öffentlichkeit sprechen möchten.

Hauths Unfähigkeit, Beweise für seine Behauptungen vorzulegen, läuft parallel zu seiner Weigerung, die Beweise und Argumente der Mormonen anzuerkennen. Der Gottesdienst im Tempel ist ein Kernstück des Buches Die Mormonen. (Der mit diesem Thema befasste Teil des Hauthschen Buches lebt offensichtlich ebensosehr von gebrochenen Versprechen, Gelöbnissen und Bündnissen wie die moderne amerikanische Kultur von Ehebruch, Scheidung und Serienehen .) Völlig undifferenziert kommt Hauth mit Krittelei und Vergleichen zum alttestamentlichen Tempel in Jerusalem daher, ohne sich auch nur im geringsten mit der umfangreichen Literatur befasst zu haben, die HLT-Wissenschaftler zu genau den Fragen verfasst haben, die Hauth aufwirft.[36] Für einen Wissenschaftler, der sich für einen Fachmann zum Thema Tempelgottesdienst der Mormonen hält, ist dies eine bemerkenswerte Unterlassung. HLT-Wissenschaftler befassen sich besonders intensiv mit der Erforschung der Tempel des Altertums, und ihre Erkenntnisse sind auch außerhalb der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage mehr als anerkannt (aber nicht von Rüdiger Hauth).[37]

Es ist keinesfalls hinlänglich, einfach zu behaupten, so wie Hauth dies auf Seite 91 tut, dass das Entzweireißen des Vorhangs im Jerusalemer Tempel nach der Kreuzigung Christi dem Tempel seine Bedeutung genommen hat. Auch andere Deutungen sind sowohl möglich als auch historisch zulässig. Warum sonst hätten Paulus und andere Urchristen am Tempelgottesdienst teilgenommen? (Siehe z.B. Lukas 24:53; Apostelgeschichte 2:46; 21:26, u.a.) Auch die Behauptung, dass die frühesten Christen keine Tempel gebaut hätten, reicht als Beweis gegen die Tempellehre der Heiligen der Letzten Tage nicht aus – die Urchristen haben nämlich so gut wie überhaupt nichts gebaut.[38] (Ebenso verhielt es sich mit den Mormonen: Als ihnen kein Tempel zur Verfügung stand, vollzogen sie ihre Riten häufig an anderen Stellen, so z.B. in Joseph Smiths Laden in Nauvoo und auf dem Ensign Peak in Utah.)

Zur Erklärung des Buches Mormon führt Hauth Ethan Smiths View of the Hebrews, sowie Solomon Spauldings Manuscript Found (S. 17, 18) an – ohne die Haltlosigkeit solcher Erklärungen zu begreifen, auf die sowohl von HLT-Wissenschaftlern, als auch von Wissenschaftlern außerhalb der Kirche, immer wieder hingewiesen wird.[39] Im Gegenteil, Hauth wählt einige der „zahlreichen Ungereimtheiten, Irrtümer und Absurditäten” (S. 171) aus dem Buch Mormon zur Ergötzung und Erbauung seiner Leserschaft aus.[40] Die von ihm angegebenen Schriftstellen wurden in den vielen vergangenen Jahrzehnten jedoch wiederholt von HLT-Wissenschaftlern erläutert.[41] Ebenso wie andere fundamentalistische Kritiker des Buches Mormon (überraschenderweise allerdings von jemandem, der nur zu bereitwillig Bibelverse über Bord wirft, die den Mormonismus zu unterstützen scheinen); überbetont er archäologische Funde, die Aussagen aus dem Alten und Neuen Testament bestätigen und ignoriert dabei völlig die Forschung, die Aussagen aus dem Buch Mormon bestätigen:[42] „Im Gegensatz zur Bibel”, so Hauth, „deren historische, geographische und kulturelle Berichte entweder durch außerbiblische Dokumente oder archäologische Forschungsergebnisse bestätigt wurden, lässt sich nichts dergleichen vom ,Buch Mormon’ sagen.” (S. 172.)[43] Man muss wohl kaum darauf hinweisen, dass Hauth, obwohl er (auf Seite 83) eine im Buch Mormon enthaltene Predigt kritisiert, die der in Matthäus enthaltenen Bergpredigt ähnelt, noch nie den seit Jahren erhältlichen Artikel von John W. Welch The Sermon at the Temple and the Sermon on the Mount gelesen hat.[44]

Auf Seite 172 vergleicht Hauth das Buch Mormon mit drei eindeutig neuen apokryphen Evangelien und weist den Leser indirekt darauf hin, dass das Buch Mormon um nichts besser sei als diese und sich eigentlich auch nicht von ihnen unterscheide. Das Buch Mormon unterscheidet sich von ihnen jedoch ganz wesentlich. Mehr als zehn Millionen heute lebende Menschen verschiedenster Herkunft, Sprache und Nation glauben daran, dass das Buch Mormon das Wort Gottes ist. Das Buch Mormon ist Ursache des schnellen Wachstums einer religiösen Bewegung von wesentlicher historischer und politischer Bedeutung. Wenn auch unbemerkt von Rüdiger Hauth, so hat das Buch Mormon immerhin das Zustandekommen einer erheblichen Menge wissenschaftlicher Forschung bewirkt. Dazu könnte noch viel mehr gesagt werden. Gibt es jedoch etwas. Ähnliches in Zusammenhang mit Edmond Szekelys „Friedensevangelium der Essener” , Gideon Ouseleys „Evangelium des vollkommenen Lebens” oder Levi H. Dowlings „Wassermann-Evangelium”?

Auf gleiche Weise handelt Hauth das Buch Abraham auf ca. 2 Seiten(S.23-25) ab, ohne auf die umfangreiche Literatur hinzuweisen, die dessen Echtheit bestätigt. [45] Um zu beweisen, wie düster es für die geistig umnachteten Heiligen der Letzten Tage aussieht, zitiert Hauth sogar die Studentenzeitung der Brigham Young University, den Daily Universe, wo Hugh Nibley in der Ausgabe vom 1. Dezember 1967 wie folgt zitiert wird (und dies ist, soweit ersichtlich, das einzige Nibley-Zitat in Die Mormonen – ein auffälliges Versäumnis in einem Buch, in dem es doch um die Rolle des Tempels. im Glauben der Heiligen der Letzten Tage geht und Professor Nibley eine allgemein anerkannte Autorität auf dem Gebiet der Tempelforschung ist) : „Diese Entdeckung ist für die mormonischen Gelehrten doch eine böse Überraschung” „LDS scholars are caught flatfooted by this discovery”, so Hauth auf Seite 25 in Zusammenhang mit Aziz Atiyas überraschenden Funden im New Yorker Metropolitan Museum.

Hauths Nibley-Übersetzung scheint die Vermutung zu bestätigen, zu der – geht es nach Hauth – der Leser von Die Mormonen hoffentlich von alleine kommt, dass nämlich die Mormonen vom Fund der Papyri entsetzt waren und noch immer sind, beweisen die Papyri doch, dass Joseph Smith und das Buch Abraham ein Betrug waren. Aber diesmal hat Hauth das englische Original wiedergegeben und – wie zu vermuten war – hat es eine gänzlich andere Bedeutung als die Hauthsche Übersetzung. „LDS Scholars are caught flatfooted by this discovery”, rief Professor Nibley ziemlich aufgeregt und in idiomatischem amerikanischem Englisch. „To be caught flatfooted” heißt, unvorbereitet überrascht zu werden. (So z.B. wie eine Person, die sich nicht im Gleichgewicht befindet und laufbereit ist, sondern einfach nur still dasteht.) Diese Redewendung hat keinerlei negativen Beigeschmack. Dr. Nibley wies damit einfach auf den Mangel an Ausbildung auf dem Gebiet der Ägyptologie hin, der damals unter den Mormonen herrschte, und auf die viele Arbeit und das Studium, das noch hinter sich gebracht werden müsste, ehe man die neuen Texte, die uns ohne jede Vorwarnung in den Schoß gefallen waren, sinnvoll auswerten und neue Schlüsse aus ihnen ziehen könnte. Die Tatsache, dass sich in den darauffolgenden drei Jahrzehnten Dr. Nibleys Forschungstätigkeit hauptsächlich mit dem Buch Abraham und seinem ägyptischen Umfeld befasst hat, ist ein Beweis für die Begeisterung, mit der er sich dieser Aufgabe widmete.[46] In diesen wissenschaftlichen Werken ist keine Spur der Düsternis und Verzweiflung zu finden, die Hauths Fehlübersetzung dem deutschen Leser von Die Mormonen vorgaukeln soll. (Die brennende Frage ist die: Ist es reiner Zufall, dass Hauths Fehlübersetzungen stets die Mormonen in ein schlechtes Licht stellen?)

Man glaube aber bitte nicht, dass Hauth im Verlaufe seiner Forschungstätigkeit die Archive der BYU-Studentenzeitung durchforstet hat. Seine Zitate stammen zweifellos aus anderer mormonenfeindlicher Polemik, die für ihn eine wesentliche Quelle darstellt.[47] Ein rasches Durchblättern von Die Mormonen fördert „wissenschaftliche Großleistungen” wie Jerald und Sandra Tanners Secret Writings of William Clayton(S.29), Mormonism: Shadow or Reality (S.32, 173) und The Bible and Mormon Doctrine (S.61) zutage. Einar Anderson (oder auch Andersen – Hauth verwendet beide Schreibarten), ein bekannter Mormonengegner einer früheren Generation, stellt ebenfalls eine wichtige Quelle für die Hauthsche Forschung dar (S.34, 139).[48] William Whalens ziemlich feindseliges Buch The Latter-day Saints in the Modern Day World erscheint auf Seite 31. [49] Anerkannte wissenschaftliche Forschungsarbeiten Über die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage sind Hauth völlig unbekannt, also wendet er sich einfach direkt an die Kritiker der Kirche.

Hauth bezeichnet die Gründungsgeschichte der Kirche als „wundersame Geschichte”, allerdings nicht im positiven Sinn. Obwohl Hauth die Bibelerzählungen darüber, wie Gott als sterbliches Wesen auf die Erde gekommen ist, seine Kreuzigung und seinen Tod als wahr anzuerkennen scheint, bezeichnet er die Geschichte von Joseph Smith als eine, die „weitgehend märchenhafte Züge trägt und deshalb nicht mit den Maßstäben normaler Geschichtsschreibung zu messen ist” (S.11). Leider gehen aus Hauths Buch keinerlei Beweise hervor, dass ihm der in den letzten Jahrzehnten erschienene umfangreiche und beeindruckende Korpus an wissenschaftlichen Werken über die Gründungsgeschichte der Mormonen, die von bekannten HLT-Wissenschaftlern verfasst wurden, bekannt ist, Wissenschaftler, die in der Kunst der „normalen Geschichtsschreibung” ausgebildet sind. Es ist also schwer begreiflich, worauf Hauth seine Behauptungen stützt.

Hauth scheint auch das in der amerikanischen Geschichte herrschende Kräftespiel nicht zu verstehen. Sollte dies allerdings schon der Fall sein, so ist Hauth offenbar nicht dazu bereit, irgendeine Erklärung dafür zu liefern, warum er die Heiligen der Letzten Tage als böse und verachtenswert darstellt. Wenn Hauth die Labilität der Familie Smith dadurch erklären will, indem er beschreibt, dass Joseph Smith sen. keinen festen Beruf ausübte und die Familie häufig ihren Wohnort wechselte (S.11), so vergisst er darauf hinzuweisen, dass dies ganz im Gegensatz zu den damals in Europa herrschenden Verhältnissen an der fluktuierenden Grenze zum amerikanischen Westen die Regel und nicht die Ausnahme war.[50] In Zusammenhang mit Negern und dem Priestertum setzt Hauth das Wort „Neger” in Anführungszeichen (S.42,43) Hier muss angenommen werden, dass Hauth dies tut, um auf den angeblichen Rassismus hinzuweisen, der aus dem von Bruce R. McConkie, Brigham Young und anderen verwendeten englischen Wort „negroe” (das heute nicht mehr verwendet wird) hervorgehen soll. Hauth hätte zwar erklären können, dass die Bezeichnung „negroe” im Jahr 1966 (und selbstverständlich während des 19. Jahrhunderts) als normal galt, auch unter dem Großteil der schwarzen Amerikaner – er tut dies jedoch nicht.

In Die Mormonen wird nicht einmal ansatzweise auf die wissenschaftlichen Veröffentlichungen über die wichtigsten Ereignisse der Wiederherstellung hingewiesen, wie z.B. von Prof. Richard L. Anderson (Dr. jur., Harvard University; Dr. phil., California-Berkeley) [51] oder Prof. Milton V. Backman, jun. (Dr. phil., University of Pennsylvania) [52] , Prof. Richard L. Bushman (Dr. phil., Harvard University) [53], geschweige denn die vielfältigen Werke hauptberuflicher Historiker wie Thomas G. Alexander (Dr. phil., California-Berkeley), James B. Allen (Dr. phil., University of Southern California), Leonard J. Arrington (Dr. phil., University of North Carolina), Davis Bitton (Dr. phil., University of Princeton), Stanley B. Kimball (Dr. phil., Columbia University), Grant Underwood (Dr. phil., University of California at Los Angeles) u.a. Obwohl die Historikergesellschaft „Mormon History Association” für ihre Professionalität beneidenswerterweise allseits bekannt ist, ist deren Existenz Rüdiger Hauth wohl so gut wie gleichgültig.

Natürlich ist es leichter, in einem Informationsvakuum zu arbeiten. Man nehme nur ein Beispiel aus Die Mormonen her: Hauth zitiert darin den Bainbridge-Prozess aus dem Jahr 1826, um damit Joseph Smiths Unehrlichkeit zu beweisen (S. 11) [54] Von da an wird die angebliche Unehrlichkeit des Propheten einfach stillschweigend vorausgesetzt, sowohl als bestehendes Faktum, als auch als äußerst nützliche Waffe gegen die Heiligen der Letzten Tage.[55] Hauths Behauptung, dass Joseph Smith im Verlaufe des Bainbridge-Prozesses für schuldig befunden und verurteilt wurde, hat sich jedoch als falsch erwiesen. Seit 1990 existieren leicht zugängliche Unterlagen, die dies zu belegen scheinen. [56] Und wenn er – wie auf Seite 164 die Argumente der Heiligen der Letzten Tage zugunsten eines Abfalls von der Urkirche als ohne „jegliche Beweiskraft” abtut, so tut er dies offensichtlich, ohne jemals auch nur eine einzige wissenschaftliche Abhandlung eines Mormonen zu diesem Thema gelesen zu haben.[57]

Was in Die Mormonen jedoch am meisten störend zutage tritt, ist die Verwendung undefinierter Begriffe, um dadurch die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage als fremdartig, böse und dämlich darzustellen. Hauth bezeichnet Urim und Thummim auf S.54 als „Zauberstein”. Auf S.14 verwendet er die Bezeichnung „Wunderbrille”. An anderer Stelle verwendet er auch die Bezeichnung „Amulett”(S.97, 187) für bestimmte Dinge, und wiederholt beschreibt Hauth, wie die Heiligen der Letzten Tage (besonders während des Tempelbesuchs) in die finsteren Bereiche der Magie und des Aberglaubens hinabsteigen. (Siehe S.100, 122, 126, 135, 150, 187.)[58] Zur Beschreibung der Mormonen verwendet Hauth gerne Begriffe wie „heidnisch” und „okkult-magisch” (z. B. auf S. 122, 124, 135, 187) [59], erklärt aber nie, was er damit eigentlich meint – ist es doch immens schwierig, ja eigentlich unmöglich, diese Begriffe zu definieren. Im Sommer 1994 habe ich an der Princeton University ein zweimonatiges Seminar besucht, das außer von mir noch von über einem Dutzend Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Klassik, der Soziologie, des Hinduismus, von Neutestamentlern, Anthropologen und Literaturkundlern besucht wurde und in dessen Verlauf wir uns unter anderem auf eine Definition des Wortes „Magie” einigen wollten, die alles miteinschließen sollte, was unserer Ansicht nach dazugehört und alles ausschließen sollte, was unserer Ansicht nach nicht dazugehört.[60] Es ist uns nicht gelungen.

Hauth bemüht sich diesbezüglich nicht im geringsten. Anstatt diese Begriffe als Hilfen zum Verständnis und bei Erklärungen einzusetzen, was Sorgfalt und Genauigkeit verlangen würde, verwendet er sie als Waffen. Selbstverständlich kann er sich auf viele Präzendenzfälle stützen, denn Begriffe wie „Magie”, „Aberglaube”, „okkult” und „heidnisch” werden fast immer als Waffen verwendet. („Du betreibst Magie, ich betreibe Religion.”) Diese Begriffe scheinen sich in der Polemik so bewährt zu haben, dass man sie in der ernsthaften Forschung überhaupt nicht mehr einsetzen kann. Ist sich Hauth bewusst, dass die frühen Christen von ihren missbilligenden Nachbarn häufig als einfältig und abergläubisch bezeichnet wurden? Tacitus und Plinius, die ersten römischen Schriftsteller, die das Christentum erwähnen, beschreiben die neue Religion mit Begriffen wie „exitiabilis superstitio, prava et immodica superstitio” und „inflexibilis obstinatio”[61] :Verderblicher Aberglauben, böser und maßloser Aberglauben; unbeugsame Beharrlichkeit.

Nicht nur, dass Hauth die Existenz wissenschaftlicher Literatur über die Mormonen ignoriert und darin völlig unbewandert ist, sondern er hat auch von den wichtigsten wissenschaftlichen Werken auf dem Gebiet der „Magie” (im Zusammenhang mit den Mormonen) nichts gehört. Das Buch Die Mormonen lässt nicht im geringsten darauf schließen, dass Hauth kritische Bücher wie die von D. Michael Quinn (Early Mormonism and the Magie World View) oder John L. Brooke (The Refiner’s Fire) kennt.[62] Die Lektüre dieser Bücher (wenn Hauth sich dazu die Zeit genommen hätte) hätte ihm wenigstens ein (wenn auch bröckeliges) Fundament verschafft, von dem aus er ganz allgemein gehaltene Beschuldigungen des „Okkultismus” hätte in den Raum stellen können.[63] Abgesehen davon würde die dümmliche Gegenüberstellung von Magie und Christentum von heutigen Wissenschaftlern kaum gebilligt werden. Die Urchristen und sogar Jesus Christus wurden von ihrem Umfeld immer wieder als Zauberer bezeichnet. Manche heutige Wissenschaftler sehen wenig Grund dazu, dem zu widersprechen.[64] Auch waren die Urchristen noch weit über die Anfangsjahre hinaus in Gebräuche verwickelt, die durchaus als „Magie” bezeichnet werden könnten.[65]

Offensichtlich hat sich Rüdiger Hauth nicht bemüht,sich mit der umfangreichen Literatur zum Thema Magie, mittelamerikanischer Archäologie und HLT-Kirchengeschichte zu befassen, geschweige denn, sie zu meistern. Vielleicht darf man das von einem Theologen auch nicht erwarten (andererseits sollte er dann aber auch aufhören, Bücher über diese Themen zu schreiben). In der Bibel sollte Hauth allerdings schon beschlagen sein. Das müsste man von ihm erwarten dürfen. Dem ist aber leider nicht so. So sagt Hauth beispielsweise, dass schon eine „oberflächliche Betrachtung” der Verse 1. Korinther 15:40-42 zeige, dass die Auslegung dieser Verse durch die Mormonen unrichtig sei. Die „oberflächliche Betrachtung”, die Hauth anbietet, ist bestenfalls unüberzeugend. Ebenso ist die Hauthsche Behauptung, dass alle Neutestamentler sich in der Auslegung von 1. Petrus 3:19 einig sind, und dass deren Auslegung der Behauptung der Heiligen der Letzten Tage, der Erretter und seine Jünger hätten den Verstorbenen das Evangelium gepredigt (S.143-146), völlig zuwiderlaufe, eine krasse Übertreibung. Sogar diese angebliche Übereinstimmung aller Gelehrten, wie Hauth sie darstellt, stützt sich auf seine eigenmächtige Ablehnung aller mit obiger Schriftstelle zusammenhängenden Bibelverse, sowie diese bestätigenden apokryphen und pseudepigraphen Texte, die Hauth locker als entbehrliche, quasi-heidnische Mythologie darstellt, gefolgt von einer äußerst anfechtbaren Demythologisierung à la Bultmann. Noch einmal: Die Hauthschen Behauptungen sind alles andere als überzeugend. Man wird hier an eine George Bernard Shaw zugeschriebene Definition des Begriffes „Geistlicher” erinnert: „Ein Geistlicher interpretiert die Kirchenlehre, glaubt aber nicht daran, dass die Bibel tatsächlich meint, was in ihr steht, sondern er glaubt, dass in der Bibel steht, was er meint.”

In diesem Fall ist es Rüdiger Hauth, der sich von der althergebrachten Lehre christlicher Tradition entfernt hat, und nicht die Heiligen der Letzten Tage. Nicht nur 1.Petrus 3: 19-22 und 4:6 beinhalten Hinweise auf den Besuch Christi in der Geisterwelt.[66] Der Descensus, also der „Abstieg Christi in die Hölle” war jahrhundertelang Standardthema christlicher Schriften und Kunst und steht ganz offensichtlich im Zusammenhang mit Joseph F. Smiths aus dem Jahr 1918 stammender „Vision von der Erlösung der Toten”. „Dieses Motiv wurde auch als Abstieg in den Limbus, in die Vorhölle (also buchstäblich in die ,Lippe’) bezeichnet, dem Aufenthaltsort der vorchristlichen Gerechten und der ungetauft gestorbenen Kinder.”[67] Das Apostolische Glaubensbekenntnis in der Forma Recepta als auch in den von Rufinus (ca. 390 n.Chr.) und Fortunatus (ca. 570 n.Chr.) überlieferten Fassungen, erwähnt den Abstieg der Seele Christi in die Hölle, während sein Körper im Grab ruhte; ebenso das Athanasische Glaubensbekenntnis.[68] In der Markuskirche in Venedig stehen zwei geschnitzte Alabastersäulen, die auf das 5. Jahrhundert zurückgehen. Sie wurden vermutlich am Ende des 4. Kreuzzuges als Teil der Beute nach der Plünderung Konstantinopels nach Venedig gebracht. Die eine Säule stellt Christus in der Geisterwelt dar, wie er einem nicht näher bezeichneten Patriarchen die rechte Hand reicht, während Hades, der diese Rettung nicht verhindern kann, sich voller Zorn in die Finger beißt. (Siehe Abb. 1.) [69] Aus dem Evangelium des Nikodemus, das aus dem 5. oder 6. Jahrhundert stammt, ist laut Jacques Le Goff zu erfahren, „dass Christus in die Hölle hinabgestiegen ist, um die Seelen der ungetauften Rechtschaffenen, die vor dem Kommen Christi gelebt haben, aus den Klauen der Hölle zu befreien.”[70] Die Vorstellung des triumphierenden und rettenden Besuches der Seele Christi im Reich der Toten, während sein Körper im Grab lag, war laut K.M. Openshaw „ein Thema, das den Angelsachsen sehr am Herzen lag.”

Eine schöne Darstellung dessen findet sich beispielsweise im sogenannten Tiberius-Psalter, der vermutlich aus der Mitte des 11. Jahrhunderts stammt.[71] Aber nicht nur die Angelsachsen fanden dieses Geschehen faszinierend ebenso ihre Eroberer. Eine bunte Darstellung des Eindringens Christi in die Geisterwelt findet sich auch in Ausschmückungen der Winchester-Bibel. (Siehe Abb.2.) [72] Auf einem Taufbecken aus der Normannenzeit in Herfordshire findet man eine Abbildung der drei Mitglieder der Gottheit, die an der „Peinigung” der Hölle teilnehmen. (Siehe Abbildung 3.) Genau diese Skulptur wird in der Schilderung des Descensus im berühmten aus dem 14. Jahrhundert stammenden Piers Plowman von William Langland dargestellt.[73]

Christliche Schreiber, Prediger und Künstler hielten biblische Berichte wie z.B. die von Jona im Bauch des Wales, Daniel in der Löwengrube, Simsons Kampf mit dem Löwen oder von David, wie er das Lamm vor dem Bären rettet, für symbolische Vorwegnahmen des Besuches Christi in der Geisterwelt und der Rettung der dort Gefangenen.[74] In der Markuskirche von Venedig sowie im Kirchenschiff des nicht weit entfernt gelegenen Doms von Torcello gibt es Mosaike aus dem 12. Jahrhundert mit beinahe identischer Darstellung der Szene, wie Christus Adam an der rechten Hand führt und die kaputten Tore des Hades zertrampelt.[75]

Das 4. Laterankonzil erhob im Jahr 1215 den Descensus offiziell zur christlichen Lehre. Der Descensus wird auch im Compendium theologicae veritatis des Dominikaners Hugo von Straßburg erwähnt, das um ca. 1268 entstand.[76] Beim Konzil zu Lyon wurde der Descensus 1274 als christliche Lehre bestätigt. Dante, der berühmte italienische Dichter aus dem 14. Jahrhundert, erwähnt den Abstieg Christi in die Hölle, indem er den 19 v. Chr. verstorbenen Dichter Vergil erklären lässt:

„Ich war erst neu gekommen, Da sah ich einen Mächtigen sich nahen, Der trug auf seinem Haupt des Sieges Krone. Er nahm den Schatten unsres ersten Vaters mit sich und Abel, seinen Sohn, und Noah, Moses mit den Gesetzen und den frommen Erzvater Abraham, David den König, Jakob mit seinem Vater und den Söhnen, Mit Rahel auch, für die er soviel wirkte; Und viele andre noch, und macht’ sie selig. Und du sollst wissen, dass vor diesen Leuten Seelen von Menschen nicht gerettet wurden.”[77]

Der Abstieg Christi in die Hölle war auch ein beliebtes Thema im englischen Mysteriendrama des Mittelalters. Auch in La Passion du Palatinus, dem frühesten bekannten französischen Passionsspiel, wird darauf hingewiesen.[78] Im frühen 14. Jahrhundert wurde der Descensus auch in einem herrlichen byzantinischen Fresko in der Chora-Kirche (der Kariye Camii) in Konstantinopel dargestellt.[79] Zu Beginn des 16. Jahrhunderts verwendete Albrecht Dürer „Christus in der Vorhölle” als Motiv einiger Gravuren, die diesen Titel trugen (siehe Abb. 4).[80] „So wie Christus für uns starb und begraben ward, so glauben wir, dass er in die Hölle hinabstieg”, lautet der dritte der 39 „Articles of Religion of the Church of England” (1563).[81]

Es ist unnötig, noch weitere Beispiele anzuführen. „Die meisten christlichen Theologen glauben”, so das Oxford Dictionary of the Christian Church über den Descensus, „dass der Descensus der Besuch des Herrn nach dessen Tod in einer Daseinssphäre war, die weder Himmel noch Hölle im endgültigen Sinn~ sondern ein Ort oder Zustand ist, wo die Seelen der Menschen, die vor Christus lebten, auf die Botschaft des Evangeliums gewartet haben. Dies ist auch der Ort, an den der reumütige Dieb nach seinem Tod am Kreuz (Lukas 23:43) gegangen ist.”[82]

Rüdiger Hauth widmet sich auf Seite 140-142 der Exegese der Schriftstelle 1. Korinther 15:29 und tut dies ohne jeden Tiefgang oder historisches Bewusstsein. Er gibt zu, dass es sich dabei um einen schwierigen Vers handelt; in seinem Kleinen Sekten-Katechismus gesteht er sogar ein, dass es sich dabei um „einen der ,dunkelsten’ Verse des NT” handelt[83] und gibt zu, dass es „in der Gemeinde zu Korinth einige [gab], die die Praxis der Totentaufe ausübten”, aber dessen ungeachtet steht folgendes fest: Die Auslegung dieser Schriftstelle seitens der Mormonen ist falsch!

„Eines lässt sich jedoch mit Sicherheit sagen: Der Kult der Totentaufe war nie Bestandteil christlicher Lehre und hat deshalb auch nie Eingang in christliches Denken und Handeln gefunden. Im Gegenteil: Auf dem Konzil zu Karthago 397 wurde diese unchristliche Praxis offiziell verurteilt.”

Da stellt sich doch eigentlich die Frage, warum ein christliches Konzil Ende des 4. Jahrhunderts sich mit einer religiösen Praxis befassen muss, die für die Christen nie und nimmer zur Debatte gestanden hat. Ebenso drängt sich einem die Frage auf, warum ein angeblicher Experte auf dem Gebiet des Mormonen-Tempelkults anscheinend nichts über Hugh Nibleys bedeutenden Artikel über Totentaufe im Altertum („Baptism for the Dead in Ancient Times” [84]) weiß.

Angesichts der seichten, undifferenzierten und engstirnigen Art, in der Die Mormonen verfasst wurde, erscheint es zutiefst ironisch, dass Rüdiger Hauth die „eindimensional unkritischen Denkmuster des Mormonismus” (S. 141) bekrittelt. Natürlich handelt es sich bei Hauths Buch, so wie Abraham Lincoln dies in einem anderen Zusammenhang formuliert hat, um ein Buch, das all denen gefallen wird, denen solche Bücher gefallen. Propaganda ist jene Form der ungenauen Darstellung, bei der meistens Freunde getäuscht werden, aber selten Feinde.

Es wäre jedoch falsch, Rüdiger Hauth nur deswegen zu ignorieren, weil er kein ernstzunehmender Wissenschaftler ist. Ich bin davon überzeugt, dass Hauth nicht in der Welt der deutschen Wissenschaft punkten möchte. (Obwohl er auch hier seine Spuren hinterlassen hat: Hauthsche Formulierungen wie „Prophetenbrille” und das Buch Mormon als „abenteuerliche Geschichte” tauchen auch in Artikeln über die Mormonen in deutschen Werken zur Geschichte des Christentums auf.) [85]

Man wird Hauth vermutlich viel eher gerecht, wenn man ihn als Aktivisten und weniger als fachwissenschaftlichen Versager betrachtet. Seine Feindseligkeit gegenüber den Heiligen der Letzten Tage hat nämlich auch eine praktische Dimension. Hauth ist kein Papierkrieger, und mormonenfeindlicher Aktivismus hat in dieser Welt ernsthafte Konsequenzen.[86] Aber dennoch steht Hauth immer noch hinter Personen zurück, wie mir vor kurzem eine geschildert wurde: Ein Mormonengegner namens Richard Stout aus dem US-Bundesstaat Delaware bemüht sich amerikaweit, eine kleine Firma in den Bankrott zu treiben – schlicht und einfach deswegen, weil ihr junger Besitzer sowie der Produktentwickler Mormonen sind. Vermutlich wird dies Stout auch gelingen. (Obige Firma hat sich auf die Entwicklung von Fremdsprachenhilfen spezialisiert, die besonders von Schülern im Heimschulunterricht verwendet werden [Aufgrund mangelnden Vertrauens in das Schulsystem unterrichten immer mehr Amerikaner ihre Kinder in Eigenregie zu Hause. Anm. d. Übers.], der sich speziell bei Protestanten die auf Demagogie besonders gut zu reagieren scheinen- großer Beliebtheit erfreut.) Denn Mr. Stout über den Produktentwickler, einen bekannten Spezialisten auf dem Gebiet der Sprachwissenschaft und des Zweitspracherwerbs, denn auch sagte: „Mindestens zehn Prozent der Lizenzgebühren, die er einnimmt, wenn Christen sein Produkt kaufen, wandern (als Zehnter) in die Schatullen der Mormonenkirche” ein geniales Argument zugunsten der Trennung von Mormonen und Christen und zugunsten eines „christlichen” Kreuzzugs, bei dem alle Mormonen ins wirtschaftliche Ghetto getrieben werden sollen, gleichgültig wie harmlos oder weltlich ihr Beruf auch sein mag, seien sie nun Ärzte, Buchhalter oder Zeitungsausträger.[87] Dies ist traurigerweise nicht der erste Fall dieser Art, der mir zur Kenntnis gebracht wurde. Die Erinnerung an das Schicksal jüdischer Händler und Kaufleute im Deutschland der Dreißiger Jahre drängt sich einem hier förmlich auf.

Auf seinem eigenen Niveau und in seiner eigenen Arena der Kirchenpolitik ist auch Rüdiger Hauth ein Mann der Tat. Obwohl er mit löblicher Bescheidenheit darüber hinweggeht, ist es durchaus nicht unwahrscheinlich, dass größtenteils ihm das Verdienst für die Entscheidung zukommt, die (siehe S. 72) im Jahr 1989 von einem Ausschuss des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland getroffen wurde, nämlich die von der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage vorgenommenen Taufen als nicht gültige christliche Taufen zu erklären. In Die Mormonen erklärt Hauth, dass „aus theologischen, seelsorgerlichen und auch juristischen Gründen” davon abzuraten ist, den Mormonen die Kirchenbücher und Personenstandsregister der evangelischen Kirchen und Gemeinden zur Mikroverfilmung zu überlassen (S. 150) Es scheint, dass Hauth damit Erfolg gehabt hat und noch haben wird. Auf Seite149f. berichtet er, dass zwischen 1947 und 1980 elf der achtzehn deutschen evangelischen Landeskirchen der alten Bundesrepublik Deutschland eine Überlassung der Kirchenbücher an die Mormonen ablehnten. Drei ließen die Verfilmung zu, während „vier zunächst ihre Erlaubnis gegeben hatten, diese später aber ebenfalls aus theologischen Erwägungen” (bei denen Hauth vielleicht nachgeholfen hat) „wieder zurückzogen”. (Die Mehrzahl der katholischen Diözesen hatte bereits in den fünziger Jahren der Mikroverfilmung zugestimmt.) Hauths Wirken stellt ihn in den unmittelbaren Dunstkreis solcher Personen wie „Dr.” Walter Martin und Ed Decker.[88]

Das Problem ist, dass seichtes, schlampiges Denken häufig unproduktive und fehlgeleitete Handlungen zur Folge hat. In unserem Fall hier scheint es Rüdiger Hauth zu sein und nicht die Mormonen, der angesichts seines ständigen Geredes über die „Magie” der Mormonen im Sinne möglicher Definitionen von „Magie” die Tempel der Heiligen der Letzten Tage und die genealogische Arbeit für „magisch” hält. (Die Definition, der sich Hauth anzuschließen scheint, lautet folgendermaßen: Eine Handlung oder ein Gegenstand gilt als „magisch”, wenn ihre bzw. seine Macht der Handlung bzw. dem Gegenstand, innewohnend und selbstwirksam ist. Im Gegensatz dazu gilt etwas als „religiös”, wenn die Wirkung des Gegenstandes oder der Handlung vom Willen eines angebeteten Wesens abhängig ist. Diese Definition ist äußerst problematisch [89], reicht jedoch aus, um meine These zu belegen.) Hauth warnt seine Leser davor, dass christliche Kirchen den Mormonen dabei helfen, „die Namen von solchen Menschen, die als Christen und bewusste Mitglieder ihrer Kirchen gelebt haben und gestorben sind, nun zu Objekten magischer Toten-Rituale einer fremden Religion werden” zu lassen. (S.150.) Wenn Gott die Tempelarbeit der Mormonen jedoch weder bevollmächtigt hat noch anerkennt, dann können stellvertretende Taufen keine ihr innewohnende Macht über die Toten, geschweige denn über ihre „Namen” haben. Solche rituellen Handlungen wären dann eine reine Zeitverschwendung der Heiligen der Letzten Tage. Faszinierenderweise hört sich Hauths Warnung beinahe so an, als würde er noch mehr als dies befürchten.[90] (Selbst die Katholiken waren, besonders in präkonziliaren Jahren, weniger unsicher.)

Mir steht diese Art von Büchern bis zum Hals. Ich glaube, im Namen vieler Heiliger der Letzten Tage sprechen zu können, wenn ich sage, dass wir es satt haben, dass religiöse Fanatiker unsere heiligsten Lehren herabwürdigen und sich darüber lustig machen. Wir haben die selbstgerechte Anmaßung satt, eine religiöse Lehre als falsch zu bezeichnen, nur weil irgendjemand bewiesen hat, dass sie von den Ansichten der allgemeinen Christenheit abweicht (geschweige denn von einem kleinen Teil der Christenheit, der sich „evangelisierend” oder „fundamentalistisch” nennt). Wir sind es leid, dass ein Kritiker einfach etwas behaupten darf, ohne auch nur den Funken eines Beweises oder einer wissenschaftlichen Untersuchung liefern zu müssen – und ihm geglaubt wird. Der Versuch, uns durch Anwendung undefinierter Begriffe oder willkürlich angewendeter lexikalischer Termini aus dem Christentum auszuschließen, beeindruckt uns nicht im geringsten. Wir wollen diese Definitionen bewiesen oder nicht mehr verwendet sehen.

Ganz besonders haben wir Kritiker satt, die offensichtlich mehr Bücher über die Mormonen schreiben als sie zu diesem Thema gelesen haben. Nun könnte der Einwand geltend gemacht werden, dass man dies von Rüdiger Hauth als Europäer nicht verlangen kann. Das ist albern. Wer über ein bestimmtes Thema publiziert, hat die Pflicht und Schuldigkeit, alles zu lesen und zu lernen, was nötig ist, um seine wissenschaftliche Arbeit auf ein halbwegs gutes Niveau zu bringen. Ansonsten sollte man vom Bücherschreiben Abstand nehmen. (Sehr oft ist das Schweigen ein hunderprozentig akzeptabler Ersatz für Wissen.) Auch wenn jemand, der über die Mormonen publiziert, in Europa lebt, so kann er es trotzdem richtig machen. Der katholische Wissenschaftler Massimo Introvigne lebt in der italienischen Stadt Turin, schreibt aber dennoch mit erstaunlicher Fachkenntnis über Mormonen, Mormonengegner und verwandte Themen. Sein vor kurzem in BYU Studies erschienener Artikel über den fundamentalistischen Anti-Mormonismus, in dem er u.a. Ed Decker und dessen illustren Intimus Bill Schnoebelen beschreibt, ist gleichermaßen wissenschaftlich [91]

Die Mormonengegner können so nicht mehr weitermachen. Sie können sich nicht länger ihrer Triumphe über den Mormonismus rühmen, während sie gleichzeitig vor den Beweisen und der Logik davonlaufen, die ihr Ende bedeuten würden. (Unter den Eingeweihten ist diese spaßige Übung seit seiner sechzig-Lacher-pro-Minute Korrespondenz mit William Hamblin aus dem Jahr 1992 als „Robert- McKay-Manöver” bekannt.) Sie können nicht mehr länger so tun, als ob die Mormonen keine Gegenargumente hätten. Und sie können garantiert nicht mehr länger Bücher und Artikel schreiben, in denen sie sich auf unsere Kosten amüsieren.

Nein – wenn ich es mir recht überlege, dann können sie es schon. Und sie werden es auch tun.

Postskriptum

Nachdem ich diese Buchkritik hoffentlich zum letzten Mal abgesandt hatte, wies mich ein Kollege auf die neueste Ausgabe von Dialogue hin, einer Zeitschrift, die (laut Untertitel) angeblich ein Forum für die Gedankenwelt des Mormonismus (A Journal of Mormon Thought) darstellt. Sie enthält mindestens zwei Artikel, aus denen nur allzu deutlich herausgeht, dass es nicht nur die fundamentalistischen Protestanten sind, die so tun, als ob die Mormonen keine Gegenargumente hätten.

In dem ersten Artikel beschreibt ein gewisser aus Salt Lake City stammender Brigham D. Madsen, warum das Buch Mormon historisch gesehen nicht wahr sein kann. Sein gesamter Artikel fußt auf der Annahme, dass B. H. Roberts, eine ehemalige Generalautorität und einer der größten Denker in der Geschichte des Mormonismus, im Jahr 1933 als Zweifler an der Wahrheit des Buches Mormon verstorben ist.[92] Mr. Madsen scheint der Ansicht zu sein, dass jedermann seiner Meinung ist. Da irrt er sich aber. Nur ein wenig Lektüre hätte seine irrige Ansicht korrigiert. Es folgt nun eine Liste der Artikel, die sich mit diesem Thema befassen und die Mr. Madsen entweder nicht angegeben oder nicht gelesen hat:

Truman G. Madsen, „B.R. Roberts and the Book of Mormon”, in Book of Mormon Authorship: New Light on Ancient Origins, Noel B. Reynolds, Hrsg., (1982; Neudruck bei Religious Studies Center, 1996), S. 7-31.

John W. Welch, „Finding Answers to B.H. Roberts’ Questions” (Provo, FARMS, 1985).

Truman G. Madsen und John W. Welch. „Did B.H. Roberts Lose Faith in the Book of Mormon?” (Provo, FARMS, 1985).

Truman G. Madsen, Hrsg., „B.H. Roberts’ Final Decade: Statements about the Book of Mormon (1921-1933)”, (Provo, FARMS, ohne Datum).

John W. Welch. „B.H. Roberts: Seeker after Truth”, Ensign (März 1986), S. 56-82. Neudruck in A Sure Foundation, S. 60-74.

John W. Welch. „Introduction” in B.H Roberts, The Truth, the Way, the Life: An Elementary Treatise on Theology, John W. Welch, Hrsg., (Provo, BYU Studies, 1994), S. xxiii-xxviii

John W. Welch, Hrsg., Reexploring the Book of Mormon (Salt Lake City: Deseret Book und FARMS, 1992), S.88-92.

D. Michael Quinn. The Mormon Hierarchy: Extensions of Power (Salt Lake City, Signature Books und Smith Research Associates, 1997), S.688.

Daniel C. Peterson, „Yet More Abuse of B.H. Roberts”, FARMS Review of Books 9/1 (1997), S. 69-86.

Matthew Roper, „Unanswered Mormon Scholars”, FARMS Review of Books 9/1 (1997), S. 98-110.

Abgesehen davon verwendet Mr. Madsen ein von Brent Lee Metcalfe (auch aus Salt Lake City) herausgegebes Buch als Beweis für die Unwahrheit der Aussagen des Buches Mormon. Über die von FARMS herausgegebenen, langen und ausführlichen schriftlichen Reaktionen auf Metcalfes Buch scheint Madsen ebenfalls nichts zu wissen.[93] Ganz offensichtlich weiß er nicht einmal, dass es so etwas wie die „Foundation for Ancient Reseach and Mormon Studies” gibt, was es ihm natürlich leichter macht, so ganz nebenbei zu behaupten, dass es „überwältigende Beweise dafür gibt, dass das Buch Mormon rein fiktiv ist.”[94] Wenn niemand die angeblichen Beweise in Frage stellt und sogar augenfällig bereit ist, sie zu glauben für den sind dann sogar die dürftigsten Beweise „überwältigend”.

In einem anderen Artikel, und zwar von Ronald V. Huggins, wird die Echtheit der in 3. Nephi 12-14 festgehaltenen Predigt angegriffen.[95] In der ersten Fußnote ist eine Bibliographie früher erschienener Veröffentlichungen mit gewisser Relevanz zum Thema enthalten, wobei auffälligerweise die einzige zu diesem Thema je veröffentlichte Abhandlung in Buchlänge fehlt, nämlich John W. Welchs The Sermon at the Temple and the Sermon on the Mount.[96] So etwas ist unverschämt, und wird noch viel unverschämter, wenn Mr. Huggins über eine seiner Quellen (ein in einer protestantischen theologischen Fachzeitschrift erschienener Artikel von Stan Larson) folgendes behauptet: „Angesichts der Gründlichkeit von Larsons Abhandlung besteht keinerlei Anlass dazu, an dieser Stelle auf Fragen hinsichtlich der Textkritik [der Bergpredigt] näher einzugehen.” [97] Wie peinlich! Ein Großteil von Welchs Buch befasst sich eben mit Stan Larsons Artikel. Ein Buchkritiker, bewaffnet mit einem Doktoratsstudium in Altgriechisch, fasste den entsprechenden Teil des Welch’ schen Buches so zusammen: „Larsons eher schwacher Textkritik von 3. Nephi wird hier gründlich widersprochen. Hier wird klargestellt, wie Larson, abgesehen von methodologischen Fehlern, die Bedeutung einiger angeblicher Probleme überbewertet und [Achtung, Achtung!] Probleme außer Acht gelassen hat, die seine These nicht unterstützt hätten.”[98]

Dialogue sollte sich mehr anstrengen. Es steht den Herausgebern natürlich frei, ihre offensichtliche Kampagne gegen normative Glaubenssätze der Heiligen der Letzten Tage fortzuführen. Sie sind jedoch nicht nur ihren jungen Schreiberlingen sondern auch ihren Lesern gegenüber verpflichtet, dass die Verfasser der Artikel gründlich recherchieren und den aktuellen Wissensstand der von ihnen behandelten Themen wenigstens annähernd richtig wiedergeben.

Fußnoten

1. Leon Cornforth. Meeting the Mormon Challenge with Love: The Book for Mormons (ohne Ortsangabe, Selbstverlag d. Verfassers, 1997). Eine vergnügliche und vernichtende Enthüllung des „Prof./Dr.” Dee Jay Nelson, die meiner naiven Ansicht nach seinen Behauptungen ein endgültiges Ende bereitet hatte (und dies auch hätte tun sollen), ist Robert L. und Rosemary Browns Buch They Lie in Wait 10 Deceive: A Study of Anti-Mormon Deception (Mesa: Brownsworth, 1981). Die wohl entscheidende Aussage in bezug auf Solomon Spauldings angebliches Verfassertum des Buches Mormon ist der Artikel von Lester E. Bush, Jr.: „The Spaulding Theory Then and Now”, Dialogue 10/4 (1977), S. 40-69. Vgl. aber auch Fawn M. Brodies Buch No Man Knows My History: The Life of Joseph Smith the klor/non Prophet, 2. Aufl. (New York: Knopf, 1975), S. 68, 143,442-456), wo sogar diese feindselige Kritikerin des Propheten Joseph Smith zugibt, dass die Spaulding- Theorie tot ist.
2. The Mormon Puzzle: Understanding and Witnessing to Latter-day Saints (Alpharetta,Ga.: North American Mission Board. Southern Baptist Convention, 1997). Laut Jerald und Sandra Tanners Rundschreiben The Salt Lake City Messenger 93 (November 1997), S. 1 hat die „Interfaith Witness Division of the Southern Baptist Convention’s Home Missions Board” vor, 40.000 Exemplare dieses Videofilms an örtliche Baptistengelstliche zu versenden und ihn in sechs oder acht Fremdsprachen übersetzen zu lassen. 3. Wer Lust hat, sich durch Derartiges durchzuwühlen, dem seien folgende Beispiele von Jerald und Sandra Tanners Geringschätzung des Werkes Ed Deckers im Tannerschen Rundschreiben The Salt Lake Cty Messenger 67 (April 1988) ans Herz gelegt. Ebenso in: Jerald und Sandra Tanner, The Lucifer-God Doctrine: A Critical Look at Charges of Luciferian Worship in the Mormon Temple, with a Response to the Decker-Schnoebelen Rebuttal, erweiterte und durchgesehene Ausgabe (Salt Lake City: Utah Lighthouse Ministry, 1988); Jerald und Sandra Tanner, Serious Charges against the Tanners: Are the Tanners Demonized Agents of the Mormon Church? (Salt Lake City: Utah Lighthouse Ministry, 1991); Jera1d und Sandra Tanner, Problems in The Godmakers 11 (Salt Lake City: Utah Lighthouse Ministry, 1993). Wally Tope, ein weiterer laut vernehmbarer Mormonengegner, zeichnet ein amüsantes und erstaunliches Porträt von Ed Decker in „Poisoned” at Pizzaland: The Revealing Case of Ed Decker’s „Arsenic Poisoning” (La Canada Flintridge, Ka1ifornien: Frontline Ministries, 1991). Auch ich habe nur einige wenige Behauptungen und Mätzchen des Ed Decker in einem Artikel zusammengefasst. Viele Bände wären notwendig, um sie in ihrer ganzen atemberaubenden Fülle aufzuzeichnen. Daniel C. Peterson: „P.T. Barnum Redivivus”, Review of Books on the Book of Mormon 7/2 (1995), S. 38-105.
4. Siehe zu Behauptungen dieser Art von Ed Decker und seinem Kollegen Dave Hunt: Danie1 C. Peterson und Stephen D. Ricks, Offenders for a Word: How Anti-Mormons Play Word Games to Attack the Latter-day Saints (Salt Lake City: Aspen Books, 1992), 13, Nr. 40; vgl. auch 96-8. Nun stellt sich heraus, dass Dave Hunt ein ökumenischer Fanatiker ist. In einem vor kurzem erschienenen Artikel wird ihm die Behauptung nachgesagt, dass auch die Katholische Kirche – wie könnte es anders sein – keine christliche Kirche ist! Siehe dazu First Things 77 (November 1997), S. 81.
5. Das deutsche Wort Sekte ist viel stärker als englisch sect und entspricht eher dem englischen. ziemlich negativ besetzten Begriff cult. Englisch cult beschreibt vielleicht ehestens eine Religion ohne dahinterstehende politische Macht. In Europa mag dies auf Sekten ebenfalls buchstäblich zutreffen. Andererseits hätte dies auch auf das vorkonstantinische Christentum zugetroffen. Siehe zu dem abwertenden englischen Begriff cult: Peterson und Ricks, Offenders for a Word, S. 193-212.
6. Rüdiger Hauth, Kleiner Sekten-Katechismus (Wuppertal: Brockhaus, 1982).
7. Hauth verwendet gerne das Wort „Phantasie”, um den Glauben der Heiligen der Letzten Tage herabzuwürdigen, so z.B. auch im Kleinen Sekten-Katechismus (S. 45) Die englischen Begriffe „Science-fiction/Fantasy” verwendet er zur Beschreibung der Kirchenlehre der Mormonen. (Hauth, Die Mormonen, S, 187)
8. Hauth, Kleiner Sekten-Katechismus, S, 48,49,
9. Hauth, Kleiner Sekten-Katechismus, S. 6.
10. Gerhard Wahrig, Deutsches Wörterbuch (Gütersloh: Bertelsmann Lexikon-Verlag, 1974, Stichwort „Synkretismus”.
11. Henri Corbin, , History of Islamic Philosophy, übers. v. Liadain und PhiIip Sherrard (London: Kegan Paul, 1993), S. 154
12. Hauth, Kleiner Sekten-Katechismus, S. 14.
13. Gemeinsam mit anderen habe ich diese Frage in folgendem Buch angeschnitten: Susan Easton Black, Hrsg., Expressions of Faith: Testimonies 01 Latter-day Saint Scholars (Salt Lake City: Deseret Book und F ARMS, 1996).
14. Siehe dazu Celsus: On the True Doctrine, A Discourse against the Christians. Übers. v. R. Joseph Hoffmann (New York: Oxford University Press, 1987), S. 27,28.
15. I n Kenneth R. Hardys Artikel „Social Origins of American Scientists and Scholars”, Science (9. August 1974), S. 497-506, ist die unverhältnismäßig hohe Zahl an Natunvissenschaftlem dokumentiert, die aus dem amerikanischen HL T -Kulturkreis stammen. (Soeben erfahre ich, dass ein Absolvent der kircheneigenen Brigham Young University 1997 den Nobelpreis für Chemie erhalten hat.) In Erich R. Paul, Science, Religion, and Mormon Cosmology (Urbana; University of Illinois Press, 1992) wird ein Überblick über die Beziehung zwischen Mormonen, ihrer Kirchenlehre und den Naturwissenschaften gegeben. Hätte Hauth Leonard J. Arrington und Davis Bitton, The Mormon Experience: A History ofthe Latter-day Saints (New York: Knopf, 1979), S. 308-335 gelesen, dann hätte er auf seine verächtlichen Verallgemeinerungen vermutlich verzichtet.
16. Hauth, Kleiner Sekten-Katechismus, S. 52.
17. Ebenso in seinem Kleinen Sekten-Katechismus S 37
18. Vgl. S.183; siehe auch Hauth, Kleiner Sekten-Katechismus, S. 42.
19. Hauths Hinweis auf den Glauben der Heiligen der Letzten Tage an eine „Auferstehung” (S. 53) ist äußerst rätselhaft: Die HLT – Vorstellung von der Auferstehung gleicht fast identisch der des orthodoxen Christentums, Judentums und Islams. (Hauths unbezähmbarer Drang zur Lächerlichmachung dürfte hier mit ihm durchgegangen sein.) Vielleicht glaubt er selbst nicht an die Auferstehung, würde dadurch aber höchstens sich selbst außerhalb jede traditionelle Norm orthodoxer Religion stellen – nicht aber die Mormonen.
20. Bruce R. McConkie. Mormon Doctrine (Salt Lake City: Bookcraft, 1966), S. 527.
21. Dies trifft ebenso auf seine Behandlung des Themas der Tempelkleidung zu, auf die ich nicht eingehen möchte. Seine Irrtümer treten manchmal auch ohne scheinbare Absicht auf. So informiert Hauth beispielsweise seine Leser auf Seite 22,58 und 187, dass die Wohnstätte Gottes -laut Buch Abraham – ein Planet namens Kolob ist. (VgL Hauth, Kleiner Sekten-Katechismus. S. 51.) In Abraham 3:9 ist jedoch zu lesen, dass „Kolob nahe an den Thron Gottes gestellt” ist. Vielleicht steckt hinter dieser falschen Darstellung die Absicht, die Lächerlichkeit mormonischer Lehre noch deutlicher zum Ausdruck zu bringen. Die zweimalige Wiedergabe des Titels des Präsidenten der Kirche als „Seher, Prophet und Offenbarer” (S. 25, 143) anstatt als „Prophet, Seher und Offenbarer”, „Diego de Lada” anstatt „Diego de Landa” (S. 85) und „Wilford Woddruff” anstatt „Wilford WoodrufI” (S, 139) dürften jedoch reine Schlampigkeit sein. Auf Seite 174 mischt Hauth Labans Schwert in die Geschichte von Schiz’ Ermordung ein, was nichts anderes beweist, als dass Hauth im Buch Mormon extrem unbewandert ist. Und wo, bitteschön, ist in Lehre und Bündnisse 132 zu lesen, dass die Anzahl der Ehefrauen mit zehn zu begrenzen sei? (Siehe Hauth, Kleiner Sekten-Katechismus, S.40.)
22. Hauth kennt Stephen Robinsons Buch Sind Mormonen Christen? (Bad Reichenhall: LDS BOOKS: 1993), scheint dessen Argumentation jedoch nicht folgen zu können. Im Gegenteil, auf Seite 166 wischt er Robinsons Argumente einfach vom Tisch und sagt: „Mit seinen Ausführungen hat Robinson zu erkennen gegeben, dass er weder von der Reformation noch von der Lehrentwicklung der historischen Kirche etwas versteht.” Ich überlasse dem Leser das Urteil, ob Hauths Kompetenz wirklich dazu ausreicht, dies zu beurteilen, möchte aber darauf hinweisen, dass Professor Robinson an einer der führenden amerikanischen Universitäten in Bibelwissenschaften promoviert hat, dass er sowohl am presbyterianischen Hampden-Sydney College, an der sich im Besitz der Methodistenkirche befindenden Duke University sowie am Lycoming College Religion unterrichtet hat (dort war er auch Vorstand des religionswissenschaftlichen Instituts), ebenso an der Brigham Young University, und dass er der Verfasser zahlreicher und verschiedenster wissenschaftlicher Schriften ist. Angesichts dessen erscheint mir die Richtigkeit von Hauths Beurteilung hochgradig unwahrscheinlich.
23. Vgl. Hauth, Kleiner Sekten-Katechismus, S. 56.
24. Auch die Hauthschen Behauptungen dazu in Kleiner Sekten-Katechismus sind völlig unbewiesene Behauptungen. (5. 44,45.)
25. Hauth, Kleiner Sekten-Katechismus, S. 55,56. In Die .Mormonen, S. 179, bemüht er sich (meiner Ansicht nach völlig unlogisch), Stephen Robinsons patristisches Argument im Sinne eines authentisch urchristlichen Ursprungs der Theosis zu widerlegen. Die Ansichten eines international bekannten Philosophen, die sich in vielem mit der HL T-Lehre vom ewigen Fortschritt und der Vielheit von Göttern oder gottgewordenen Wesen decken, sind bei John H. Hick, Death and Etemal Life (San Francisco: Harper and Row, 1980) zu lesen. (Professor Hick und ich hatten Anfang 1994 anlässlich eines kleinen Symposiums in Jerusalem Gelegenheit, die Ähnlichkeiten beider Standpunkte zu besprechen.)
26. Auf ein und derselben Seite. auf der Hauth Christentum und ontologische Trinität gleichsetzt, :führt er ein Zitat des Mormonen Bill Forrest an, das – bleibt es unwidersprochen – eine gefährliche Bedrohung der naiven Hauthschen Position darstellt. Hauth geht aber nicht im geringsten darauf ein und scheint sich der Gefahr seiner eigenen Position überhaupt nicht bewusst zu sein. (In seinem Kleinen Sekten-Katechismus, S. 104,105 gibt Hauth richtigerweise zu, dass sich im Neuen Testament keine ausgeformte Lehre von der Dreieinigkeit findet.) Was den Anthropomorphismus anbelangt, so sollte Hauth wenigsten die positive Beurteilung der HL T -Lehre durch die Wissenschaftler Edmond LaB. Cherbonnicr C”In Dcfense of Anthroporphisms”) sowie Ernst W. Benz „Imago Dei: Man in the Image of God”) in Reflections on Mormonism: Judaeo-Christian Parallels, hrsg. v. Truman G. Madsen (Provo, Utah: BYU Religious Studies Center, 1978), S. 155-173,201-221 in Betracht ziehen. Seine Argumentation gegen den Anthropomorphismus auf S. 179-181 (vgl. Hauth, Kleiner Sekten-Katechismus. S. 51) besteht größtenteils aus theologisch motivierten Mutmaßungen und leeren Phrasen, aber nicht aus Analysen und Beweisen.
27. Siehe Analysen und Quellenangaben dazu in: Daniel C. Peterson, „Does the Qur’an Teach Creation Ex Nihilo?” in By Study and Also by Faith: Essays in Honor of Hugh W Nibley, hrsg. v. John M. Lundquist und Stephen D. Ricks (Salt Lake City: Deseret Book and FARMS, 1990), I, S. 584-610; siehe auch Peterson und Ricks, Offenders for a Word, S. 95-96.
28. Hauth, Kleiner Sekten-Katechismus, S. 49; vgl. 71,78.
29. Diese Formulierung stammt von Hauth, Kleiner Sekten-Katechismus, S. 16.
30. In seiner . kurzen und oberflächlichen Schilderung der HL T -Kirchengeschichte betont Hauth immer wieder das historisch Negative bis hin zur glatten Übertreibung. Sein kurzer Hinweis auf die „Nachfolgekämpfe” nach Joseph Smiths Tod (siehe S. 27; vgl. auch Hauth, Kleiner Sekten-Katechismus, S. 39) ist meiner Ansicht nach in dieser Wortwahl viel zu stark und daher mangels zusätzlicher Erläuterungen völlig irreführend.
31. Siehe auch Hauth, Kleiner Sekten-Katechismus, S. 36.
32. Siehe Roland H. Bainton. Here I Stand: A Life of Martin Luther (New York und Nashville: Abingdon, 1950), S. 193,362.
33. Siehe dazu Hypostasis of the Archons 90. S. 19-29. Auf derselben Seite kritisiert er auch Joseph Smiths Verwendung der allgemein üblichen englischen Namensform des Gottesnamens Jehova. so als wäre dies ein glatter Fehler anstatt der Verwendung einer eingebürgerten Namensform. (Man verwendet ja auch Salomo anstatt der richtigeren aber eher unschönen Form Schlomo.)
34. Am ehesten bietet er noch auf Seite 184f. eine ordentliche Überlegung zu diesem Thema an.
36. Siehe dazu inkl. zahlreicher Beispiele: Peterson und Ricks, Offenders for a Word, S. 110-117; 36,108.
36. Auf Seite 90 erkennt Hauth einige „äußerliche” Übereinstimmungen zwischen heutigen Riten und denen in den Tempeln des Altertums an. In Die Mormonen ignoriert er jedoch Werke wie: Hugh Nibley, The Message of the Joseph Smith Papyri: An Egyptian Endowment (Salt Lake City: Deseret Book, 1975); Mormonism and Early Christianity (Salt Lake City: Deseret Book und F ARMS, 1987); William 1. Hamblin, „Aspects of an Early Christian Initiation Ritual”, in: By Study and Also by Faith, 1, S. 202-221; Bruce C. Porter und Stephen D. Ricks, „Names in Antiquity: Old., New, and Hidden”, in By Study andAlso by Faith, 1, S. 501-522. Todd M. Compton, „The Handclasp and Embrace as Tokens of Recognition”, in By Study and Also by Faith, 1, S. 611-642; Hugh Nibley, Temple and Cosmos: Beyond This Ignorant Present (Salt Lake City: Deseret Book und F ARMS, 1992); Donald W. Parry, Temples ofthe Ancient World Ritual and Symbolism (Salt Lake City: Deseret Book und FARMS, 1994). Auch das von Truman G. Madsen herausgegebene Buch The Temple in Antiquity: Ancient Records and Modern Perspectives (Provo, Utah: BYU Religious Studies Center, 1984), in dem sowohl Mormonen als auch sehr bekannte Nicht-Mormonen zu Wort kommen, wird mit keinem Wort erwähnt. Es könnte noch jede Menge anderer Werke angeführt werden, was aus Platz- und Geduldsgründen leider nicht durchführbar ist.
37. Siehe z.B. Donald W. Parry, Stephen D. Ricks und lohn W. Welch, Hrsg., A Bibliography on Temples of the Ancient Near East and Mediterranean World (Lewiston, NY.: Meile, 1991); John M. Lundquist, The Temple: Meeting Place of Heaven and Earth (London: Thames and Hudson, 1993). Ein Klassik-Experte und Mormone untersucht Tempelmotivik: Todd M. Compton, „The Whole Token: Mystery Symbolism in Classical Recognition Drama”, Epoche 13 (1985), S. 1-81.
38. Siehe Graydon F. Snyder, Ante Pacem: Archaeological Evidence of Church Life before Constantine (ohne Ortsangabe, Mercer University Press, 1985), S. 67. Siehe dazu auch Hugh Nibleys Artikel „The Passing of the Primitive Church: Forty Variations on an Unpopular Theme”, in Nibley, Mormonism and Early Christianity, S. 168-208, der eine höchst plausible Erklärung dafür anbietet. warum die frühesten Christen keine Tempel oder andere Anbetungsstätten errichtet haben. Dieser Artikel erschien zuallererst in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Church History 30 (Juni 1961, S. 131-154), die nichts mit den Mormonen zu tun hat.
39. Das Religious Studies Center der Brigham Young University hat beide Texte – ohne sich bedroht zu sehen – erst vor kurzem herausgegeben. Siehe Anm. 1.
40. Ambrose Bierce, The Devil’s Dictionary (New York: Hill and Wang, 1957), siehe Stichwort „Absurdity”: „Eine Aussage oder Ansicht, die mit sich mit der eigenen ganz offensichtlich nicht deckt.”
41. Überdruss, die Angst, den Leser zu langweilen sowie immer wiederkehrende Deja-vu-Erlebnisse halten mich davon ab, Hauths Behauptungen und einige wenige der vielen intelligenten Antworten aufzulisten, die bisher veröffentlicht worden sind. Der interessierte Leser möge sich an die Foundation for Ancient Research and Mormon Studies (FARMS) wenden, wo er mehr über die Buch-Mormon-Forschung erfahren sowie Antworten auf die „beliebtesten” Fragen von Kritikern erhalten kann.
42. Siehe dazu William J. Hamblin, „Basic Methodological Problems with the Anti-Mormon Approach to the Geography and Archaeology of the Book of Mormon”, Journal of Book of Mormon Studies 2/1 (1993), S. 161-197. Hauths Tendenz, die Bibel weniger buchstäblich zu nehmen oder ihren Inhalt zu entmythologisieren, wenn dies seiner Polemik in die Hände spielt, wird offenbar im Kleinen Sekten-Katechismus, S. 56,86 sowie in Hauth, Die Mormonen, S. 144-145.
43. vgl. Hauth, Kleiner Sekten-Katechismus, S. 49.
44. John W. Welch, The Sermon at the Temple and the Sermon on the Mount (Sah Lake City: Deseret Books und FARMS, 1990).
45. Eine leicht erhältliche Einführung dazu wäre mein Artikel „News from Antiquity [,Evidence supporting the Book of Abraham continues to turn up in a wide variety of sources’]”, Ensign, Januar 1994, S. 16-21.
46. Siehe z.B. Hugh W. Nibley, The Message of the Joseph Smith Papyri: An Egyptian Endowment (Salt Lake City: Deseret Book, 1975) und Hugh W. Nibley, Abraham in Egypt (Salt Lake City: Deseret Book, 1981).
47. Es wäre eine interessante Übung, Hauths Quellenforschung nachzuvollziehen. Man müsste seine Quellen mit Q wie deutsch Quatsch bezeichnen.
48. Vgl. Hauth, Kleiner Sekten-Katechismus, S. 57.
49. Manchmal stellt Hauth die Lehre der Kirche unpräzise dar (wie z.B. in seiner Erklärung auf S.42 bezüglich Neger und Priestertum, wo die Neger fälschlicherweise mit dem einen Drittel der himmlischen Scharen gleichgesetzt werden, die im vorirdischen Dasein auf der Seite Luzifers waren, oder in seiner fragwürdigen Darstellung der HL T -Eschatologie auf S.81), ohne auch nur die geringste Quelle anzuführen.
50. In der Welt der deutschen Wissenschaft, aus der Hauth stammt, die im großen und ganzen viel standesbewusster als die amerikanische ist, ist der Hauthsche Hinweis auf die Tatsache, dass Brigham Young ein „ehemaliger Zimmermann” (S.27) war, vermutlich dazu angetan, auf die unrühmlichen Ursprünge des Mormonismus und dessen Führer hinzuweisen. Man denke aber an den neutestamentlichen Josef.
51. Siehe z.B.: Richard Lloyd Anderson, Investigating the Book Of Mormon Witnesses (Salt Lake City: Deseret Book 1981).
52. Siehe z.B.: Milton V. Backman, jun., Joseph Smith ‘s First Vision: Confirming Evidences and Contemporary Accounts, 2. Aufl., (Salt Lake City: Bookcraft, 1980); Milton V. Backman, jun., Eyewitness Accounts of the Restoration (Salt Lake City: Deseret Book, 1986).
53. Insbesondere: Richard L. Bushman, Joseph Smith and the Beginnings of Mormonism (Urbana: University of Illinois Press, 1985).
54. Vgl. Hauth, Kleiner Sekten-Katechismus, S. 37.
55. So z.B. bei Hauths Wiedergabe der Offenbarung über die Mehrehe (Seite 28,29) und seiner saloppen Gleichsetzung der Lehren des Buches Mormon mit Joseph Smiths persönlichen Meinungen auf S. 29, 35, 41, 56. (Im Kleinen Sekten’:’Katechismus erklärt Hauth auf S. 39, dass die Mehrehen des Propheten lediglich „außereheliche Beziehungen” waren, womit Hauth wenigstens zu seiner eigenen Beruhigung die Frage nach der Wahrheit von Joseph Smiths Offenbarungen mittels billiger und einfacher Definitionen beantwortet.) Auf S. 41 beschreibt Hauth vergnügt und ohne jeden Beweis, wie der Prophet das Mittel der fortlaufenden Offenbarung zur Ausfiihrung seiner Pläne verwendete (siehe auch S. 57). Selbstverständlich war es aber nicht nur Joseph Smith, der seine Ränkeschmiedereien mit dem Mantel falscher göttlicher Vollmacht umkleidete. Alle Mormonenfuhrer tun dies, so Hauth. Daher und auch aus anderen völlig unerklärlichen Gründen widmet Hauth auf S. 43,44 der im Jahr 1976 von Douglas Wallace ohne Vollmacht vollzogenen Ordinierung eines Negers beträchtlichen Raum. Wallace wurde sofort aus der Kirche ausgeschlossen; Hauth möchte den Leser jedoch glauben machen, dass dieser Vorfall der Anstoß zu der zwei Jahre später erfolgten „neuen Offenbarung” war (man beachte die skeptischen Anführungszeichen). In seinem Kleinen Sekten-Katechismus
wird auf S. 36 die Existenz mehrerer verschieden lautender Schilderungen der Ersten Vision des Propheten Joseph Smith ohne jede Erörterung beschrieben und ohne jeden Hinweis darauf, dass dies auch von Heiligen der Letzten Tage untersucht worden ist – wiederum als Beweis für Joseph Smiths Unehrlichkeit. Als geeignetsten Leseeinstieg dazu empfiehlt sich Backman, Joseph Smith ‘s First Vision, samt Bibliographie.
56. Siehe Gordon A Madsen, „Joseph Smith’s 1826 Trial: The Legal Setting”, BYU Studies 30/2 (Frühjahr 1990), S. 91-108. Man könnte Hauth dieses Versäumnis in seinem Kleinen Sekten-Katechismus (1982) noch nachsehen, Die Mormonen ist aber 1995 erschienen. Es erweist sich als schwierig festzustellen, wann Hauth Die Mormonen eigentlich verfasst hat. Auf S. 9 und 24 gibt er die Dauer der Missionsberufung von HLT-Missionaren mit 18 Monaten an, was den Großteil der Missionare von April 1982 bis November 1984 betrifft. Auf S. 44 und 45 zitiert Hauth die „Offizielle Erklärung” [=AmtIiche Erklärung Nr. 2. Hauth verwendet an keiner Stelle kirchenoffizielle Übersetzungen, sondern gibt das englische Original mit eigenen Worten wieder. Anm. d. Übers.], durch die das Priestertum allen würdigen Männern offensteht und gibt an, dass sich der Text „im Archiv des Autors” befindet. Dies ist verwirrend, ist sie doch seit 1981 Teil des Buches „Lehre und Bündnisse”. Auf S. 64, 66 und 89 zitiert Hauth Mitglieder- und Tempelstatistiken aus dem Jahr 1994.
57. Zur Einführung hätte er Hugh W. Nibleys Artikel The World and the Prophets (Salt Lake City; Deseret Book und FARMS, 1987) sowie mehrere der Nibleyschen Aufsätze in Mormonism and Early Christianity lesen können.
58.Vgl. Hauth, Kleiner Sekten-Katechismus, S. 56; auch im Zusammenhang mit der Wachturm-Gesellschaft, S. 11
59. Siehe auch Hauth, Kleiner Sekten-Katechismus, S. 52, 56.
60. Es existieren zahlreiche Untersuchungen der Problematik rund um den Begriff „Magie”. Siehe z.B. von Stephen D. Ricks und Daniel C. Peterson, „Joseph Smith and ,Magic’: Methodologica1 Reflections on the Use of the Term”, in: „To Be Learned is Good If…”, hrsg. v. Robert L. Millett (Salt Lake City: Bookcraft, 1987), S. 129-147; John Gee, „Abracadabra, Isaac and Jacob”, Review of Books on the Book of Mormon 7/1 (1995): S. 46-71.
61. Siehe dazu Robert L. Wilken, The Christians as the Romans Saw Them (New Haven: Yale University Press, 1984), S. 98-100; Hoffmann, Celsus: On the True Doetrine, S. 24-26.
62. D. Michael Quinn, Early Mormonism and the Magie World View (Sa1t Lake City: Signature Books, 1987); John L. Brooke, The Refiner ‘s Fire: The Making of Mormon Cosmology, 1644-1844 (Cambridge: Cambridge University Press, 1994).
63. Kritische Besprechungen von Quinns Buch: Stephen D. Ricks und Daniel C. Peterson, „The Mormon as Magus”, Sunstone 12 (Januar 1988), S. 38,39. Eine gründliche Besprechung von Brookes Buch bieten William J. Hamblin, Daniel C. Peterson und George L. Mitton in „Mormon in the Fiery Furnace or, Loftes Tryk Goes to Cambridge”, Review of Books on the Book of Mormon 6/2 (1994), S. 3-58. Eine kürzere Fassung dessen findet sich in BYU Studies 34/4 (1994-1995), S. 167-181.
64. Wilken, The Christians as the Romans Saw Them, S. 98-100. Als Beispiel vieler Ansichten moderner Wissenschaftler sei angeführt: Morton Smith, Clement of Alexandria and a Secret Gospel of Mark (Cambridge: Harvard University Press, 1973); Morton Smith, Jesus the Magician (San Francisco: Harper and Row, 1981). Wie schon aus dem Titel hervorgeht, wird Jesus in diesen Werken als Zauberer beschrieben.
65. Siehe z.B. Marvin Meyer und Richard Smith, Hrsg., Ancient Christian Magic: Coptie Texts of Ritual Power (San Francisco: Harper, 1994). Das Buch von Henry Maguire, Hrsg., Byzantine Magic (Washington, D.C.; Dumbarton Oaks, 1995) bietet unterschiedliche Perspektiven einer christlich-magischen Tradition an. Eindeutige christlich-magische Texte: Hans Dieter Betz, Hrsg., The Greek Magical Papyri in Translation, including the Demotic Spells, 2. Aufl., (Chicago: University of Chicago Press, 1992), John G. Gager, Hrsg., Curse Tablets and Binding Spells from the Ancient World (New York: Oxford University Press, 1992). Neuplatonische Philosophie als gemeinsame Sprache der moslimischen und christlichen Magie: William J. Hamblin und Daniel C. Peterson, “Neoplatonism and the Medieval Mediterranean Magical Traditions”, Incognita: International Journal for Cognitive Studies in the Humanities 2 (1991), S. 217-240.
66. Matthäus 12:40, Lukas 23:42,43 und Epheser 4:8-10 könnten sich ebenfalls darauf beziehen. Leslie Ross zitiert in diesem Zusammenhang in Medieval Art: A Topical Dictionary (Westport, Conn.:Greenwood, 1996) auch Matthäus 12:40 sowie Apostelgeschichte 2:24,27,31. Jennifer Speake erwähnt in The Dent Dictionary of Symbols in Christian Art (London: Dent, 1994) auch, dass Matthäus 27:52 und Psalm 24:7 von den Christen im Mittelalter als Beweis für diese Lehre angeführt wurden.
67. Diane Apostolos-Cappadona, Dictionary of Christian Art (New York: Continuum, 1994), S. 104.
68. Der lateinische Text dieser Glaubensbekenntnisse kann bei Philip und David S. Schaff, Hrsg., The Creeds of Christendom (Grand Rapids, Michigan: Baker, 1983) nachgelesen werden.
69. Walter Lowrie, Art in the Early Church (New York: Pantheon Books, 1947), S. 184, 187 und Tafel 100a. Vgl. auch die ähnliche Szene auf der Vorderseite des Altars in Salerno, Tafel 124b. Bei Ross, Medieval Art, S. 11, wird Byzanz als Urspung der künstlerischen Darstellung dieses Motivs in ganz Europa angegeben.
70. Jacques Le Goff, The Birth of Purgatory, übers. v. Arthur Goldhammer (Chicago: University of Chicago Press, 1984), S. 44. Eine gute englische Übersetzung relevanter Texte findet sich bei J.K. Elliott, Hrsg., The Apocryphal New Testament (Oxford: Clarendon, 1993), S. 185-204.
71. K.M. Openshaw, „The Battle between Christ and Satan in the Tiberius Psalter”, Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 52 (1989), S. 14-33. Das Zitat stammt von S. 19.
72. Siehe Gilbert Thurlow, Biblical Myths and Mysteries (New York: Octopus Books, 1974), S. 56 und Titelbild.
73. Eine Untersuchung mit Quellenangaben liefert R.E. Kaske in „Piers Plowman and Local Iconography: The Font at Eardisley, Herfordshire”, Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 51 (1988), S. 184-186. Auffallenderweise stellte der normannische Bildhauer Gott Vater und Sohn völlig identisch dar. Vgl. 2. Korinther 4:4; Kolosser 1:15 und Hebräer 1: 1-3. In seinem bekannten Wentworth-Brief schrieb Joseph Smith, dass der Vater und der Sohn, als sie ihm im Frühling 1820 erschienen waren, „einander in Aussehen und Gestalt genau glichen”. (Backman, Joseph Smith ‘s First Vision, S. 169.)
74. Apostolos-Cappadona, Dictionary of Christian Art, S. 104.
75. Abbildungen dieser Werke befinden sich in C.R. Morey, Christian Art (London and New York: Longmans, Green, 1935), S. 86, und in Sartell Prentice, The Voices of the Cathedral: Tales in Stone and Legends in Glass (New Y ork: Morrow, 1938). Kritiker der Lehre von der Wiederherstellung des Evangeliums behaupten immer wieder, dass die in Matthäus 16: 18, 19 gegebene Verheißung („und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen”) beweise, dass es niemals einen Abfall vom wahren Glauben geben werde. Dies stimmt nicht. Diese „Mächte” (in der eng!. King-James-Bibel steht hier „gates of hell”, also „Pforten der Hölle”; die deutsche Revidierte Elberfelder Bibel schreibt „des Hades Pforten”; im griech. Original steht , also: „Pforten des Hades”. Anm. d. Übers.) beziehen sich auf den Hades, d.h. auf den Tod und die Geisterwelt. Sie haben eigentlich nichts Böses an sich, sondern öffnen sich allen Toten, mögen diese rechtschaffen gewesen sein oder nicht. Die Verheißung Christi an Petrus bezieht sich auf die errettenden Schlüssel des Priestertums, die er empfangen wird und die über die Pforten der Geisterwelt hinaus gültig sein werden. Die Erzählungen und bildlichen Darstellungen, wie Christus die Pforte zerstört, stellen dies bildhaft dar. (Interessanterweise steht in den aus dem 2. Jahrhundert stammenden, der Göttin Isis geweihten heidnischen Metamorphosen oder Der güldene Esel des Apuleis [XI.2l]: „Sowohl die Pforten des Todes als auch die Schutzherrschaft über das Leben lagen in den Händen der Göttin.” Siehe Apuleius, Metamorphoses, übers. v. J. Arthur Hanson [Cambridge: Harvard University Press, 1989],2:333. Im Gegensatz dazu wird in der Übersetzung von Der güldene Esel (The Golden Ass, übers. v. P.G. Walsh, [Oxford: Oxford University Press, 1995]S. 232, die lat. Textstelle inferum claustra et salutis tutelam mit „die Pforten der Hölle und die Zusicherung der Errettung” übersetzt. Im unmittelbar darauffolgenden Satz beschreibt Apuleius interessanterweise ein geheimes Ritual des Isis- Tempels, das dies zum Ausdruck bringen soll.)
76. Zit. bei Le Goff, The Birth of Purgatory, S. 264, 265.
77. Dante, Die Göttliche Komödie – Inferno, 4. Gesang, 53-63. Universal-Bibliothek, Nr. 796, Philipp Rec1am, 1951. Vgl. auch 21. Gesang, 106-114.
78. Ein Stück aus dem York-Zyklus zu diesem Thema (York 37) ist in der mittelenglischen Orginalfassung zu lesen. Siehe Peter Happe, Hrsg., English Mystery Plays: A Selection (Harmondsworth: Penguin, 1975), S. 552-566. Happe erklärt auf S. 552 richtigerweiser, dass der Descensus „Teil des Glaubensbekenntnisses” sei, behauptet jedoch seltsamerweise, dass er „nicht auf der Bibel fuße”.
79. Thurlow, Biblical Myths, S. 53.
80. Siehe z.B. Wolfgang Stechow, Dürer and America (Washington: National Gallery of Art, 1971), S. 142,177,187 (Abb. 53,130,182).
81. Ich zitiere die aus dem Jahr 1801 stammende amerikanische Revision. Die engl. Übersetzung des lat. Originals (1563) und die aus dem Jahr 1571 stammende engl. Übersetzung wird zit. bei Schaff und Schaff, The Creeds of Christendom, 3:488.
82. F.L. Cross und E.A. Livingstone, Hrsg., The Oxford Dictionary of the Christian Church (Oxford: Oxford University Press, 1983), S. 395. Siehe auch die ausführliche Behandlung dieses Themas bei Josef Kroll, Gott und die Hölle: Der Mythos vom Descensuskampfe (Leipzig: Teubner, 1932) sowie bei J.A. MacCulloch, The Harrowing of Hell: A Comparative Study of an Early Christian Doctrine (Edinburgh: Clark, 1930). Leider kann hier keine Zusammenfassung erfolgen. Zbigniew Izydorczyks Werk „The Legend of the Harrowing of Hell in Middle English Literature” (Diss., University of Toronto, 1985) war mir leider nicht zugänglich. Ich möchte jedoch folgendes anmerken: Elizabeth Livingstone, die noch lebende Mitherausgeberin des Oxford Dictionary zeigte eine bemerkenswerte Bereitwilligkeit, falsche Ansichten über die Mormonen zu revidieren, als ich ihr einige schriftliche Aufklärungen lieferte. (Man vergleiche den Artikel zum Stichwort „Mormonen” der 2. Ausgabe mit der fehlerstrotzenden ersten Ausgabe. Mein diesbezüglicher Brief brachte mir die schier „unendliche” Ehre der Erwähnung in der langen Dankesliste des Vorworts auf S. viii ein.) Natürlich wurde das Oxford Dictionary von Fachwissenschaftlern und nicht von Debattierern verfasst. Sein Zweck ist Informierung und nicht Defamierung. Die Zeit wird Rüdiger Hauths wahre Absichten ans Tageslicht bringen.
83. Hauth, Kleiner Sekten-Katechismus, S. 57. Seine Erörterung dieser Frage auf Seite 57 und 58 des Kleinen Sekten-Katechismus ist wie immer seicht und ohne jede Beweisführung. Sie ist sogar schwächer als das Buch von David A. Reed und John R. Farkas, Mormons Answered Verse by Verse (Grand Rapids, Michigan: Baker, 1992), S. 85-87, das schon ziemlich übel ist.
84. Neudruck in Mormonism and Early Christianity, S. 100-167. Siehe auch die Quellenangaben bei Peterson und Ricks, Offenders for a Word, S. 108-110. Der protestantische Philosoph. Stephen Davis will in seinem Buch Risen lndeed: Making Sense of the Resurrection (Grand Rapids, Michigan: Eerdmans, 1993) die Auferstehung so verstanden wissen, wie dies auch die Heiligen der Letzten Tage tun und verwendet dazu ebenfalls die Schriftstelle 1. Korinther 15:29 sowie 1. Petrus. Prof. Davis’ Buch ist aus verschiedenen Gründen empfehlenswert, nicht zuletzt auch im Zusammenhang mit obiger Problematik.
85. Hans-Diether Reimer, „Mormonen”, bei Volker Drehsen, Hermann Häring, Karl-Josef Kuschel und Helge Siemers, Hrsg., Wörterbuch des Christentums (München: Orbis, 1995), S. 836,837. Reimer zitiert in seiner Bibliographie Hauth, was darauf schließen lässt, dass er auch an anderer Stelle Hauth als Quelle für seine Artikel über die Mormonen verwendet hat. Zufalligerweise hat der Tübinger Theologe Hans-Josef Kuschel, einer der Mitherausgeber des Wörterbuchs, im Jahr 1994 an einer Fachtagung in Jerusalem teilgenommen, bei der ich Gelegenheit hatte, mich mit John Hick auszutauschen (siehe Anm. 25). Kuschel und ich trafen uns im Studienzentrum für Nahoststudien der Brigham Y oung University. Meinem Gefühl nach haben unsere Gespräche, sowie ein ähnliches Gespräch mit ihm anlässlich einer Tagung in Österreich im Jahr zuvor, wie auch das Nahoststudienzentrum selbst, von dem Professor Kusche! sehr beeindruckt war, dazu geführt, dass er die Mormonen nun ein wenig ernster nimmt. Die Hauth-Reimersche Darstellung der Mormonen (die 1. Aufl. des Wörterbuchs stammt aus dem Jahr 1988) würde – abgesehen vielleicht von einem Psychiater – niemanden dazu bringen, die Mormonen ernst zu nehmen.
86. Jesse Helm, ein Politiker aus dem Bundesstaat Delaware, griff während der Debatte im US-Senat ein geplantes Gesetz gegen „Verbrechen aus Hass” an. Orrin Hatch, der einflussreiche Vorsitzende des Senats-Rechtsausschusses, der für das geplante Gesetz eintrat, „erwiderte ihm, indem er eigene Erlebnisse berichtete, wie er als Mormone Opfer von religiösen Fanatismus geworden war”. Siehe David Brock, „The Real Orrin Hatch”, The American Spectator 30 (November 1997): 40; siehe S. 36-41.
87. Memorandum von Richard Stout vom 17. Oktober 1997 an „Mitchristen, die mit dem Vertrieb von Lehrmitteln oder Beratung von Heimschülern, Lehrplantagungen oder Konferenzen befasst sind”.
88. „Dr.” Martins und Deckers politisches Lobbying gegen die Mormonen wird kurz bei Peterson in: „PT Bamum Redivivus”, S. 63-66 angeschnitten.
89. Robin L. Fox, Pagans and Christians (San Francisco: Harper and Row, 1988), S. 117. Alte Tex:te zeigen, „wie schwer es ist, infolge des mit der Magie einhergehenden Zwanges zwischen ,Magie’ und ,Religion’ einen Trennstrich zu ziehen. Außerdem wurde Zwang ja auch ganz unverhohlen in der Religion verwendet, was die Erforschung der Magie als neue Form der Irrationalität eindeutig erschwert.”
90. Und was meint Hauth eigentlich, wenn er behauptet, dass der Mormonismus eine „fremde” Religion sei? Hält er das Christentum für eine arische Erfindung?
91. Massima Introvigne, „Old Wine in New Bottles: The Story behind Fundamentalist Anti-Mormonism”, BYU Studies 35/3 (1995-96), S, 45-73,
92. Brigham D. Madsen, „Reflections on LDS Disbelief in the Book of Mormon as History”, Dialogue, 30/3 (1997), S. 87-97.
93. Siehe z.B. Review of Books on the Book of Mormon 6/1 (1994). Diese Sammlung von Reaktionen auf Metcalfes Anthologie misst beinahe 600 Seiten. So zu tun, als ob dies nicht existiere, muss Mr. Madsen und dessen Herausgeber bei Dialogue einiges an Nerven gekostet haben. Nachträgliche Reaktionen auf Metcalfes Buch bzw. auf einzelne darin enthaltene Artikel: Ross David Baron, „Melodie Moench Charles and the Humanist Worldview”, Review of Books on the Book ofMormon 7/1 (1995), S. 91-119; Alan Goff, „Uncritical Theory and Thin Description: The Resistance to History”, Review of Books on the Book of Mormon 7/1 (1995), S. 170-207; Martin S. Tanner, Buchbesprechung von Melodie Moench Tanners Artikel „Book of Monnon Christology”, Review of Books on the Book ofMormon 7/2 (1995), S. 6-37; Kevin Christensen, „Paradigms Crossed”, Review of Books on the Book of Mormon 7/2 (1995), S. 144-218: William 1. Hamblin, „The Latest Straw Man”, Journal of Book ofMormon Studies 4/2 (1995), S. 82-92; John Wm. Maddox, „A Listing of Points and Counterpoints”, FARMS Review of Books 8/1 (1996), S. 1-26; Alan Goff, „Historical Narrative, Literary Narrative-Expelling Poetics from the Republic of History”, Journal of Book of Mormon Studies 5/1 (1996), S. 50-102; Massimo Introvigne, „The Book ofMonnon Wars: A Non-Mormon Perspective”, Journal of Book of Mormon Studies 5/2 (1996), S. 1-25.
94. Madsen, „Reflections on LDS Disbelief’ , S. 96.
95. Ronald V. Huggins, „Did the Author of 3 Nephi Know the Gospel of Matthew?”, Dialogue 30/3 (1997), S. 137-148.
96. John W. Welch, The Sermon at the Temple and the Sermon on the Mount (Salt Lake City: Deseret Book undFARMS, 1990).
97. Huggins, „Did the Author of 3 Nephi Know the Gospel of Matthew?”, S. 145.
98. Todd Compton, Buchbesprechung von The Sermon at the Temple and the Sermon on the Mount, von John W. Welch, Review of Books on the Book of Mormon 3 (1991), S. 321.

 

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Last Updated November 07, 2009
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