Dreifaltigkeit und das Gottesbild der Mormonen – ein Vergleich
Rene A. Krywult
FAIR Konferenz 2013
Darmstadt, Deutschland
15. 06. 2013
Einleitung
Im Jahr 451 nach Christus trennten sich die altorientalischen von den anderen Kirchen des Christentums über der Frage, ob Jesus Christus nur eine Natur oder zwei, eine menschliche und eine göttliche habe.
Dieser Kirchenstreit sollte über 1500 Jahre dauern, bis man endlich erkannte, dass man mit unterschiedlichen Worten das Gleiche glaubte, es also nicht um unterschiedliche Konzepte, sondern nur unterschiedliche Worte ging, wenn auch in einem zentralen Thema. 1500 Jahre, um zu verstehen, was die jeweils andere Kirche eigentlich meint.
Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage wurde vor nunmehr 183 Jahren wiederhergestellt, und es wundert daher nicht, dass andere christliche Kirchen oftmals nicht verstehen, was Lehre der Kirche in Bezug auf Gott ist, und es wundert auch nicht, dass es über das Gottesbild traditioneller christlicher Kirchen unter Mormonen gewaltige Missverständnisse gibt.
Im Folgenden möchte ich in erster Linie nicht ein Konzept beweisen und andere widerlegen, sondern vielmehr einer Zuhörerschaft von Heiligen der Letzten Tage eine Einführung in die Geschichte und den Inhalt traditionell christlicher Trinitätslehren geben und einer traditionell christlichen Zuhörerschaft ermöglichen, das mormonische Gottesbild etwas besser einordnen zu können. Es geht auch nicht darum, die dazugehörigen Konzepte und Ideen erschöpfend zu behandeln, sondern einen Eindruck zu verschaffen.
Begriffserklärung
Trinität, Dreifaltigkeit, Dreieinigkeit, das ist ein Begriff, der erstmals von Quintus Septimius Florens Tertullian verwendet wurde. Es ist ein lateinisches Kunstword, gebildet aus den Wörtern „tres” – drei – und „unitas” – Einheit, also Dreieinigkeit, oder eigentlich Dreinigkeit. In den griechisch sprechenden Kirchen dagegen wird bis auf den heutigen Tag von „trias” – Dreiheit gesprochen. Das Konzept aller Trinitätslehren ist, dass es drei Personen gibt, den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, die aber doch ein Gott sind.
Tertullian lebte von 160 bis 225 n.Chr. in der römischen Provinz Karthago. Er war der erste christliche Gelehrte, der auf Latein schrieb. Mit seiner Wortwahl und Argumentation prägte er das westliche Christentum massiv.
Gegner der Dreifaltigkeitslehre beeilen sich, folgenden Schluss zu ziehen: Da nun dieser lateinische Begriff Trinitas erstmals im Jahr 225 verwendet wurde, ist klar, dass er sich nicht in der Bibel finden kann. Und auch unter trinitarischen Gelehrten gibt es hierzu einen breiten Konsens. So sagt zum Beispiel J.N.D. Kelly:
„Von einer Trinitätslehre im engeren Sinne gibt es natürlich kein Zeichen, obwohl die triadischen Formeln der Kirche ihre Spuren überall hinterlassen haben.”[1]
Von der Bibel zur Trinitätslehre – Traditionelles Christentum
Der Gott der Bibel
Eingliedrige Formeln
Wie kommt man dann aber von der Bibel zur Trinitätslehre? Ist die Trinität ein unbiblisches Konstrukt?
Die Basis hierzu findet sich im Neuen Testament, wo wir ein-, zwei- und dreigliedrige bekenntnisartige Formeln finden, also Textteile, die immer wieder in der gleichen Form wiedergegeben werden, um den Glauben zu bezeugen. Hierzu ein paar Beispiele, zuerst zu eingliedrigen Formeln:
Herr ist Jesus![2]
damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu
und jeder Mund bekennt: „Jesus Christus ist der Herr”[3]
Wer ist der Lügner – wenn nicht der, der leugnet, dass Jesus der Christus ist?[4]
Thomas antwortete ihm: Mein Herr und mein Gott![5]
Es geht also um Formeln, die darlegen, dass Jesus Gott ist, dass er der HERR ist, ein Titel der im Judentum statt dem Gottesnamen verwendet wurde, der Sohn Gottes, der Gesalbte, der Erlöser, der Erretter. Es handelt sich also um christologische Formeln. Jesus wird also mit dem Jahwe des Alten Testamentes gleichgesetzt.
Zweigliedrige Formeln
Kommen wir nun zu zweigliedrigen oder binitarischen Formeln:
So haben doch wir nur einen Gott, den Vater. Von ihm stammt alles und wir leben auf ihn hin. Und einer ist der Herr: Jesus Christus. Durch ihn ist alles, und wir sind durch ihn.[6]
Ich gebiete dir bei Gott, von dem alles Leben kommt, und bei Christus Jesus, der vor Pontius Pilatus das gute Bekenntnis abgelegt hat und als Zeuge dafür eingetreten ist:[7]
Ich beschwöre dich bei Gott und bei Christus Jesus, dem kommenden Richter der Lebenden und der Toten, bei seinem Erscheinen und bei seinem Reich[7]
Denn David hat, vom Heiligen Geist erfüllt, selbst gesagt: Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich mir zur Rechten und ich lege dir deine Feinde unter die Füße[9]
An alle in Rom, die von Gott geliebt sind, die berufenen Heiligen: Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.[10]
Jakobus, Knecht Gottes und Jesu Christi, des Herrn, grüßt die zwölf Stämme, die in der Zerstreuung leben.[11]
Hier ist also zwischen Gott Vater und Jesus Christus unterschieden. Gleichzeitig werden sie in ein besonderes Naheverhältnis gerückt, das noch genauer zu definieren ist.
Dreigliedrige Formeln
Schauen wir uns nun die dreigliedrigen oder triadischen Formeln an, die Kelly angesprochen hat:
Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes,[12]
- Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber nur den einen Geist.
- Es gibt verschiedene Dienste, aber nur den einen Herrn.
- Es gibt verschiedene Kräfte, die wirken, aber nur den einen Gott: Er bewirkt alles in allen.[13]
- von Gott, dem Vater, von jeher ausersehen und durch den Geist geheiligt, um Jesus Christus gehorsam zu sein und mit seinem Blut besprengt zu werden.[14]
Zusammenfassung
Deutlich zeigte sich für die ersten Christen: Jesus ist Gott. Der Vater ist Gott. Der Heilige Geist ist Gott. Und gleichzeitig sagt das Alte und das Neue Testament:
Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr.[15]
Im Gespräch mit Nichtchristen Juden und Nichtjuden – musste diese Glaubensaussage, dieser Widerspruch hinterfragt und erklärt werden. Die Nichtjuden empfinden die Christen als Atheisten, die Juden sehen die Christen aber als Polytheisten.
Wie sag Ich’s meinem Nachbarn?
Im zweiten Jahrhundert nach Christus wird diese Diskussion von Philosophen angeführt. Sie bedienen sich der Sprache der griechischen Philosophen und der Septuaginta, um die Glaubenswahrheiten sowohl den gelehrten Nichtjuden als auch – vor allem den hellenistischen – Juden schmackhaft zu machen. Es geht also um Antwort auf die Fragen: „Wie ist Euer Gott? Woran glaubt Ihr eigentlich?”
Diognetbrief
So schreibt der unbekannte Autor des Briefes an Diognet Mitte des 2. Jahrhunderts:
[..] der allmächtige Schöpfer und unsichtbare Gott selbst, er hat[..]sein heiliges und unfassbares Wort vom Himmel her unter den Menschen Wohnung nehmen lassen [..] den Schöpfer und Bildner des Alls selbst, [..] dem alles unterworfen ist, die Himmel und was im Himmel, die Erde und was auf Erden [..] ist. Diesen hat er zu ihnen gesandt[..] In Milde und Sanftmut schickte er ihn, wie ein König einen Königssohn sendet, als einen Gott sandte er ihn, wie einen Menschen zu Menschen sandte er ihn, zur Erlösung schickte er ihn[..][16]
Unterschieden wird hier zwischen dem allmächtigen Schöpfer und dessen heiligem Wort, in Anlehnung an den Johannesprolog. Diese Unterscheidung wird deutlich gemacht mit dem Bild: Wie ein König einen Königssohn sendet, oder wie es eine andere Übersetzung ausdrückt: „wie ein König seinen Sohn, der ein König ist”.
Justin der Märtyrer
Justin, der Märtyrer und Philosoph, legt im Dialog mit einem gelehrten Juden, Trypho, dar:
„Die Schrift kennt ihr. Nun will ich versuchen, euch zu überzeugen von meiner Behauptung, es stehe unter dem Weltschöpfer noch ein anderer (wörtlich: zweiter) Gott und Herr, von ihm werde auch Erwähnung getan, und er werde Engel genannt, weil er den Menschen verkünde, was der Weltschöpfer, über dem kein anderer Gott steht, denselben verkünden will.”[17]
Justin führt dann aus, dass der Sohn vom Vater unterschieden werden kann, jedoch alle Eigenschaften des Vaters hat, ohne den Vater dadurch in Seinen Eigenschaften zu schmälern.[18]
Sowohl der Diognetbrief als auch Justins Dialog zeigen eine klare Betonung der Personen, so sehr, dass Justin sogar von einem „zweiten Gott” sprechen kann.
Der Gott der Philosophen
Athenagoras
Über Athenagoras wissen wir nur, dass er ein unbekannter Philosoph aus Athen war, der sich zu Christus bekehrt hatte und an den Kaiser schrieb. Während Justin und der Diognetusbrief primär vom Vater und vom Sohn als Gott reden, spricht Athenagoras vom Vater, dem Sohn und dem Geist:
„Vater und Sohn sind eins. Da der Sohn im Vater und der Vater im Sohne ist durch die Einheit und Kraft des Geistes, so ist der Sohn Gottes der Gedanke (Nus) und das Wort (Logos) des Vaters. [..]
Indes ist nach unserer Lehre auch der Heilige Geist, welcher sich in den Propheten wirksam erweist, ein Ausfluß Gottes, ausfließend und zurückkehrend wie ein Sonnenstrahl. Wer sollte sich da noch auskennen, wenn er Leute, die einen Gott Vater und einen Gott Sohn und einen Heiligen Geist bekennen und nachweisen, dass dieselben mächtig sind in der Einigung und verschieden in der Ordnung, als Atheisten verschreien hört?”
Theophilus
Theophilus, 6. Bischof von Antiochia, ist der erste, der den griechischen Begriff „trias”, also Dreiheit, auf Gott anwendet:
„Auf dieselbe Weise sind auch die drei Tage, welche der Schöpfung der Lichter vorangingen, ein Sinnbild der Dreiheit: Gottes, seines Wortes [Logos] und seiner Weisheit [Sophia].”[19]
Wie Athenagoras greift auch Theophilus die Logos-Lehre des Johannesprologs auf und deutet sie durchaus in Begriffen des Platonismus.
Da es also in erster Linie Philosophen waren, die das Christentum den nichtchristlichen Philosophen schmackhaft machen wollten – und damit durchaus Erfolg hatten – wundert es nicht, dass Philosophie immer wichtiger wurde. Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI, beschreibt diese Entwicklung so:
„Nichts von alledem verehren und meinen wir, wenn wir Gott sagen, sondern allein das Sein selbst, das, was die Philosophen als den Grund alles Seins, als den Gott über allen Mächten herausgestellt haben – nur das ist unser Gott.”[20]
Irenäus von Lyon
Ein Meilenstein in diese Richtung ist auch Irenäus von Lyon. Er lebte während massiver Christenverfolgung und meinte, dass nur eine geeinte christliche Front die Verfolgung überstehen könnte. Daher arbeitete er massiv an der Festlegung dessen, was christliche Lehre sei und was nicht. Folgen davon waren die Einführung eines Kanons der Heiligen Schrift, Einführung von Glaubensbekenntnissen, nicht nur im Rahmen der Taufe sondern als unterscheidendes Merkmal zwischen Rechtgläubigkeit und Irrlehre, Rückdrängung von Prophetie und Entwicklung einer systematischen Theologie.
„Da passen die einen das Vieldeutige durch Erklärung, die andern durch grobe Fälschung ihrem Phantasiegebilde an und führen aus dem Lande der Wahrheit in ihre Gefangenschaft diejenigen, die keinen festen Glauben bewahren an den einen Gott, den allmächtigen Vater und an den einen Herrn, Jesus Christus, den Sohn Gottes.” Irenäus verwendet das Bild des Vaters, der zwei Hände hat, den Sohn und den Geist.
Monarchianismus und Subordination
Diese Aufnahme der griechischen Philosophie in die Art und Weise, wie über Gott gesprochen wurde, verlangte nun immer genauere Definitionen. So wurden verschiedene Modelle vorgebracht.
Monarchianismus
Der Monarchianismus ist eine der Bewegungen, die versuchte, die Einheit Gottes zu wahren. Dazu wurden zwei Möglichkeiten vorgebracht.
Dynamischer Monarchianismus
Einige Theologen sahen nur den Vater als Gott an. Jesus ist für sie ein ganz normaler Mensch (wenn auch auf übernatürliche Weise gezeugt) gewesen, bis er von Gott adoptiert wurde. Manche nannten als Adoptionszeitpunkt die Taufe, andere die Auferstehung Jesu. Ab dann sei Jesus von Gott auf eine Zwischenstufe zwischen Gott und Mensch gehoben.
Modalistischer Monarchianismus
Die zweite Position des Monarchianismus, der Modalismus, ging den anderen Weg: Vater, Sohn und Geist sind nur drei Erscheinungsweisen des einen Gottes. Gott ist in diesem Bild ein Schauspieler, der nach Bedarf verschiedene Rollen, nämlich die des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes spielt.
Deswegen tauften sie auch nur im Namen Jesu Christi und nicht im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Die häufigste Form des Modalismus war die von Sabellius verkündete, dass nämlich Vater, Sohn und Geist drei zeitlich aufeinanderfolgende Erscheinungsformen desselben Wesens sind.
Subordination
Dagegen argumentierten westliche und östliche Gelehrte. Die wichtigsten Kirchenväter sind hier Tertullian, Hippolytus von Rom, Novatian und Origenes.[21]
Gegen den dynamischen Monarchianismus wurde angeführt, dass die Schrift Jesus schon vor der Taufe, ja sogar schon vor der Schöpfung als Gott und als Wort Gottes bezeichnet.
Noch weiter daneben lag für sie aber der Modalismus, da hier nicht der Sohn im Wasser gestanden wäre, als bei Jesu Taufe der Vater vom Himmel sprach und der Geist in Form einer Taube herabkam, sondern der Vater selbst, ja, sogar dass nicht der Sohn für die Sünden der Welt gelitten hätte, sondern der Vater. Man karikierte daher den Modalismus als „Patripassionismus”, als Lehre vom Leiden des Vaters.
Die Antwort lag für diese Theologen, allen voran Origenes, in der Unterordnung des Sohnes und des Geistes unter den Vater. Der Vater war „Gott selbst”, während der Sohn und der Geist „auch Gott” waren. Man redete vom Vater als „Gott”, wie es das Neue Testament meist tut, vom Sohn als Gottes Weisheit und vom Heiligen Geist als Gottes Heiligkeit. Die Quelle der Gottheit war der Vater, aber dieser war ohne den Sohn und den Geist nicht denkbar.
Es begann hier jedoch schon eine Trennung zwischen Ost- und Westkirche. Im Westen wurde die Einheit Gottes als das leicht Verständliche gesehen, und wie dieser eine Gott drei Personen sein kann, war ein Mysterium, während im Osten die Dreiheit zentral war und blieb. Wie die drei Personen ein Gott sein können, das war hier das Geheimnis des Glaubens. Daraus ergab sich für den Osten: Das Zentrum Gottes, „Gott selbst”, von dem alle Macht ausgeht, ist nach wie vor der Vater – wie im Neuen Testament. Der Sohn und der Heilige Geist empfangen Gottes Macht. Für den Westen ist jedoch die Trinität das Zentrum.
Konzil von Nizäa und die Folgen
Wir kommen jetzt zu einem der wichtigsten Kapitel, dem Konzil von Nizäa. Für viele fundamentalistische Christen, sowie für Christen, die die Dreifaltigkeit ablehnen, ist dieses Konzil der Stein des Anstoßes. Die Sonntagsheiligung statt der Sabbatheiligung sei hier eingeführt worden, das Osterfest statt des Pessachfestes, die Dreifaltigkeit statt der einfachen Lehre von Gott, so hört man des Öfteren. Und das alles, weil ein machtgieriger Kaiser das Christentum in seine Dienste zwang, so hört man.
Diese Negativsicht ist so nicht haltbar.
Während es tatsächlich Beschlüsse zu all diesen Themen gab und während tatsächlich Kaiser Konstantin den Ausgang des Konzils beeinflusste, waren all diese Themen, besonders das Thema der Trinität schon lange vorbereitet. Sehen wir uns die Kontrahenten und ihre Positionen einmal an.
Arius
Der Streit begann, als Arius, ein Ältester in Alexandrien, seinem Bischof Sabellianismus vorwarf. Dagegen hielt er, dass es eine Zeit gegeben habe, als es den Logos noch nicht gegeben hatte. Daher sei der Sohn ein Geschöpf Gottes, nicht aber Gott selbst. Damit machte er aus der funktionellen Subordination eine onthologische:
Der Sohn ist das erste Geschöpf des Vaters und daher grundsätzlich dem Vater unähnlich. Der Sohn kann nicht „wahrer Gott” sein, denn „wahrer Gott” ist nur einer, der Vater.
Athanasius
Sein Gegenspieler, zuerst Diakon und persönlicher Sekretär des Bischofs Alexander, später selbst Bischof von Alexandrien, ist der 46 Jahre jüngere Athanasius.
Er argumentiert Linie von der Erlösung des Menschen her. Unstrittige Lehre der Kirche war, dass der Mensch durch die Gnade Jesu, durch das Sühnopfer, so werden kann, wie Gott ist. Wenn der Sohn nun gar nicht wirklich Gott ist, wie kann er uns zu Göttern machen?
Für Athanasius war Christus wahrer Gott, würdig der Anbetung.
Kaiser Konstantin
Der Kaiser hatte sich seit dem Jahr 312 n.Chr. immer näher zum Christentum entwickelt, teils aus religiöser Überzeugung, teils sicher auch als machtpolitischen Erwägungen. Immer wieder mischte er sich in die Streitigkeiten der Kirche ein, war aber immer wieder bemüht, tragfähigen Konsens zu erreichen.
Als sich der Streit lange hinzog, schlug er den Begriff „Homo-ousios” vor (von gleichem Wesen [mit dem Vater]). Dieser Begriff hatte aus Sicht des Kaisers Charme, weil er unbestimmt genug war, dass er für eine breite Basis von Christen akzeptabel war.
Es scheint, dass dem Kaiser mehr an einer Lösung als an einer bestimmten Lösung gelegen gewesen sei. Zunächst hatte der Kaiser an Arius und Athanasius appelliert, sie mögen sich doch einigen. Als das nicht zum Erfolg führte, favorisierte er Athanasius. Die Formel „homoousios ton patron” wurde als rechtgläubig bestätigt, und wer sie nicht annehmen wollte, von der Kirche ausgeschlossen. Arius war unter den Ausgeschlossenen.
Das Reich blieb aber religiös in diesem Punkt zerstritten, und so begnadigte der Kaiser zwei Jahre nach dem Konzil den Arius, statt dessen wurde Athanasius verbannt, und der Kaiser erzwang, dass Arius wieder in die Kirche aufgenommen wurde.
Erst der Sohn und Nachfolger des Kaisers entschied dann – nach Arius’ und Konstantins Tod – wieder für Athanasius.
Homo-Ousios
Die wichtigste Aussage des Konzils war: homoousios tou patri (ὁμοούσιον τῷ Πατρί). Aber was heißt das und was ist damit gemeint? Üblicherweise wird der Satz auf Deutsch mit „wesenseins mit dem Vater” oder „eines Wesens mit dem Vater” übersetzt. Aber was ist „ousia”? In der Bibel kommt es nur zwei Mal vor, und zwar in Lukas 15, wo es heißt, dass der verlorene Sohn seine Besitztümer (im Griechischen: ousia) vom Vater erhält und verschleudert. Hier ist die Bedeutung: Was man hat, also Besitz, Eigentum, Vermögen. Das hilft uns nicht weiter.
Aber in der griechischen Philosophie, besonders der Ontologie, ist Ousia ein wichtiger Begriff. Es finden sich verschiedenste Verwendungen. Zum Beispiel:
- Das, was einem Ding beständiges Sein gibt,
- Das, was – trotz aller veränderlichen Eigenschaften – die Identität eines einzelnen Dings ausmacht, das Unveränderliche
- die allgemeine Natur eines Dinges, die Art- und Gattungsnatur sozusagen.
- das Substantielle, das Wesentliche.
Man sieht, es gibt eine ziemliche Bedeutungsbandbreite. Auch im frühen Christentum gibt es eine Bandbreite von Definitionen. Der Begriff kommt im 3. Jahrhundert auf und wird mal so mal so verstanden. Wir werden dem gleich noch nachgehen.
Kommen wir nun zum ersten Teil des Wortes: „homos”.
Hier ist es vielleicht interessant, drei Worte gegenüber zu stellen:
Monos
Homoios
Homos
Monos, das bedeutet „allein, einzig”.
Homoios heißt „ähnlich”.
Homos heißt „gleich”.
Den größten Unterschied bieten wohl monos und homos. Ein Beispiel aus der Musik:
Ein einstimmiges Lied ist monophon.
Ein mehrstimmiges Lied, bei dem alle Stimmen der rhythmisch gleich sind und die Melodiestimme nur unterstützen, wird als homophon bezeichnet.
Insofern ist das zusammengesetzte „homoousios” eigentlich nicht „eines Wesens”, sondern „gleichen Wesens”, Eines Wesens, wesenseins, das ist also eigentlich eine Fehlübersetzung.
Und homoiousios heißt „ähnlichen Wesens”.
Für die Arianer war der Sohn ähnlichen Wesens (homoiousios) mit dem Vater. Sie sahen ihn als Geschöpf an, nicht wirklich als Gott. Dagegen war für Athanasius der Sohn wahrer Gott, gleichen Wesens (homoousios). Aber auch Athanasius lehnte homoiousios nicht rundheraus ab, er ließ ihn zu und verwendet ihn selbst, allerdings nur mit der Ergänzung „kata panta”, das heißt: „in allem”.
Wenn also zwei Dinge einander in allen Dingen wesensähnlich sind, so sind sie für Athanasius wesensgleich.
Gehen wir ein paar Jahre weiter zum Konzil von Chalcedon. Dieses verwendet das Wort wiederum und erklärt, Jesus sei „wesensgleich dem Vater der Gottheit nach, wesensgleich uns derselbe der Menschheit nach”. Genau so also, wie Jesus in Bezug auf sein Menschsein mit uns wesensgleich ist, also ein Mensch, so ist er auch wesensgleich mit dem Vater in Bezug auf sein Gottsein.
Im Codex Encyclius finden wir, dass die Konzilsväter von Chalcedon eine einfache Antwort finden wollten, „non Aristotelice”, also nicht eine, wie sie Philosophen, besonders nach der Schulde des Aristoteles, geben würden, „sed piscatorie” sondern wie Fischer.
Und Papst Benedikt XVI meint, dass dies auch die Absicht der nizäischen Kirchenväter gewesen sei. Fischer würden nun nicht über Onthologie nachdenken, sondern sie würden auf die einfache Frage „wer war Jesus” eine einfache, eine verständliche Antwort geben:
„Die Väter von Nizäa beabsichtigten das kleine Wort homoousios als eine einfache Übersetzung der Metaüher ‚son‘ in ein Konzept. Das Wort bestätigt etwas sehr einfaches, nämlich dass „Sohn” nicht ein reiner Vergleich ist, sondern buchstäbliche Realität. [..]in dem Zeugnis, das sie von Jesus gibt, muss die Bibel wörtlich genommen werden. Das Wort ist buchstäblich wahr – das ist es, was gemeint ist, wenn man Jesus „consubstantiell” [Anm: das lateinische Wort für homoousios] mit dem Vater nennt.”
Das deckt sich gut mit dem, wie die Konzilsväter in Chalcedon das Wort verwendet haben.
Die Kappadokier und das Konzil von Chalcedon
Mit dem Konzil von Nizäa war die Einheit im Glauben aber noch lange nicht hergestellt, die arianische und semiarianische Bedrohung noch nicht abgetan. Zwei Brüder und ein guter Freund aus der Region Kappadokien in der heutigen Türkei versuchten hier, Klarheit zu schaffen:Basileus der Große, Gregor von Nyssa und Gregor von Nazianz.
Ihre Theologie prägte sowohl die westliche als auch die östliche Kirche massiv. Ihre Denkleistung legte die Grundlage für das schon erwähnte Konzil von Chalcedon. Sie schufen eine deutliche Unterscheidung der griechischen Begriffe Ousia, Hypostase und Prosopa in Bezug auf Gott. Basil schreibt:
Wesenheit und Person (οὐσία καὶ ὑπόστασις) unterscheiden sich ebenso voneinander wie das Allgemeine vom Besondern, wie z. B. das Lebewesen von einem individuellen Menschen.[22]
Am leichtesten können wir die Position der Kappadokier erklären, wenn wir uns ansehen, wogegen sie vorgehen, und welche Bilder sie dabei verwenden.
Nehmen wir Fritz, Franz und Kurt und vergleichen sie mit Gott. Alle drei haben die eine Menschheit gemeinsam, es sind aber drei voneinander klar getrennte Personen.
Modalisten meinen, es gäbe einen Schauspieler, der nach Bedarf die Rolle des Fritz oder die des Franz oder die des Kurt erfüllt. Aber es bleibt immer nur der eine Schauspieler. Die Persönlichkeiten sind nicht getrennt, de facto gibt es in diesem Bild nur eine einzige Persönlichkeit.
Arianer dagegen trennen die Natur. Fritz wäre etwa der Mensch, während Franz und Kurt Tiere wären.
Die Kappadokier nehmen Fritz, Franz und Kurt als drei Menschen an, eins in der Ousia, aber drei Hypostasen.
Aber wir reden ja auch von drei Menschen, nicht nur von einem. Warum also nicht von drei Göttern? Streng den Begrifflichkeiten des Platonismus folgend sagen die Kappadokier, dass dies eigentlich eine mißbräuchliche Verwendung der Sprache ist. Eigentlich gibt es überhaupt nur „den Menschen”, wenn es auch mehrere Personen sind. Hinzu kommt jedoch, dass Fritz, Franz und Kurt unterschiedliche Meinungen, Absichten etc. haben können, wogegen die drei göttlichen Personen völlig vereint sind in der Liebe, in der Offenbarung, im Wollen, Wirken und Werken, und zwar in einer Weise, wie es Menschen nicht sein können. Und was bei Menschen ein lässlicher Mißbrauch der Sprache ist, das ist, wenn wir über Gott sprechen, eine Verzerrung der Realität.[23] Ein weiterer Aspekt ist die Perichorese, die vollständige gegenseitige Durchdringung. Gregor von Nazianz beschreibt diese Idee so[24]:
[..]von dem die anderen ausgehen und zu dem sie zurückkehren, nicht um sich zu vermischen, sondern so, dass sie verbunden sind
Die Verbindung, die perichoreitsche Einheit zwischen den drei Personen, besteht darin, wie es im Johannesevangelium heißt, dass der Vater, in Jesus ist, und Jesus im Vater, also innigste Gemeinschaft schlechthin ist.[25]
Augustinus von Hippo
Den nächsten Schritt – allerdings nur im lateinischen Westen – stellt Augustinus dar, ein genialer Kopf mit einem Problem: Er kann kaum Griechisch. Das heißt, er kann nicht lesen, was die meisten Kirchenväter geschrieben hatten, außer man übersetzt es ihm. Das gilt auch für die Bibel. Und so ist sein Denken stark von den Übersetzungen abhängig, die er verwendet. Es weicht vom Denken seiner griechischen Vorgänger und Zeitgenossen deutlich ab. Seine Ideen waren maßgeblich für den Westen, im griechischsprachigen Osten der Kirche jedoch nicht.
Augustinus wendet 15 Bücher für die Frage der Dreifaltigkeit auf. Letztlich kommt er zu einem Schluss, der die Einheit Gottes noch wesentlich stärker betonen soll als alles, was die Kirchenväter vor ihm gelehrt hatten: Er wendet Begrifflichkeiten des Aristoteles an, um die Unterschiede zwischen den Personen fest zu machen. Und die schwächste Unterscheidung ist die Relation. Vater, Sohn und Geist unterscheiden sich nur in ihren Beziehungen voneinander. Der Sohn ist der Gezeugte, der Geist ist der Gehauchte, der Vater ist der, der zeugt und haucht. Ansonsten sind die drei absolut identisch.
Sein Bild ist das der psychologischen Dreifaltigkeit. So, wie eine menschliche Seele die Funktionen des Erinners, des Verstehens und des Wollens habe, die nicht klar von einander abgrenzbar und doch deutlich von einander verschieden seien, so sei die Trinität eine einzige, die sich in drei Selbstvollzügen zeige.
Und doch, bei all dieser Betonung der Einheit, bringt Augustinus das Beispiel von Abraham in Mamre und meint, dass hier Gott dem Menschen Abraham als drei Männer erscheint, von denen keiner höher und wichtiger ist, als die anderen. Dieses Bild ist bis heute das Wichtigste in der Ostkirche, um die Dreifaltigkeit darzustellen.
Filioque-Streit
Diese beiden Positionen, wie sie von den Kappadokiern und von Augustinus vertreten werden, führten in der Folge zu einer Trennung zwischen Ost und West, und sie macht sich an einer winzigen Änderung fest, die der lateinische Westen am Glaubensbekenntnis von NIzäa vorgenommen hat. Dort nämlich, wo es heißt, dass der Heilige Geist vom Vater ausgeht, da ergänzt der Westen „und vom Sohn”, auf Latein „filioque”.
Für den Westen war die Änderung nicht wesentlich, eigentlich nur eine Vervollständigung. Für den Osten bedeutet sie aber eine gewaltige Änderung des Gottesbildes. Damit wird die Einheit Gottes so stark überhöht, die Personen werden so entwertet, dass aus Sicht des Ostens der halbe Weg zum Modalismus gegangen wird. Und klar ist: nicht der Osten hat hier einen Abstrich am Glaubensbekenntnis gemacht, sondern der Westen einen Zusatz.
Moderne
Im Jahr 1960 schrieb Karl Rahner, der bedeutendste katholische Theologe des 20. Jahrhunderts, „dass die Christen bei all ihrem orthodoxen Bekenntnis zur Dreifaltigkeit in ihrem religiösen Daseinsvollzug beinahe nur ,Monotheisten’ sind. Man wird also die Behauptung wagen dürfen, dass, wenn man die Trinitätslehre als falsch ausmerzen müsste, bei dieser Prozedur ein Großteil der religiösen Literatur fast unverändert bleiben könnte.”[26]. Diese Art von Monotheismus, die Rahner anspricht, denkt darüber nach, dass in Christus Gott Mensch geworden ist, nicht aber, dass in Christus die zweite Person der Gottheit, der Sohn, Mensch geworden ist.
Rahners Kritik hat dazu geführt, dass vermehrt über die Trinität gedacht und geschrieben wurde. Es fehlt mir die Zeit und die Möglichkeit, hier über alle Richtungen, Betonungen und Modelle zu berichten, wie im Christentum heute über Trinität gesprochen wird. Ein Modell möchte ich aber herausgreifen.
Soziale Trinität
Protestantische und katholische Theologen wie Moltmann, Pannenenberg und der Brasilianer Boff entwickelten von den Lehren der Kappadokier ausgehend einen sozialen Ansatz.
Vater, Sohn und Geist sind drei Personen. Jede Person hat ein eigenes Willens- und Bewusstseinszentrum, ist also eine Person im modernen Sinne. Das eine Wesen Gottes entsteht durch die liebende Gemeinschaft der drei Personen, in perichoretischer Union, das heißt: Jede Person der Trinität ist „in” jeder anderen Person der Trinität, wie es in Johannes 17 skizziert wird.
Sie berufen sich dazu auf altkirchliche Vorbilder wie die Trinitätslehre Tertullians, den ostkirchlichen Gedanken der Perichorese und auf den Ausspruch des Athanasius, auch der Vater sei nur Vater, weil er einen Sohn habe.
Kritisiert wird diese Lehre oft, weil es sich um eine sozialpolitische handelt: Erst wird eine These aufgestellt, wie Gottes inneres Wirken ist, und dann wird aus dieser These ein Postulat abgeleitet, wie menschliche Gemeinschaft zu sein hat.
Mormonismus
Was ist Lehre der Kirche
Kommen wir nun zum Mormonismus. Ein Großteil der Missverständnisse, die die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage betreffen, rankt sich um ihre Lehre. Denen von anderen christlichen Glaubensgemeinschaften, die sich mit der Kirche beschäftigen, erscheint die Lehre oftmals kaum greifbar. Einen Punkt der mormonischen Lehre festzumachen, sei so einfach wie Wackelpudding an die Wand zu nageln, ist ein geflügeltes Wort im englischsprachigen Raum.
Hierzu ist es wichtig, einen Vergleich zwischen mormonischer und traditionell christlicher Herangehensweise an die Frage „Was ist Lehre der Kirche” zu machen. Wie wir schon gehört haben, hat Irenäus von Lyon dem formalen Glaubensbekenntnis – und damit dem Dogma – den Vorzug vor fortlaufender Offenbarung gegeben.
In der weiteren Kirchengeschichte wurde aus den Glaubensbekenntnissen und Dogmen unter Zuhilfenahme der Methoden und Begrifflichkeiten der Philosophie eine systematische Theologie entwickelt.
Dagegen findet sich die verbindliche Lehre der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in den vier „Standardwerken” heiliger Schrift (der Bibel, dem Buch Mormon, dem Buch Lehre und Bündnisse und der Köstlichen Perle) und den amtlichen Erklärungen und Proklamationen.[27] Damit etwas Neues zu dieser Lehre hinzukommen kann, muss es von der Ersten Präsidentschaft durch Offenbarung empfangen werden und die Mitglieder der Kirche müssen es in der Generalkonferenz durch Abstimmung annehmen. Dann wird es den Standardwerken hinzugefügt.
Die Generalautoritäten legen in den offiziellen Publikationen der Kirche diese Lehre aus, vereinzelte Aussagen oft nur eine persönliche, wenn auch wohl durchdachte Meinung darstellen können und nicht als bindend für die gesamte Kirche anzusehen sind.
Im Gegensatz zum christlichen Fundamentalismus gehen wir nicht von einer unfehlbaren Offenbarung aus, weder die Bibel, noch das Buch Mormon noch das neuzeitliche Offenbarung ist vollkommen irrtumslos und unfehlbar.[28]
Zuletzt sehen wir die Schriften nicht als Selbstzweck, sondern, dem Traum Lehis folgend, als eiserne Stange, die uns dahin führt, selbst Offenbarung zu erhalten und die Liebe Gottes persönlich zu spüren.[29]
Unsere Theologie ist daher in erster Linie narrativ, menschengemachte Glaubensbekenntnisse, Dogmen und systematische Überlegungen werden abgelehnt.
Wenn man also systematische Überlegungen anstellt, kann man zu falschen Schlüssen kommen, auch wenn sie völlig logisch erscheinen.
Bekenntnisformeln im Buch Mormon
Das Buch Mormon und die Lehre und Bündnisse sind die grundlegenden Bücher, die unseren Kanon vom katholischen oder dem evangelischen unterscheiden. Da wir die biblischen Stellen schon besprochen haben, will ich nun zu denen im Buch übergehen. Auch das Buch Lehre und Bündnisse hat seinen Teil an diesen Formeln, doch will ich diese heute aus Zeitgründen übergehen.
Oberflächliche Leser des Buches Mormon behaupten, darin werde ein Modalismus gelehrt und behaupten, der Prophet wäre davon mit der Zeit abgegangen, um zu einem Dyotheismus (also der Lehre von 2 Göttern) zu wechseln.[30]
Wer sich etwas genauer mit dem Buch beschäftigt, wird vielleicht zu dem Schluss kommen, dass es in seinen Aussagen zwischen Modalismus und Tritheismus schwankt, wie man es von einem Gemeindegläubigen ohne spezielle theologische Bildung erwarten würde.
Aufmerksame Leser des Buches dagegen sind verblüfft, dass es mehr Verse mit „klar trinitarischer Ausdrucksweise im Buch Mormon gibt als im Alten und Neuen Testament zusammen![31]
Sehen wir uns nun die relevanten Formeln im Buch Mormon an, zuerst die
Eingliedrige Formeln
Wie im Neuen Testament dienen diese Formeln dazu, zu bezeugen, dass der Sohn Gott ist.
- Und siehe, sie fingen zu beten an; und sie beteten zu Jesus und nannten ihn ihren Herrn und ihren Gott. [32]
- Und ich schreibe, [..] damit die Juden [..] Zeugnis haben werden [..] dass Jesus, [..], wahrhaftig der Christus ist und der wahrhaftige Gott.[33]
Zweigliedrige Formeln
Die zweigliedrigen Formeln sprechen in erster Linie von der Gnade Gottes, die wir ja wesentlich durch Christi Sühnopfer erfahren, bzw. über das Gebet, in dem wir uns durch den Sohn dem Vater nähern.
- Und möge die Gnade Gottes, des Vaters [..], und unseres Herrn Jesus Christus, [..] immerdar mit dir sein[..][34]
- durch die Gnade Gottes, des Vaters, und unseres Herrn Jesus Christus [..] ist es mir erlaubt, zu dieser Zeit zu euch zu sprechen.[35]
- [..]und im Namen Jesu zum Vater beten.[36]
Dreigliedrige Formeln
Interessanter Weise stehen die meisten dreigliedrigen Formeln in direktem Zusammenhang mit Belehrungen über die Taufe. Dies macht durchaus auch Sinn, da auch in der Alten Welt Bekenntnisse sich wahrscheinlich aus den Tauffragen entwickelt haben, in denen der Glaube an den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist bekundet wurde. Diese werden in Zusammenhang mit der Taufaufforderung Jesu im Matthäus 28:19 gesehen. So wollen wir auch im Buch Mormon von der Taufformel ausgehen:
Mit der Vollmacht, die mir von Jesus Christus gegeben ist, taufe ich dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.[37]
In direktem Bezug dazu steht auch das Abendmahlsgebet, das ja auch eine Erneuerung des Taufbundes darstellt:
O Gott, Ewiger Vater, wir bitten dich im Namen deines Sohnes, Jesus Christus, […] damit sie dir, o Gott, Ewiger Vater, bezeugen, dass sie wahrhaftig immer an ihn denken, damit sein Geist mit ihnen sei. Amen.[38]
Und auch die Stimme des Sohnes erging an mich, nämlich: Wer sich in meinem Namen taufen läßt, dem wird der Vater den Heiligen Geist geben gleichwie mir; darum folgt mir nach und tut das, was ihr mich habt tun sehen.[39]
Trinitarische Formeln
Wir kommen nun zu einer Besonderheit des Buches Mormon. Nämlich zu ganz klar trinitarischen Formeln. Diese fehlen in der Bibel vollständig.
Trinitarische Formeln sind solche, wo nicht nur die drei Personen der Gottheit genannt werden, wo nicht nur gesagt wird, dass die drei eins sind (wie es ja auch im Johannesevangelium geschieht), sondern wo die klare Aussage gemacht wird, dass diese drei ein Gott sind.
Und er hat die Erlösung der Welt zustande gebracht, wodurch es demjenigen [..] gegeben ist, in der Gegenwart Gottes in seinem Reich [..] mit den Chören [..] Lobpreis zu singen, dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, die ein Gott sind[..][40]
Und nun siehe, meine geliebten Brüder, dies ist der Weg; und es ist kein anderer Weg noch Name unter dem Himmel gegeben, wodurch der Mensch im Reich Gottes errettet werden kann. Und nun siehe, dies ist die [..] einzige und wahre Lehre vom Vater und vom Sohn und vom Heiligen Geist, die ein Gott sind ohne Ende. Amen.
Im Englischen lesen wir hier „which is one God”. Das „which” ist plural, bezieht sich also auf Vater, Sohn und Geist, dann geht es aber im Singular weiter, also „der ein Gott ist”. Leider lässt sich das im Deutschen nicht gut nachbilden, da wir für den Singular und Plural von „der” unterschiedliche Worte haben.
Zusammenfassung
Das Buch Mormon legt ganz klar eine trinitarische Theologie dar. Sowohl die Stellen, die modalistisch ausgelegt werden können, als auch die tritheistisch anmutenden Verse sind im Gesamtkontext des Buches zu interpretieren, und dieser ist eben klar und eindeutig trinitarisch.
Die Erste Vision
Ich habe vorher erklärt, dass die mormonische Theologie eine narrative ist, also auf Erzählungen aufbauend. Wir stellen keine philosophischen Sätze darüber auf, wie Gott sein muss, also „der Eine”, „der Urgrund”, „der unbewegte Beweger” oder so, sondern wir sprechen davon, wie Menschen Gott erlebt haben. Er ist der Gott, der Abraham bei Mamre und Jakob bei Bethel erschienen ist, der Gott, den Jesaja im Tempel sah, der Gott, der Israel aus Ägypten befreit hat, der Vater Jesu Christi, der Gott der Lehi und seine Familie aus Jerusalem nach Amerika geführt hat, oder der Gott, der die Mormonen über die Prärie geführt hat, der ein modernes Wachtelwunder geschehen ließ oder das Möwenwunder gegen die Heuschreckenplage. Eine besondere Rolle im Rahmen unserer narrativen Theologie genießt hier die Erste Vision. Don Bradley hat uns erzählt, dass Joseph sehr zurückhaltend war, von diesem heiligen Ereignis zu berichten. Für ihn war es also nicht dieser theologisch wesentlich Moment für die ganze Kirche. Wir wollen uns auch jetzt nicht zu intensiv mit der Geschichte auseinander setzen, sondern auf die für das Gottesbild wesentlichen Elemente eingehen. Joseph schreibt:
Kaum war sie erschienen, da fand ich mich auch schon von dem Feind befreit, der mich gebunden gehalten hatte. Als das Licht auf mir ruhte, sah ich zwei Personen von unbeschreiblicher Helle und Herrlichkeit über mir in der Luft stehen. Eine von ihnen redete mich an, nannte mich beim Namen und sagte, dabei auf die andere deutend: Dies ist mein geliebter Sohn Ihn höre![41]
Manche Christen stoßen sich an dieser Erzählung, und ich habe auch schon gelesen, dass Joseph aufgrund der Trinitätslehre wissen hätte können, dass es unmöglich ist, dass Gott Vater und der Sohn einem Menschen erscheinen. Hätte er also sein Erlebnis gegen diese „biblische Lehre” geprüft, so hätte er gewusst, dass er getäuscht worden war.
Wie wir aber wissen, läuft Josephs Erste Vision nicht einmal der psychologischen Trinität, wie Augustinus sie entwickelt hat zuwider!
Das bedeutet, einerseits kann die Erste Vision nicht von Gegnern der Kirche verwendet werden, um zu zeigen, dass Mormonen keine Trinitarier sind, andererseits zeigen wir unser Unwissen, wenn wir als Mormonen die Erste Vision bemühen, um zu zeigen, dass die Trinitätslehren, die mehr auf die Einheit Wert legen, als es unser Verständnis tut, falsch sind.
Verwendung des WOrtes „Trinität” im Mormonismus
Manche Mormonen glauben, das Wort „Trinität” oder „Dreifaltigkeit” sei eine falsche Lehre, ein Wort, das wir nicht verwenden. Lassen Sie mich hierzu ein paar Zitate aus den letzten 183 Jahren bringen, wo in der Generalkonferenz der Kirche genau dieses Wort verwendet wird.
Lassen wir zuerst Brigham Young zu Wort kommen, der die Kirche 30 Jahre lang als Präsident führte:
Der Heilige Geist, so glauben wir, ist eine der drei Personen, die die Trintiät bilden, oder die Gottheit. Nicht eine Person in dreien, auch nicht drei in einer; sondern der Vater, der Sohn und der Heilige Geist sind eins im Wesen.[42]
Als Nächstes ein paar Zitate von Charles W. Penrose, der als Ratgeber von Joseph F. Smith und Heber J. Grant in der Ersten Präsidentschaft diente. Er sagt:
An der Spitze dieser Kirche stehen drei Männer, die in allen Dinge ihrer Verwaltung vereinigt sind, und damit Heilige Trinität repräsentieren, die auch eins sind; nicht in der Persönlichkeit, sondern im Geist, im Glauben, im Wollen und in der Absicht.[43]
..diese zwei sind eins, und der Hielige Geist, die dritte Person in der heiligen Trinität – eine Person aus Geist – ist eins mit ihnen[44]
In der Gottheit gibt es eine Trinität, so lehrte der Prophet Joseph Smith – der Vater, der Sohn und der Heilige Geist –, und sie sind drei unterschiedliche Personen in perfekter Einheit.[45]
Es gibt eine Einheit des göttlichen Wesens, drei in einem; nicht, wie einige Prediger versuchen es zu erklären, … ein immaterieller Geist – kein Körper, keine Persönlichkeit, keine Substanz. Im Gegenteil, es sind drei Individuen, eins im Geist, eins im Sinn, eins in der Intelligenz, vereint in allem, was sie tun, und es bedarf des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, um die vollkommene Trinität in einem auszumachen, drei Personen und ein Gott oder ein göttliches Wesen, eine Gottheit.[46]
Gott, der Ewige Vater, und Jesus Christus, Sein Sohn, und der Heilige Geist, werden hochgehalten als die drei Personen in der Trinität – der eine Gott der Vater, das Wort und der Heilige Geist, alle drei vereint und ein Gott seiend.[47]
Mein letztes Zitat stammt von Robert E. Wells, der von 1976 bis 1997 im Ersten Kollegium der Siebzig diente. Er sagt:
Die heilige Dreifaltigkeit ist nicht etwas Nebelhaftes, sondern sie besteht aus drei verschiedenen Personen.[48]
Es stimmt schon: Wir verwenden das Wort Trinität selten, aber das heisst nicht, dass es ungeeignet wäre, unser Gottesbild zu beschreiben. Interessant ist auch, dass in allen Fällen, wo ein in einem englischen Text von einem Kirchenführer „Trinity” verwendet wird, finden wir in der deutschen Übersetzung „Dreieinigkeit”, und besonders ehemals katholische Mormonen sind oft überzeugt, dass es dabei um etwas Anderes geht, als um die Dreifaltigkeit. Dabei sind beides nur andere Übersetzungen desselben lateinischen Wortes.
Die drei Personen
Manchmal hören wir, dass Mormonen an „einen anderen Jesus” glauben, als andere Christen, oder dass Mormonen zwar die gleichen Begriffe verwenden, nämlich Vater, Sohn und Heiliger Geist, aber etwas ganz Anderes meinen. Die meiste Kritik rankt sich jedoch um das, was Mormonen vom Vater glauben.
Sehen wir uns daher das auch noch kurz an:
Der Vater
Zuerst das Gemeinsame: Gott Vater hat alle Macht, er weiß alles, seine Gegenwart, sein direkter Einflussbereich ist überall. Er ist ohne Anfang und ohne Ende. Er ist unwandelbar. Er ist der Größte von allen und wird es immer sein.
Jetzt jedoch zu den Unterschieden.
Gott Vater ist in gewisser Weise der ungesehene Gott. Aber für traditionelle Christen ist er das absolut, für uns nicht.
Es ist wahr, dass Joseph Smith und andere Gott Vater gesehen haben, doch glauben wir, dass der Mensch in erster Linie mit dem Sohn und dem Heiligen Geist zu tun hat. Der Vater ist der Schöpfer durch den Sohn. Der Vater ist der Offenbarer durch den Sohn und den Heiligen Geist. Christus offenbart uns den Vater. In den außergewöhnlich seltenen Fällen, wo ein Prophet den Vater sieht, geschieht dies, weil Er Zeugnis vom Sohn gibt.
Traditionelle Christen glauben, dass der Vater der unsichtbare Gott ist. Gott Vater, der erscheinen kann, das ist für sie klar gegen die Bibel. Dagegen hält aber zum Beispiel Rudolf Bultmann, dass „Gott im Alten Testament [..] nicht aus Prinzip unsichtbar [ist]. Tatsächlich kennt das Hebräische kein Wort für ,unsichtbar’. Gott ist unsichtbar, weil er es so will.” Gottes Unsichtbarkeit ist seine Heiligkeit, seine Unzugänglichkeit, er ist außerhalb der menschlichen Kontrolle. Gott sehen zu könen würde bedeuten, in Seiner Gegenwart zu stehen. Gott ist darum nicht – wie für die Griechen – unsichtbar, weil er ein metaphysisches Wesen ist, und als solches außerhalb der Aufnahmefähigkeit unserer physischen Sinne.[49] Insoferne ist Mormonismus das, was Joseph Smith behauptet hat: Eine Wiederherstellung.
Wir glauben, dass der Vater einen Körper hat. Aber das heißt nicht, dass er durch diesen Körper in irgendeiner Weise eingeschränkt ist. Diese Körperlichkeit Gottes ist ein ebenso etwas, das traditionelle Christen heute nicht haben, aber das vorchristliche Judentum und das früheste Christentum haben Gottes Körperlichkeit geglaubt. Erst durch den Einfluss griechischer Philosophie wurde das immer unglaubhafter. Selbst Augustinus ging, wie wir schon im Beispiel des Abraham bei Mamre gehsehen haben, noch von der Körperlichkeit Gottes aus. Auch hier eine Wiederherstellung.
Gott ist ewig. Aber wogegen der Gott der Philosophen niemals etwas Anderes war, lässt die mormonische Lehre die Möglichkeit offen, dass Gott selbst einmal sterblich gewesen sein könnte. Eventuell hätte er selbst dann auch einen Vater im Himmel haben können, sozusagen unseren Großvater im Himmel. Aber Lehre der Kirche ist das nicht. Oft wird das berühmte Couplet von Lorenzo Snow zitiert: „Wie der Mensch ist, war Gott einmal, wie Gott jetzt ist, kann der Mensch einmal werden.”
Präsident Hinckley sagte zum ersten Teil dieses Couplets, nämlich zur möglichen Vergangenheit Gottes: „Ich weiß nicht, dass wir das lehren. Ich weiß nicht, dass wir das betonen. Ich habe schon lange nicht gehört, dass es öffenlich diskutiert wurde. Ich kenne nicht alle Umstände, unter denen diese Aussage gemacht wurde. Ich verstehe den philosophischen Hintergrund dahinter. Aber ich weiß nicht viel darüber, und ich weiß nicht, dass andere etwas darüber wissen.”[50]
Das heißt nicht, dass diese Idee unbekannt ist oder dem Mormonismus fremd, aber es heißt, dass es nicht offizielle bindende Lehre der Kirche ist. Und es heißt, dass kaum jemand irgendein brauchbares Wissen zu diesem Thema hat. Es wäre falsch, die verbindliche Lehre der Kirche über Gott daran zu messen.
Damit einher geht auch die Frage nach der Mutter oder den Müttern oder dem Großvater im Himmel. In keiner Heiligen Schrift haben wir eine eindeutige Aussage dazu. Es ist nicht Lehre der Kirche.
Philosophische Ansätze
Wie auch das Christentum als Ganzes in den ersten Jahrhunderten, so musste sich auch der Mormonismus den Fragen stellen: „Was glaubt Ihr von Gott? Wie ist Gott?”. Das Umfeld, mit dem man sich auseinanderzusetzen hat, ist nun aber nicht die polytheistische Welt einerseits und die griechische Philosophie auf der anderen Seite, sondern es ist die christliche Philosophie, wie sie zur Zeit besteht.
Und wie die Apologeten des 2. Jahrhunderts haben Mormonen versucht, eine gemeinsame Sprache zu finden, Konzepte zu finden, die erklären, wie die drei Personen EIN Gott sind.
Schlüssel-Analogie
Dem ersten Modell sind wir schon im Rahmen der Zitate aus Generalkonferenzen begegnet. Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage wird von einer Ersten Präsidentschaft geführt. Diese drei Männer tragen jeder alle Schlüssel, alle Vollmacht des Priestertums. Sie sind alle drei vollständig gleich. Aber nur in einem sind alle diese Schlüssel auch aktiv: im Präsidenten. Insoferne ist er innerhalb der Präsidentschaft die Quelle der Vollmacht, die er von Gott erhalten hat. Die Ratgeber haben Vollmacht aufgrund der Vollmacht des Präsidenten. Die drei agieren nach außen hin als eine Präsidentschaft, obwohl jeder von ihnen Präsident ist, und sie handeln nach dem Prinzip der Einstimmigkeit.
Ebenso sind Vater, Sohn und Geist gleich in allem, aber der Vater ist die Quelle der Göttlichkeit. Sie haben jeder einen eigenen Willen und ein eigenes Bewusstsein, sind also Personen im modernen Sinne, aber sie bilden eine Wirk-, Werk- und Offenbarungseinheit. Der Sohn und der Geist unterwerfen ihren Willen vollständig dem des Vaters. Das geht so weit, dass in LuB 29 der Sohn so sprechen kann, als wäre er der Vater.
Göttliche Investitur
Die göttliche Investitur stammt aus dem Jahr 1916. Urheber ist James E. Talmage. Dieses Modell baut auf dem Grundgedanken auf, dass der Sohn in allem Handeln mit dem Menschen den Vater vertritt. Insofern es die Macht, Autorität und Gottheit betrifft, sind Jesu Worte und Handlungen die des Vaters. Daher kann jederzeit der Sohn sprechen, als wäre er der Vater.
Hier ist als eine funktionale Subordination des Sohnes und des Geistes unter den Vater gemeint, nicht aber eine Subordination dem Wesen nach.
Soziale Trinität
Das modernste und sicherlich philosophisch am Besten begründete Modell ist das der sozialen Trinität, das wir schon im Traditionellen Christentum kennengelernt haben. Vertreten wird es von Blake Ostler, Jim Faulconer, David Paulsen, Dan Peterson und vielen anderen.
Der Charme dieses Modells besteht nicht nur darin, dass es in der zeitgenössischen protestantischen und katholischen Theologie eine Entsprechung gibt, sondern dass – im Gegensatz zur sozialen Trinität bei Moltmann und Co – die mormonischen Heiligen Schriften uns zur Aufrichtung einer Zionsgemeinschaft auffordert, in der alle eines Herzens und eines Sinnes sind, es keine Armen gibt und der Wille Gottes, die Liebe und die Perichorese zwischen Mensch und Gott die Grundlage des Handelns sind, also genau das, was die nichtmormonische soziale Trinität aus der Gottheit auf die Menschheit ableitet. Mormonen gehen hier sozusagen den Weg in die andere Richtung: Wir wissen, welche Art von Gemeinschaft wir aufrichten sollen, und wenn man die vervollkomnet, dann kommt man zu einer Gemeinschaft, wie sie die soziale Trinität in Gott sieht.
Schlussfolgerung und Empfehlung
Am Ende dieses Vortrags lassen Sie mich nochmals zum Anfang kommen. Der Anfang lag darin, dass die Apologeten des 2. Jahrhunderts die einfachen Aussagen der Schrift in die Worte der Philosophie kleideten und dann ihre Auslegungen zur Regula Fidei machten, zur Glaubensregel, die alle so zu glauben hatten. Mit anderen Worten: Hier wurde Menschenphilosophie mit Schriftstellen vermischt. Das hat letztlich zu dem geführt, was Mormonen den „Abfall vom Glauben” nennen. Immer genauer und unverständlicher wurden diese Formulierungen und Dogmen. Und je mehr definiert wurde, umso größer wurden die Trennungen und Spaltungen – wenn man dem Buch Mormon glaubt, wenn man die Errichtung einer Zionsgemeinschaft als Ziel sieht, dann ist Trennung und Spaltung, Streit über Punkte der Lehre, die Sünde schlecht hin.
Dies geschah aber nicht, weil die Apologeten böswillig waren. Im Gegenteil! Sie dachten nur, dass sie damit ihre geliebten Heiligen Schriften verständlicher machen würden!
Wir sind jetzt, 183 Jahre nach der Wiederherstellung der Kirche, in einer ähnlichen Lage wie Justin, Mathetes, Origenes, die Kappadokier und so weiter. Wir versuchen, die Aussagen der Schrift der uns umgebenden Kultur verständlich zu machen. Intellektuell sind wir dazu geneigt, dies mit den Mitteln der Philosophie zu tun.
Lernen wir aus dem, was den Apologeten und Lehrern vor Alters geschehen ist: Sie haben begonnen, für die Kirche zu sprechen. Sie haben begonnen, ihre Theorien und ihre logischen Überlegungen als richtig anzusehen. Sie haben sich von der Offenbarung entfernt. Und damit die Lehre und die Kirche verändert.
Wenn wir ihr Schicksal vermeiden wollen, dann bleiben wir bei dem, was der Herr durch Seine Propheten offenbart und das Volk Gottes als Heilige Schrift erklärt: Die Standardwerke mit allen Ergänzungen, die noch kommen werden. Wenn wir über Gott reden, verwenden wir doch lieber die Ausdrücke der Schrift, anstatt neue Begriffe zu erfinden oder zu übernehmen, die wir dann um Schriftstellen ergänzen. Bleiben wir bei den einfachen und klaren Wahrheiten: Der Vater und Sein Sohn Jesus Christus sind dem Propheten Joseph Smith erschienen. Der Heilige Geist hat in Joseph gewirkt, damit er die Gegenwart Gottes ertragen konnte. Der Vater ist wirklich der Vater des Sohnes und unser Vater, der Sohn ist das Abbild des Vaters. Der Geist gibt Zeugnis vom Vater und vom Sohn. Der Vater, der Sohn und der Heilige Geist sind EIN Gott.
Mehr sagen die Standardwerke nicht aus.
[1] Early Christian Doctrines, J.N.D. Kelly, S. 95
[2] 1.Kor 12:3
[3] Phil 2:10-11
[4] 1Joh 2:22
[5] Joh 20:28
[6] 1Kor 8:6
[7] 1Tim 6:13
[8] 2Tim 4:1
[9] Mark 12:36
[10] Röm 1:7
[11] Jakobus 1:1
[12] Matth 28:19
[13] 1.Kor 12:4-6
[14] 1Petrus 1:2
[15] Mark 12:29 und Deut 6:4
[16] Diognetbrief 7
[17] Dial 56:4
[18] Dial 61:2
[19] Frühchristliche Apologeten Band II. Aus dem Griechischen übersetzt von J. Leitl (Autolycus). Aus dem Lateinischen übersetzt von Dr. Alfons Müller – Kaplan in Stuttgart (Octavius). Aus dem Griechischen oder Lateinischen übersetzt von Gerhard Rauschen (Märtyrerakten) (Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 14) München 1913. – Anmerkung: Ich habe in dieser Übersetzung „Dreieinigkeit” durch „Dreiheit” ersetzt, da dies dem orthodoxen und griechischen Sprachgebrauch entspricht. Müller und Rauschen übersetzen aus dem Lateinischen, wo der Begriff „Trinitas” anachronistischer Weise verwendet wird.
[20] Josef Ratzinger, „Der Gott des Glaubens und der Gott der Philosophen”, in „Einführung in das Christentum: Vorlesungen über das Apostolische Glaubensbekenntnis”
[21] Origenes erkennt z.b. eine eigene Natur des Sohnes, unterschieden von der des Vaters, während er in Christus jedoch die gleiche Göttlichkeit wie beim Vater sieht. siehe Origenes, “Commentary on the Gospel of John,” A Select Library of Nicene and Post-Nicene Fathers of the Church, Book II, 2.
[22] Des heiligen Kirchenlehrers Basilius des Grossen ausgewählte Schriften / aus dem Griechischen übers. (Des heiligen Kirchenlehrers Basilius des Grossen ausgewählte Schriften Bd 1; Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 46) Kempten; München : J. Kösel : F. Pustet, 1925. Seite 294.
[23] Gregory of Nyssa, On “Not Three Gods”, Nicene and Post-Nicene Fathers, Second Series, Vol. 5. Edited by Philip Schaff and Henry Wace. (Buffalo, NY: Christian Literature Publishing Co., 1893.) Revised and edited for New Advent by Kevin Knight.
[24] Gregor von Nazianz, Or. 42, 15-16
[25] Joh 17:21
[26] Karl Rahner, Bemerkungen zum Dogmatischen Traktat „de Trinitate”, in: ders. Schriften zur Theologie. Bd. IV, Einsiedeln 1960, 105, aufgenommen in: Der dreifaltige Gott als transzendenter Urgrund der Heilsgeschichte, in: Mysterium Salutis II, hg. v. Johannes Feiner und Magnus Löhrer, Einsiedlen 1965, 317-401
[27] Ein Zugang zur Lehre der Mormonen, Presseaussendung der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit Salt Lake City vom 4. Juli 2007
[28] I do not even believe that there is a single revelation, among the many God has given to the Church, that is perfect in its fulness. The revelations of God contain correct doctrine and principle, so far as they go, but it is impossible for the poor, weak, low, grovelling, sinful inhabitants of the earth to receive a revelation from the Almighty in all its perfections. He has to speak to us in a manner to meet the extent of our capacities.
[29] 1Ne 8
[30] Prof Dr. Georg Otto Schmid (Ev. Informationsstelle.Kirchen – Sekten – Religionen, Schweiz), 1997, http://www.relinfo.ch/mormonen/josephtxt.html
[31] Craig L. Bloomberg, Stephen E. Robinson, „How wide the divide?” Intervarsity Press, IL 1997
[32] 3Ne 19:18
[33] Morm 3:21
[36] 3.Ne 19:6;
[37] 3.Ne11:25
[38] Moro 5:2
[39] 2Ne 31:12, das Motto wird aber im ganzen Kapitel wiederholt
[40] Moro 7:7
[41] JsLg 1:17
[42] A Discourse by President Brigham Young, Delivered in the Tabernacle, Great Salt Lake City, November 29, 1857.
[43] Discourse by Elder Charles W. Penrose, delivered in the Assembly Hall, Salt Lake City, Sunday Afternoon, March 4, 1883.
[44] Charles W. Penrose, 1918, Corpus of LDS General Conference Talks
[45] Charles W. Penrose, 1920, Corpus of LDS General Conference Talks
[46] Charles W. Penrose, 1921, Corpus of LDS General Conference Talks
[47] Charles W. Penrose, 1922, Corpus of LDS General Conference Talks
[48] Robert E. Wells, Dem Erretter Freund, Diener und Sohn sein, Generalkonferenz Oktober 1982, Der Stern April 1983, 109. Jahrgang Nummer 4
[49] Rudolf Bultmann, Das Urchristentum im Rahmen der antiken Religionen, Rowohlt 1962
[50] David van Biema, „Kingdom Come,” TIME Magazine (4. August 1997); 56