Sind Mormonen Christen? Witherington sagt nein.

von Bill Hamblin
am 31. August 2012

Are Mormons Christians? Witherington says no.

Ben Witherington schrieb diese Abhandlung auf Patheos: „Warum Mormonismus nicht christlich ist – das Problem mit der Christologie.” Es scheint eine beständige evangelikale Behauptung zu sein, die sich leider anscheinend nie wirklich um mormonische Erwiderungen kümmert.

Da gibt er sechs Gründe an, warum er glaubt, dass Mormonen keine Christen sind. Obwohl mir Professor Witheringtons biblische Gelehrsamkeit gefallen hat, fürchte ich, das sein Verständnis des Mormonimus unzureichend ist. Ich untersuche jede seiner sechs Behauptungen.

Es gibt viele Gründe, warum evangelikale Christen aller Richtungen mit der mormonischen Theologie nicht einverstanden sind. Wahrscheinlich der wichtigste ist die Christologie und die damit verbundene Frage der Soteriologie.

 1.   Mormonen sind Polytheisten, nicht Monotheisten. Das heißt, sie glauben daran, dass der Vater, der Sohn und der Heilige Geist drei getrennte Wesen sind und leugnen so die wichtige monotheistischen Aussagen sowohl des Alten als auch des Neuen Testaments, dass Gott EINS ist.

Natürlich würden Juden und Moslems abstreiten, dass Christen Monotheisten sind, denn wir glauben an die Dreieinigkeit. Das Problem hier ist nicht die Frage des Einsseins Gottes, die Mormonen bejahen, es ist eine Frage der Art dieser Einheit. Mormonen glauben, dass die Dreieinigkeit eines Willens ist, im weitesten Sinn vergleichbar mit sozial-trinitarischen Konzepten. (siehe B. Ostler, Exploring Mormon Thought: Volume 3, Of God and Gods, (Kofford, 2012)). Sei es wie es sei, die Realität ist, dass die meisten Christen, inklusive der meisten Evangelikalen, unfähig wären, genau zu erklären; was das Glaubensbekenntnis von Nizäa und das Konzept der Dreieinigkeit aussagt, wenn sie ihm auch theoretisch zustimmen. Sind keine von denen Christen? War ein mittelalterlicher Bauer kein Christ; weil er das Glaubensbekenntnis von Nizäa nicht aufsagen konnte, und schon gar nicht es verstehen? Muss jemand das Dreieinigkeitskonzept von Nizäa bestätigen um ein Christ zu sein? Oder muss jemand bestätigen, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes?

 2.   Mormonen lehnen daher, nicht überraschend, diese Lehre der Dreieinigkeit ab und nennen sie eine Vermischung von griechischen und biblischen Ideen … Mormonen sehen diese ökumenischen Konzile, die das Glaubensbekenntnis von Nizäa oder das Apostolische Glaubensbekenntnis oder Kalcedonische Glaubensbekenntnis hervorbrachten, im Kern als im Widerspruch zu dem, was die Schriften lehren.

Wohl wahr. Mormonen lehnen die Vollmacht der ökumenischen Konzile ab, wie das notwendigerweise auch alle Christen während der ersten drei Jahrhunderte nach Christus taten. Die theologischen und geschichtlichen Probleme dieser Konzile sind zahlreich – siehe zum Beispiel : J. Jenkins, Jesus Wars (Harper Collins, 2010) – was sicherlich wirkliche Zweifel über ihr inspiriertes Wesen aufzeigt. Und ihre Abhängigkeit von nicht-biblischen hellenischen philosophischen Terminologien und Glaubensansichten ist unzweifelhaft. (Wo findet man denn in der Bibel homoousios? Dieses Konzept entstand ursprünglich unter den Gnostikern.)

Aber die wirkliche Frage ist : waren die Anhänger von Jesus vor Nizäa Christen? Sie waren es ganz gewiss. Trotzdem hat keiner das Glaubensbekenntnis von Nizäa behauptet. Wenn die ursprünglichen Apostel Jesu nicht an das Glaubensbekenntnis von Nizäa glaubten, warum sollten Mormonen das tun? Das Glaubensbekenntnis von Nizäa wurde genau deshalb entworfen, da frühe Christen diese christologischen Fragen sehr heftig debattierten. Zudem, wenn die Konzile maßgeblich sind und die Anerkennung ihrer Glaubensbekenntnisse eine Voraussetzung für Christlichkeit sind, warum lehnen dann Evangelikale die Theotokos-Lehre und Marienverehrung ab, wie sie bei dem Konzil von Ephesus 431 festgelegt wurde? Können sich die Evangelikalen aussuchen, welche Teile der ökumenischen Konzile jemand glauben muss, um ein Christ zu sein? Und was ist mit den monophysitischen Kirchen (Syrische, Ägyptische, Äthiopische, Armenische), die auch das Konzil von Kalcedonien (451) ablehnen? Sind die keine Christen? Dieser Weg führt zu historischer Absurdität.

 3.   Mormonen glauben, dass sogar der Vater im Himmel einen Körper hat und ihn offensichtlich auch braucht. Dadurch leugnen sie, dass Gott in seiner göttlichen Natur Geist ist. In Wahrheit glauben sie sogar, dass Gott der Vater ein erhöhter Mensch ist !

Wir glauben, dass der Vater einen Körper hat, nicht dass er ein Körper ist. Aber, für Mormonen, ist der Vater gleichermaßen Geist. Wenn der fleischgewordene Christus ein Gott sein kann, während er einen Körper hat, warum sollte das für den Vater problematisch sein? Auf jeden Fall ist es ganz klar, dass die Bibel den Vater anthropomorph beschreibt, sitzend, im Besitz einer rechten Hand, sprechend, und so weiter. Und viele frühe Christen glaubten genau das. (D. Paulsen, “Early Christian Belief in a Corporeal Deity: Origen and Augustine as Reluctant Witnesses” Harvard Theological Review 83/2 (April 1990): 105-116. Siehe auch Paulsen’s online Abhandlung.(engl.) oder auch die von Barry Bickmore auf deutsch „Gott hat einen Körper!”) Evangelikale mögen anthropomorphe Abschnitte in der Bibel als sinnbildlich betrachten, wenn sie wollen; aber wir Mormonen werden nicht sagen, dass sie deshalb keine Christen seien, weil sie diese klare biblische Lehre ablehnen.

 4.   Genau so wie sie glauben, dass die frühe Kirche abgefallen ist, glauben sie auch, dass die Bibel, wie wir sie haben, nicht unfehlbar ist oder immer wahrheitsgetreu und vertrauenswürdig ist, sogar bei so hauptsächlichen Fragen wie der Christologie. Daher muss sie durch nachfolgende prophetische Offenbarung in Schriften wie dem Buch Momon oder sogar der Köstlichen Perle ergänzt (und korrigiert) werden.

Da gibt es einige Fragen auseinanderzunehmen. Erstens, was ist die Bibel? Ist es die protestantische Bibel? Sind die Katholiken oder Griechisch Orthodoxen keine Christen weil sie die deuterokanonischen Bücher des Alten Testaments akzeptieren? Was ist mit der äthiopischen Bibel, die das Buch Enoch und Jubiläen enthält? Sind die Äthiopier deshalb keine Christen? Und was ist mit der Bibel Jesu? Es enthielt nur das Alte Testament – die frühesten Christen konnten das Neue Testament nicht als Heilige Schrift bestätigen, da es zu der Zeit noch nicht existierte; es war möglicherweise nicht formell zusammengestellt, bis zu einem Jahrhundert nach Christus und nicht kanonisiert bis zum späten vierten Jahrhundert. Offensichtlich kann man also Christ sein, ohne an das Neue Testament zu glauben.

Zweitens, ist die Bibel unfehlbar? Von einem geschichtlichen und textlichen Standpunkt, ist die einzig mögliche Antwort Nein. Es gibt ganz klare Widersprüche in der Bibel und viele Stellen mit unsicheren textlichen Varianten. Es gibt auch wissenschaftliche Irrtümer in einigen Hinsichten. Beachten Sie, dass die Mormonen nicht behaupten, dass die Christologie der Bibel falsch sei. Wir glauben, dass durch Interpretationen in so vielen verschiedenen Richtungen, durch so viele Theologen und Kirchen, sie alleine nicht ausreicht.

Drittens, ist die Bibel ausreichend? Während Evangelikale behaupten, dass sie es in der Theorie ist, Tatsache ist, in der Praxis ist sie es nicht. Die Tausende christlichen Glaubensrichtungen zeigen, dass dies eine offensichtliche Tatsache ist. (Siehe: C. Smith, The Bible Made Impossible: Why Biblicism Is Not a Truly Evangelical Reading of Scripture, Brazos, 2011). Die Tatsache, dass Witherington das Glaubensbekenntnis von Nicäa heranziehen muss, um sein Verständnis der Dreieinigkeit zu definieren, zeigt, dass die Bibel alleine nicht zu diesem Thema ausreichend ist. Wenn sie das wäre, würden wir ein Glaubensbekenntnis von Nicäa nicht gebraucht haben.

Aber die wirkliche Frage ist : muss man an die Unfehlbarkeit der Bibel glauben, um ein Christ zu sein? In der Tat glauben viele Christen, vielleicht sogar die meisten Christen nicht an die Unfehlbarkeit der Bibel. Wenn das wohl bedeutet, dass sie keine Evangelikalen sind ( auch viele Evangelikale lehnen die Unfehlbarkeit ab ), kann es nicht bedeuten, dass sie keine Christen sind.

 5.   Im Sinne der Soteriologie leugnen Mormonen die alleinige Hinlänglichkeit von Christi Tod für die Erlösung. Sie meinen, wie der verlinkte Artikel sagt, dass jeder von uns alles tun muss, was er kann, und dann auf die Gnade Gottes vertrauen. In anderen Worten, die de facto Position ist, dass der Mormonismus in bedeutendem Maß eine Werkreligion ist, sogar was die Erlösung betrifft.

Wenn das richtig ist, muss das heißen, dass Jesus selbst kein Christ war (z.B. Mk. 10:17-22). Während dieses Kriterium möglicherweise bedeutet, dass Mormonen nicht Evangelikale sind, kann es nicht heißen, dass wir keine Christen sind, außer jemand möchte behaupten, dass Katholiken und Orthodoxe auch keine Christen sind. Muss jemand die Ansichten der Protestantischen Reformation akzeptieren, nur um Christ zu sein? Wirklich?

 6.   Das Ziel der mormonischen Soteriologie ist, dass wir alle wie „Götter” werden, sowohl unsterblich als auch göttlich, und dadurch den Unterschied Schöpfer/Geschöpf verwischen, der durch eine Theologie, die behauptet, dass Gott eigentlich eine Art von „Übermensch” ist, nur mit weniger Fehlern, ohnehin schon schlimm verwischt war. Eine eher bekannte Lehre ist : „wie Gott war, so sind wir, so wie Gott ist, so werden wir sein.”

Wenn auch Protestanten die Vergöttlichung ablehnen, ist sie dennoch eine weithin im frühen Crhistentum geglaubte Lehre, was sie unter den Griechisch Orthodoxen immer noch ist (sollen Griechisch Orthodoxe ebenso aus der Christenheit ausgeschlossen werden?) Hier gibt es eine Bibliographie von heutigen Büchern über christliche Vergöttlichung :

Bartos, E. and K. Ware, Deification in Eastern Orthodox Theology (Gorgias, 2007).
Burns, Charlene, Divine Becoming: Rethinking Jesus and Incarnation (Fortress, 2001).
Casey, Michael, Fully Human-Fully Divine: An Interactive Christology (Liguori, 2004).
Choufrine, Arkadi, Gnosis, Theophany, Theōsis: Studies in Clement of Alexandria’s Appropriation of his Background. (Lang, 2002).
Christiansen Michael J. and Jeffery A. Wittung (eds.), Partakers of the Divine Nature: The History and Development of Deification in the Christian Traditions (Fairleigh Dickinson University Press, 2007).
Collins, Paul, Partaking in Divine Nature: Deification and Communion (T&T Clark, 2012).
Cooper, Adam, The Body in St. Maximus the Confessor: Wholly Flesh, Wholly Deified (Oxford, 2005).
Finlan, Stephen and V. Kharlamov (eds.), Theōsis: Deification in Christian Theology. (Eugene OR: Pickwick Publications, 2006).
George of Mount Athos, Theosis: The True Purpose of Human Life (Holy Monastery of Mount Athos, 2006) .
Gorman, M. Inhabiting the Cruciform God: Kenosis, Justification, and Theosis in Paul’s Narrative Soteriology (Eerdmanns, 2009).
Gross, Jules. The Divinization of the Christian According to the Greek Fathers, trans. Paul A. Onica. (Anaheim, Calif.: A & C Press, 1938, rep. 2002)
Hudson, Nancy J. Becoming God: The Doctrine of Theosis in Nicholas of Cusa (Catholic University of America Press, 2007).
Karkkainen, V. One with God: Salvation As Deification and Justification (Liturgical Press, 2004).
Keating, D. Deification and Grace (Sapientia Press, 2007).
Keating, D. The Appropriation of Divine Life in Cyril of Alexandria (Oxford, 2004).
Kharlamov, V. The Beauty of the Unity and the Harmony of the Whole: The Concept of Theosis in the Theology of Pseudo-Dionysius the Areopagite (Wipf & Stock, 2008).
Kharlamov, V. (ed.) Theosis II: Deification in Christian Theology, Volume Two (James Clark, 2012).
Maloney, Geroge, The Undreamed has Happened: God Lives Within Us (University of Scranton, 2005).
Norman, Keith, Deification: The Content of Athanasian Soteriology (FARMS Occasional Papers, Vol. 1, 2000).
Russell, Norman. Fellow Workers with God: Orthodox Thinking on Theosis (St. Vladimir’s Press, 2009).
Russell, N. The Doctrine of Deification in the Greek Patristic Tradition (Oxford University Press, 2004).
Staniloae, Dumitru, The Experience of God: Orthodox Dogmatic Theology, vol. 2, The World, Creation and Deification (2005).
Thomas, S. Deification in the Eastern Orthodox Tradition: A Biblical Perspective (Gorgias Press, 2008).

Das Konzept der Vergöttlichung beruht zum Teil auf Johannes 17:20-23.

20 Aber ich bitte nicht nur für diese hier, sondern auch für alle, die durch ihr Wort an mich glauben. 21 Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast. 22 Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast; denn sie sollen eins sein, wie wir eins sind, 23 ich in ihnen und du in mir. So sollen sie vollendet sein in der Einheit, damit die Welt erkennt, dass du mich gesandt hast und die Meinen ebenso geliebt hast wie mich

Wie immer man diese Passage interpretieren möchte, sie sagt aus, dass die Jünger eins sein können mit dem Vater und Sohn, genau so wie sie, der Vater und der Sohn, miteinander eins sind. Das ist der Kern der Vergöttlichung, wie sie von den Mormonen verstanden wird.

In der Zusammenfassung kann keines von Witheringtons sechs Kriterien als schlüssige Begründung für eine Ablehnung der Aussage, dass Mormonen Christen seien, dienen. Wir glauben, dass Jesus der Christus/Messias, der Sohn Gottes, ist. Das sollte genug sein. Dass wir weder Evangelikale, noch nizäische Christen, noch Katholiken sind, geben wir gerne zu. Aber das ist offensichtlich ein Trugschluss bezüglich der Kategorie. Der Umstand, dass Hunde Säugetiere sind, kann nicht bedeuten, dass Nicht-Hunde keine Säugetiere sind. Hunde, Löwen und Pferde sind alle Säugetiere; und Hunde können ebenso wenig zu Pferden sagen: „ Ihr seid keine Säugetiere,” wie Evangelikale zu Mormonen sagen können: „Ihr seid keine Christen.” Christen sind eine Gattung von der Evangelikale, Mormonen, Katholiken, Äthiopier usw. einfach Unterarten sind. So sehr sie auch gerne so tun, als wenn es anders wäre, Evangelikale haben den Namen „Christen” nicht gepachtet. Er trifft auf alle Nachfolger Jesus zu, in den tausenden Glaubensrichtungen. Wenn Witherington mich einen Ketzer nennen möchte, kann er das gerne tun. Aber ich bin ein christlicher Ketzer.

Man ist weder wegen der Annahme des Glaubensbekenntnisses von Nizäa, noch einer unfehlbaren Bibel, noch der Erlösung durch Glauben alleine ein Christ. Man ist ein Christ, weil man glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und versucht, wie schlecht das auch gelingen mag, als sein Jünger zu leben.

Für eine detailliertere Analyse dieser Fragen siehe : D. Peterson and S. Ricks, Offenders for a Word, (FARMS, 1998). Das Buch ist hier online verfügbar

Cross Posting von Mormon Scripture Explorations.

 

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Last Updated November 07, 2009
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