Die Tauflehre der Mormonen im christlichen Vergleich

Rene Krywult
FAIR Konferenz 2015
Darmstadt, Deutschland
04. 06. 2015

 

Motivation und Einreihung

Warum vergleichen?

Einleitung

Die Tauflehre

Bei der ersten deutschsprachigen FAIR Konferenz hielt ich einen Vortrag über die Wiederherstellung als Paradigma des Christentums.


Damals wies ich darauf hin, dass die Frage „Sind Mormonen Christen” sowohl von Mormonen als auch von Nichtmormonen auf unterschiedliche Weise beantwortet wird. Man sollte meinen, dass es hier nur ein „Ja” und ein „Nein” geben könnte, aber das wäre zu einfach. Ich verweise auf meinen damaligen Vortrag für eine nähere Erklärung.

Eine andere bisher unbeantwortete Frage steht aber noch im Raum: Wollen wir Mormonen überhaupt Christen sein? Und warum?

Erstmals stellte sich dieses Problem im Jahr 1917, ausgelöst durch den katholischen Bischof von SLC, der die Mormonen öffentlich als Nichtchristen bezeichnete, weil sie am Karfreitag tanzten. Hatte man noch einige Jahre vorher den Katholiken geholfen, Kirchen zu bauen, hatte man ihnen Gebäude zur Verfügung gestellt und sie in ihren Gottesdiensten durch Mormonenchöre unterstützt, so zog man sich nun immer mehr zurück. Gleichzeitig wurden vom Bischof der Episkopalkirche in Utah Pamphlete in Auftrag gegeben, die die Basis des mormonischen Glaubens angriffen, wie zum Beispiel wissenschaftliche Texte gegen das Buch Abraham. Dies vergiftete das Klima nachhaltig.

Unter den Mitgliedern machte sich die Meinung breit: „Wenn sie uns nicht in ihrem Club haben wollen, dann halt nicht.”

Nach einigen Jahren normalisierte sich die Lage aber wieder, ein Apostel wurde sogar Landwirtschaftsminister und man dachte in den USA, in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein.

Weit gefehlt. Das Buch „The Kingdom of the Cults”des Protestanten Walter Martin läutete Mitte der 1960er Jahre wieder eine neue Zeit der Abgrenzung ein. Martin gründete eine überkirchliche Organisation, unterhielt eine Rundfunkstation und schrieb unermüdlich gegen die „Sekten” und wurde damit zum „Paten der Anti-Sekten Bewegung”. Seine Arbeit führte auch in Europa zu einer neuen Sensibilisierung gegenüber kleineren Religionsgemeinschaften und zu einer regelrechten Sekten-Angst. In Skandinavien tat es Johannes Aagaard ihm nach und in Deutschland Rüdiger Hauth, der heutzutage zum Glück schon wieder ziemlich vergessen ist, aber bis ins Jahr 2000 kam man an ihm kaum vorbei.

Bruce R. McConkie vom Rat der Zwölf fand, dass der Kuschelkurs der vergangenen Jahrzehnte der Kirche nicht viel gebracht hatte, und wenn man das Reich Gottes aufbauen wollte, dann durfte man nicht mehr die Gemeinsamkeiten zu anderen christlichen Kirchen betonen, sondern musste die Verkaufsargumente, die Unterschiede, herausstreichen. Wenn deshalb die Ablehnung durch die restliche Christenheit größer würde, wenn dann fälschlicherweise behauptet würde, Mormonen seien keine Christen, so müsse man das in Kauf nehmen.

Mit der Präsidentschaft von Gordon B. Hinckley und Thomas S. Monson gibt es hier nun wieder die Gegenbewegung. Man hat sich lang genug abgegrenzt, jetzt ist wieder Zeit für verbesserte Beziehungen.

Natürlich trägt das auch dazu bei, dass Untersuchern nicht erst erklärt werden muss, dass wir keine Moslems sind, sondern an Jesus Christus glauben, die Taufe haben, etc. Es macht uns das Leben rundum leichter.

Zwei Erfolge dieses Bemühens möchte ich hier nennen: Erstens, die gute Zusammenarbeit zwischen Mormonen und Katholiken rund um Proposition 8 in Kalifornien. Zweitens, die Einladung von Franziskus and Präsident Henry B. Eyring, beim Humanum im Vatikan zu sprechen.

Elder Maxwell vom Rat der Zwölf hat diese Bemühungen um eine weitere bereichert: Wir haben den Auftrag, falsche Behauptungen über unseren Glauben zu entkräften und zu widerlegen. Es ist Zeit zu verhindern, dass Angriffe gegen die Kirche eine todsichere Sache darstellen, weil sich den Gegnern keiner entgegenstellt.

In diesem Sinne sind Bemühungen zu verstehen zu beweisen, dass wir Mormonen Christen sind. Wir wollen die Unterschiede nicht wegreden, wir schämen uns nicht unserer Besonderheiten. Es ist jedoch unser Ziel, dass uns nicht aus Irrtümern und Unwahrheiten heraus unser Anteil an Christus, unsere Nachfolgerschaft zu Christus, unser Christsein abgesprochen wird.

Um das zu tun, ist es wichtig, unsere Glaubensprinzipien und -praxis mit der anderen christlicher Kirchen zu vergleichen. Dadurch zeigen wir, wer wir sind. Der Vergleich macht nicht andere Kirchen schlecht, sondern setzt nur sie und uns in Beziehung.

 

Wenn aber Mormonen einen katholischen oder protestantischen Taufgottesdienst besuchen, werden sie von den Dingen, die dort über die Taufe gesagt werden, nicht abgestoßen. Im Gegenteil: Sie erkennen, dass die gleichen Erklärungen der Symbole, viele der gleichen Schriftstellen und gleichen Lehren gelehrt werden, wie wir sie bei einem Taufgottesdienst haben. Und so geht es auch katholischen und protestantischen Besuchern mormonischer Gottesdienste. Sind wir in dieser Sache wirklich so verschieden?

Was vergleichen?

Im Hebräerbrief lesen wir, was man von Christus zuerst verkünden muss: „über die Abkehr von toten Werken, über den Glauben an Gott, über die Taufen, die Handauflegung, die Auferstehung der Toten und das ewige Gericht;” (Hebr 6:1,2)

In meinem Konferenzbeitrag 2011 habe ich über Gnade gesprochen, und damit auch über Umkehr, Auferstehung und Gericht. 2013 war das Gottesbild, der Glaube an Gott mein Thema, und damit bleibt als letztes fundamentales Thema die Taufe und die Handauflegungen.

Mit wem vergleichen?

Es gibt mehrere Vergleichsmöglichkeiten:

  1. Das Christentum als Ganzes hat sich über die Geschichte geändert und die Geschichte nicht zu verstehen, bedeutet die Gegenwart nicht zu verstehen. So könnte man überlegen, wie die Tauflehre sich über die Jahrhunderte geändert hat, und zu welchem Taufverständnis das mormonische am besten passt.
  2. Wesentlicher sind aber die derzeit bestehenden Kirchen, die als christlich anerkannt sind. Das wären zuoberst einmal die Kirchen der Ökumene und die katholische Kirche.

Beiden werde ich heute nachgehen.

Welche Basis?

Über die Taufe wurde schon viel geschrieben und alle Bücher, Abhandlungen und Aufsätze auch nur zu aufzulisten, würde den Rahmen sprengen. Daher habe ich mich entschieden, an die Basis zu gehen.

Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage

Aus mormonischer Sicht findet sich die Basis, die Lehre der Kirche „beruht auf den vier ‚Standardwerken’ heiliger Schrift (der Bibel, dem Buch Mormon, dem Buch Lehre und Bündnisse und der Köstlichen Perle), amtlichen Erklärungen und Proklamationen sowie den Glaubensartikeln.” und wird „in den offiziellen Veröffentlichungen der Kirche einheitlich als Lehre verbreitet”.  Als zentrale Veröffentlichung der Kirche zu diesem Zweck dient das Buch „Verkündet mein Evangelium”, das in der Belehrung vor der Taufe verwendet wird.

Katholische Kirche

Für die katholische Kirche ist der Weltkatechismus eine verbindliche Grundlage in der Belehrung. Er ist daher das passende Pendant zu „Verkündet mein Evangelium”. Weiters ist das Messbuch eine gute Quelle.

Protestantismus

Aus protestantischer Sicht sind der Heidelberger Katechismus und Luthers Großer Katechismus bedeutende Werke der Reformation. Die meisten Tauflehren der heutigen protestantischen Kirchen haben dort ihren Anfang genommen. Auch sie erscheinen mir daher gut geeignet.

Orthodoxie

Hier habe ich keine einheitlichen für alle orthodoxen Kirchen grundlegenden Katechismen gefunden, wohl aber lokale. Es kann daher sein, dass mein Vergleich hier nicht so fundiert ist, wie ich es gerne hätte.

 

Geschichte der gegenseitigen Nicht-Anerkennung

Mormonische Praxis

Zehn Tage nach der offiziellen Wiederherstellung der Kirche im April 1830 kam die Frage auf, ob jemand, der schon in einer anderen Kirche getauft wurde, sich erneut taufen lassen muss, oder ob diese Taufe gültig bleibt.

Eine Antwort darauf gibt Lehre und Bündnisse 22, wo es heißt:
2  Darum, wenn jemand auch hundertmal getauft worden sein sollte, so nützt es ihm nichts, denn ihr könnt weder durch das Gesetz des Mose noch durch eure toten Werke durch die enge Pforte eintreten.

4  Darum tretet durch die Pforte ein, wie ich geboten habe…

 

Daraus lesen Mormonen, dass die Taufen anderen christlicher Kirchen für uns nicht gültig sind. Erklärt wird das mit der Vollmacht des Priestertums, die nach dem Tod der Apostel Jesu aus mormonischer Sicht in den alten Kirchen nicht mehr vorhanden war.

 

Katholische, orthodoxe und protestantische Praxis

Ketzertaufstreit

Um zu verstehen, wie es zu den heutigen Lehren gekommen ist, empfiehlt es sich, ins 2. und 3. nachchristliche Jahrhundert zurück zu gehen.

Immer wieder in der Frühgeschichte der Kirche trennten sich Gruppen von Gläubigen von der Kirche. Meist waren es Lehrunterschiede, die zur Trennung führten. Die Frage, wie mit den Sakramenten der „Andersgläubigen” umzugehen sei, wurde unterschiedlich beantwortet.

In Rom und Alexandria herrschte die Meinung vor, dass ein Sakrament, das in richtiger Form und richtiger Absicht empfangen wurde, immer gültig ist, unabhängig von der Person des Spenders.

In Nordafrika und Kleinasien hielt man dagegen an der Würdigkeit des Spenders fest.

Das führte aber zu weiteren Fragen:

Wie war mit einer Taufe umzugehen, wenn der Täufer zum Zeitpunkt der Taufe zwar noch in der Kirche war, aber schon zu einer Irrlehre tendiert hatte? Was ist mit einem Täufer, der seine Irrlehre oder Sünde nur für sich behält und niemand weiß davon?

Was ist mit einem Bischof, der von jemandem ordiniert wurde, der zeitweilig von der Kirche abgefallen war? Sind seine Weihe und damit auch alle Sakramente, die er gespendet hatte, damit ungültig?

Schon früh hatte Tertullian eine Position definiert:

Es gibt für uns durchaus nur eine Taufe, sowohl gemäß dem Evangelium des Herrn, als auch gemäß den Briefen der Apostel, weil Gott einer ist, die Taufe eine und nur eine Kirche in den Himmeln3), Hinsichtlich der Häretiker möchte man freilich mit Recht Bedenken haben, wie es zu halten sei. Denn der Ausspruch ist nur an uns gerichtet; die Häretiker aber haben keinen Teil an unserer Lehre und die Entziehung der Kirchengemeinschaft bezeugt jedenfalls, dass sie draußen stehen. Was mir vorgeschrieben ist, darf ich an ihnen nicht anerkennen, weil sie nicht denselben Gott haben wie wir, und auch nicht einen Christus, d. h. den nämlichen, und darum auch nicht eine Taufe, weil nicht die nämliche. Da sie letztere nicht auf die richtige Weise haben, so haben sie sie offenbar gar nicht, und was man gar nicht hat, das kann nicht gezählt werden. So können sie auch nicht empfangen, weil sie nicht haben. (Terullian, De Baptismo 15)

Tertullian bezieht sich hier auf Epheser 4:5:

ein Herr, ein Glaube, eine Taufe

Die damals vorherrschende Meinung war, dass jeder Mensch nur ein einziges Mal getauft werden könne, in Abgrenzung zu den Waschungsritualen des Judentums, die regelmäßig wiederholt wurden. Tertullian musste nun abgrenzen, wieso er meinte, dass die „Ketzertaufe” einer Wiederholung, einer „echten” Taufe bedarf und meinte, dass die Taufe durch jemand, der nicht ein Mitglied in gutem Stand ist (um mormonische Sprache hier zu verwenden), gar keine Taufe sei, sondern nur eine unsinnige, taufähnliche Handlung.

Der Ketzertaufstreit zog sich durch das 3. Und 4. Jahrhundert. Kaiser Konstantin berief dann ein Konzil in Arles in der Provinz Gallien ein. Diese entschied, dass die Gültigkeit der Taufe unabhängig von der Rechtgläubigkeit und persönlichen Würdigkeit des Spenders sei. Für die Taufe sei aber die richtige Form, Materie und Absicht ausschlaggebend. Mit diesen drei Begriffen werden wir uns später noch auseinandersetzen.

Dennoch war damit das Thema noch nicht vom Tisch, das daraus resultierende Schisma, die Kirchentrennung, dauerte bis ins 5. Jahrhundert.

Schisma zwischen Rom und Konstantinopel

Bewegung kam dann wieder ins Spiel mit dem Schisma zwischen Ost- und West-Kirche. Für den Osten lehrte die Kirche von Rom nicht die richtige Dreifaltigkeitslehre, sondern eine semisabellianistische Irrlehre. Ich ersuche, diese Unterschiede in meinem Vortrag von 2013 nachzulesen.

Diese Irrlehre war also genau das, wovon das Konzil von Arles gesprochen hatte: Solange das dreifaltige Bild stimmt, solange gilt die Taufe, wenn sie in der richtigen Form und Absicht mit der richtigen Materie durchgeführt wird. Daher lehnten die Orthodoxen die katholische Taufe ab.

Reformationszeit

Der nächste Schritt kam mit der Reformation.

Einerseits fragte die katholische Seite: Sind die Protestanten überhaupt noch Christen? Katholischerseits wurde die Frage bejaht und damit wurden protestantische Taufen anerkannt.

Andererseits war unter den Protestanten auch eine Wiedertäuferbewegung aufgekommen, die allein die Glaubenstaufe als gültig ansah, also die Taufe eines Mündigen, der sich selbst zum Glauben bekennt. Die Taufe von Säuglingen galt ihnen gar nicht als Taufe. Daher lehnten sie auch den Begriff „Wiedertäufer” ab, denn für sie war die Erwachsenentaufe nicht eine erneute, sondern die erste gültige Taufe. Erwachsenentaufen wurden jedoch generell anerkannt, selbst wenn sie katholisch waren.

Für die Orthodoxen war es einfach: Da schon die katholische Taufe ungültig war, war es die der (aus orthodoxer Sicht) von der katholischen abgefallenen Irrlehrer erst recht. Die katholische Kirche erkannte aber auch in dieser Zeit, wo die Orthodoxen keine katholische Taufe anerkannten, die orthodoxe Taufe an.

Wiederherstellung

Aus dem ergab sich, dass die mormonische Taufe von Katholiken und zumindest den meisten Protestanten anerkannt wurden, von den Orthodoxen jedoch nicht.

Eine Gruppierung tat sich in der Ablehnung der Mormonen besonders hervor, die Southern Baptist Convention, die sich von den Nord-Baptisten getrennt hatte, weil die Nordstaatler Sklavenhalter nicht als Prediger zulassen wollten.

Ökumene und Lima-Erklärung

An den Ursprüngen der Ökumene zwischen 1900 und 1920 wollen heute sowohl die katholische, als auch die orthodoxen und die protestantischen Kirchen beteiligt sein. In langen Fachsitzungen wurde dort jahrelang diskutiert und geforscht, um zu sehen, ob es ein gemeinsames Verständnis zu Grundlagen des Glaubens, also Gottesbild, Taufe und Gabe des Geistes, Abendmahl, Ehe, Kirchenverständnis und Priestertum geben kann.

Es ist eine Geschichte der Fortschritte und Rückschläge. Rückschläge, als Papst Johannes Paul bekräftigte, dass die Protestanten gar keine Kirchen hätten, sondern nur kirchenähnliche Gemeinschaften, oder als die georgisch-orthodoxe Kirche 1997 und die bulgarisch-orthodoxe Kirche 1998 aus dem Weltkirchenrat ausgetreten sind.

Fortschritte aber auch in der gegenseitigen Anerkennung: Ein gemeinsames Gottesbild, eine gemeinsame Erklärung zu Taufe, Eucharistie (was wir Mormonen Abendmahl nennen) und Amt, sowie Anerkennung der jeweilig anderen Taufen.

Diese gemeinsame Erklärung, die sogenannte Lima-Erklärung wurde 1982 verabschiedet.

Sie ist kein Forschungsbericht, sondern Positionsbestimmung, der gemeinsame Forschung vorausgegangen ist. Festgehalten wird die Aufforderung an alle Kirchen in der Ökumene, bilateral Taufanerkennung zu erklären und zu überprüfen, ob die eigene Taufpraxis dem Dokument entspricht.

Wichtige Punkte sind hier:

  • Die Unwiederholbarkeit der Taufe (also keine Wiedertaufe)
  • Der Zusammenhang zwischen Taufe und individuellem Glauben ist unaufhebbar
  • Die Durchführung der Taufe mit Wasser (wobei sowohl Untertauchen als auch besprengen akzeptabel sind)
  • Die Taufe im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes
  • Taufe hat mit Namensgebung direkt nichts zu tun
  • Die Taufe soll in einem öffentlichen Gottesdienst geschehen.
  • Die Taufe ist erst mit der Teilnahme am Abendmahl und der Firmung/Konfirmation vollständig
Ablehnung der mormonischen Taufe
1991 Untersuchung der katholischen Glaubenskongregation

Im Oktober 1991 schrieb eine katholische Diözese im Mittelwesten der USA an die Glaubenskongregation mit der Frage, wieso die Mormonentaufe anerkannt werden muss. Aus Sicht dieses Geistlichen war das ein Unding und er führt als Punkte an:

  1. Die Mormonen sind Polytheisten und lehnen die Dreifaltigkeitslehre ab;
  2. Gott Vater war einst Mensch;
  3. Jeder Mensch kann ein Gott werden;
  4. Jesus und der Heilige Geist seien durch sexuelle Vereinigung Gottes gezeugt worden;
  5. Sie glauben an einen Abfall vom Glauben und weisen zurück, dass außer ihnen irgendeine Kirche gültig sei.

Kardinal Ratzinger, der spätere Papst Benedikt, beantwortete diese Frage im März 2001:

Am 15. Februar 1991 genehmigte der Heilige Vater in einer Audienz, die dem Kardinalpräfekt gewährt worden war, die Schlussfolgerung der Untersuchung der dieser Kongregation, dass es „nicht genügend Gründe [gibt], die derzeitige Praxis, die Gültigkeit der Taufe der Mormonen zu bestreiten.”

1997: VELKD

Im Handbuch „Religiöse Gemeinschaften und Weltanschauungen” wird dargelegt, dass die Mormonen keine Christen seien, dass es keine kirchliche Hochzeit zwischen Mormonen und Lutheranern geben kann, dass ein Mormone nicht Taufpate sein kann und dass Mormonen keine Kirchenbücher für genealogische Forschung zur Verfügung gestellt werden sollen.

2001: Antwort der katholischen Glaubenskongregation auf das Dubium

Im Jahr 2001 scheint die Frage nochmals aufgekommen zu sein. Noch immer war Johannes Paul II Papst und Joseph Ratzinger Kardinalpräfekt der Glaubenskongregation.

Diesmal wurde die Frage negativ beantwortet: Mormonen, die zum Katholizismus konvertieren, müssen erneut belehrt und getauft werden.

Eine Erklärung von einem Berater der Kongregation, dem Jesuiten Luis Ladaria, führt folgende Gründe an:

 

  1. Die Mormonen sind Polytheisten und lehnen die Dreifaltigkeitslehre ab
  2. Gott Vater war einst Mensch
  3. Jeder Mensch kann ein Gott werden
  4. Sie glauben an einen Abfall vom Glauben und weisen zurück, dass außer ihnen irgendeine Kirche gültig sei.
  5. Mormonen glauben, dass schon Adam getauft wurde, daher liegt der Ursprung der Mormonentaufe nicht in Christus
  6. Mormonen lehnen die Erbsünde ab – und damit die Kindertaufe
  7. Mormonen wiederholen die Taufe nach einem Ausschluss oder Austritt

Wir sehen: Ein Punkt (göttlicher Sex) wurde gestrichen, drei Punkte wurden hinzugefügt.

All diese Punkte weisen für Ladaria darauf hin, dass die Absicht der Mormonen eine völlig andere ist, als die der katholischen Kirche. Außerdem weisen die ersten 3 Punkte darauf hin, dass auch die Form nicht trinitarisch sein kann. Damit seien drei der zwei notwendigen Punkte (Form, Materie und Absicht) nicht erfüllt.

2000-2004 andere christliche Kirchen

Nicht jede Kirche, die die mormonische Taufe nicht anerkennt, hat dazu auch eine Erklärung abgegeben.

Diese Presbyterianer und Methodisten erklärten, dass man einzelnen Mormonen das Christsein nicht absprechen wolle, dass die Mormonen jedoch nicht in der gleichen apostolischen Tradition stünden wie diese Kirchen selbst, und daher sei eine Taufe erforderlich.

Die Evangelical Lutheran Church führt ein unterschiedliches Gottesbild als Grund dafür an, die Mormonentaufe nicht anzuerkennen.

 

Schluss

Da die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage die Taufen anderer Kirchen nicht anerkennt, ist es nur fair, dass auch die anderen Kirchen die mormonische nicht anerkennen.

Dennoch sind die Gründe, die angeführt werden, genau zu betrachten. Wenn sie auf Irrtümern oder Fehlinterpretationen unseres Glaubens beruhen, müssen diese aufgeklärt werden. Welche Folgen das für die Entscheidungen dieser Kirchen haben kann oder soll, ist nicht unsere Verantwortung.

Die Taufe im Vergleich

Basis

In der Folge werde ich Ladarias Ausführungen als Leitfaden nehmen, anhand dessen ich meinen Vergleich strukturiere –

Wir vergleichen daher die Absicht, die Form, die Materie,

Was ist die Absicht?

Katholisch

Ladaria führt an, dass die Absicht, die Mormonen und Katholiken bei der Taufe haben, eine völlig unterschiedliche ist.

Dies führt er auf das seiner Meinung nach falsche Gottesbild zurück.

 

Allerdings verquickt er damit zwei Themen. Denn die Frage nach dem Gottesbild, die wird auch in der Form, speziell in der Taufformel gestellt.

 

Konzentrieren wir uns hier einmal nur auf die Absicht. Sehen wir uns an, was die katholische Kirche im Weltkatechismus lehrt:

 

1213 Die heilige Taufe ist die Grundlage des ganzen christlichen Lebens, das Eingangstor zum Leben im Geiste und zu den anderen Sakramenten. Durch die Taufe werden wir von der Sünde befreit und als Söhne Gottes wiedergeboren; wir werden Glieder Christi, in die Kirche eingefügt und an ihrer Sendung beteiligt: „Die Taufe ist das Sakrament der Wiedergeburt durch das Wasser im Wort”.

 

 

1227 Dem hl. Apostel Paulus zufolge wird der Gläubige durch die Taufe in den Tod Christi hineingenommen, er wird mit ihm begraben und ersteht mit ihm auf.

 

Wir haben hier also folgende Punkte:

  1. Eingangstor zum Leben im Geist und zu den Sakramenten
  2. Befreiung von Sünde
  3. Wiedergeburt als Söhne Gottes durch das Wasser
  4. Mitgliedschaft in der Kirche
  5. Sinnbild für Tod und Auferstehung Jesu

 

Protestantisch

Luthers Großer Katechismus, vierter Teil

Zuerst aber nehmen wir uns die Taufe vor, durch die wir erstlich in die Christenheit aufgenommen werden. … Denn man taufet niemand darum, dass er ein Fürst werde; sondern wie die Worte lauten, dass er selig werde. Selig werden aber weiss man wohl, dass es nicht anderes bedeutet, als von Sünden, Tod und Teufel erlöset in Christi Reich kommen und mit ihm ewig leben. .. Denn durchs Wort kriegt sie die Kraft, dass sie ein „Bad der Wiedergeburt” ist.

 

Luthers Punkte hier sind:

  1. Eingangstor in die Christenheit
  2. Befreiung von Sünde
  3. Bad der Wiedergeburt

 

Heidelberger Katechismus

F: Wie wirst du in der heiligen Taufe erinnert und gewiss gemacht, dass das einmalige Opfer Christi am Kreuz Dir zugut kommt?
A: Christus hat dies … eingesetzt und dabei verheißen, dass ich … von der Unreinigkeit meiner Seele, das ist, von allen meinen Sünden reingewaschen bin…

F: Was heißt mit dem Blut und Geist Christi gewaschen sein?

A: …Vergebung der Sünde … durch den Heiligen Geist erneuert … zu einem Glied Christi geheiligt …

F: Warum nennt denn der Heilige Geist die Taufe das „Bad der Wiedergeburt”…?
A: Er will uns durch dies göttliche Pfand und Wahrzeichen gewiss machen…

F: Soll man auch die kleinen Kinder taufen?

…Darum sollen auch die Kinder durch die Taufe, das Zeichen des Bundes, in die christliche Kirche als Glieder eingefügt werden.

 

Die Kernpunkte sind hier:

  1. Mitgliedschaft in der christlichen Kirche
  2. Befreiung von Sünde
  3. Bad der Wiedergeburt
  4. Zeichen des Bundes
Orthodoxer Katechismus III: Die Sakramente (Archimandrit Johannes Peterflavy)

F: Was wissen wir von der Taufe?

A: In der Taufe wird der Mensch … geistlich wiedergeboren. Er wird zum geistlichen Leben fähig gemacht und an Christus in seiner Kirche angegliedert?

F: Kann ein Mensch gerettet werden und nach dem Tod zu Gott kommen, ohne getauft worden zu sein?

A: Nein. Auch das hat Christus deutlich gesagt. Er sprach: „Es sei denn, dass jemand aus Wasser und Geist geboren werde, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen”.

A: Durch die Taufe wird der Mensch von der Erbsünde und, falls es sich um einen Erwachsenen handelt, auch von den persönlichen Sünden gereinigt. Durch die Taufe wird der Mensch zum Christen. Er gehört dann sichtbar der Kirche und unsichtbar dem mystischen Leib Christi an.

 

Die Punkte sind uns mittlerweile vertraut:

  1. Eingangstor zum geistlichen Leben
  2. Mitglied der Kirche
  3. Befreiung von Sünde
  4. Wiedergeburt
  5. Sichtbares Zeichen

Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage

Lektion 2: Nur durch die Gnade und Barmherzigkeit des Erretters können wir von Sünden rein werden. .. Dazu müssen wir Glauben an Jesus Christus üben, umkehren und uns taufen lassen…

Lektion 3: Niemand kann in das Gottesreich eintreten, wenn er nicht getauft ist. Die Taufe ist ein Symbol für den Tod, die Grablegung und die Auferstehung des Erlösers. .. Jesus hat gelehrt, dass die Taufe eine Neugeburt ist. Der Vorgang, dass man von neuem geboren wird, setzt mit der Taufe ein: Wir werden in geistigem Sinne Söhne und Töchter Gottes. Wir müssen uns taufen lassen, denn nur so werden wir Mitglied der … Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage.

Lektion 4: Bei der Taufe … gehen wir ein Bündnis mit Gott ein. … Gott verspricht uns, dass … uns unsere Sünden vergeben werden und wir von Neuem geboren werden.

 

  1. Eintritt in das Reich Gottes
  2. Mitglied der Kirche Christi
  3. Befreiung von Sünden
  4. Wiedergeburt als Söhne und Töchter Gottes
  5. Bündnis
  6. Sinnbild für Tod und Auferstehung Jesu

 

Besonderes Augenmerk verdient die Frage nach der Erbsünde. Wie viele Mormonen aber auch traditionelle Christen, die sich mit unserem Glauben beschäftigen, nimmt Ladaria fälschlicher Weise an, dass Mormonen nicht an eine Erbsünde glauben.

Dies ist, wie ich in meinem Vortrag „Gnade – ein Wort ohne Bedeutung” im Jahr 2011 dargelegt habe, falsch. Wir glauben, dass der Mensch durch den Fall Adams teuflisch, fleischlich und sinnlich, ein Feind Gottes geworden ist. Wir glauben, dass es viel leichter fällt zu sündigen, als heilig zu leben, und dass es nur dadurch möglich ist, daran etwas zu ändern, wenn wir den Einflüsterungen des Heiligen Geistes nachgeben. Das ist durchaus eine Erbsündelehre.

Was wir jedoch nicht glauben, ist eine vererbte Schuld, die wir von Adam her tragen und für die eine Taufe notwendig wäre. Das Buch Mormon spricht von einem Fluch auf Adam, der in Christus von kleinen Kindern weggenommen ist.

Schluss

Wie wir sehen, sind die christlichen Kirchen in ihrer Absicht nicht völlig gleich, wenn sie auch kompatibel sind. Alle Punkte jedoch, die die katholische Kirche nennt, werden auch den Untersuchern der Mormonen gelehrt. Darüber hinaus haben wir noch einen Punkt, nämlich den des Bündnisses. Ihn haben wir mit dem Heidelberger Katechismus gemeinsam. Allein daraus lässt sich also nicht folgern, dass die Taufe der Mormonen nicht die gleiche Absicht verfolgt, wie die der anderen Kirchen. Tatsächlich teilt die Kirche Jesu Christi die meisten Gemeinsamkeiten in Bezug auf die Absicht mit der katholischen und dann den orthodoxen Kirchen.

 

Form

Es gibt keinen Zweifel daran, dass die Formel, mit der Mormonen taufen, dem Wortlaut nach richtig ist. Und doch wird angezweifelt, dass Mormonen hier auf den richtigen Gott taufen.

Dies hat drei Aspekte:

  1. Sind Mormonen Trinitarier
  2. War Gott einmal ein Mensch und gibt es eine Mutter im Himmel
  3. Haben Gott und Mensch im Wesen die gleiche Natur

Ich werde hier keinen Vergleich zwischen den Lehrern der anderen christlichen Kirchen und unserer anstellen, dazu fehlt hier die Zeit, ich widme mich statt dessen den Aspekten selbst.

 

Sind Mormonen Trinitarier?

In meinem Vortrag im Jahr 2013 hier in Darmstadt mit dem Titel „Dreifaltigkeit und das Gottesbild der Mormonen – ein Vergleich” habe ich ausgeführt:

  1. Trinität ist ein Wort, das die Propheten und Generalautoritäten in Generalkonferenzen verwenden, um unser Gottesbild zu beschreiben. John Taylor sprach sogar von der „heiligen Trinität”. Dies wird auf Deutsch ausschließlich mit „Dreieinigkeit” übersetzt.
  2. Das Buch Mormon ist ein trinitarischer Text, mehr noch als es die Bibel ist. Im englischen heißt es dort: „dies ist die einzig wahre Lehre vom Vater und vom Sohn und vom Heiligen Geist, der ein Gott ist. (Moro 7:7)
  3. Das mormonische Gottesbild entspricht sehr gut dem der sozialen Trinitätslehre, wie sie im 6. Jahrhundert vor Christus gelehrt wurde. Christus ist eines Wesens mit dem Vater, was das Gottsein angeht, und eines Wesens mit uns, was das Menschsein angeht. Sie sind eins, ein Gott, durch das liebevolle Ineinandersein, durch die völlige Gemeinschaft, wie es im hohepriesterlichen Gebet in Joh 17 beschrieben ist. In anderen Kirchen wird das als Perichorese bezeichnet.
  4. Wir betonen die Dreiheit, wie es auch die orthodoxen Kirchen tun, deutlich mehr, als die katholische Kirche, aber wenn Mormonen und andere Christen sagen, das mormonische Gottesbild sei keine Dreifaltigkeitslehre, so geht das darauf zurück, dass man entweder die komplizierten Trinitätsdogmen der traditionellen Kirchen oder die einfachen Wahrheiten der Kirche Jesu Christi nicht ausreichend versteht.

 

 

War Gott einmal ein Mensch, und gibt es eine Mutter im Himmel

Die Idee, dass Gott einmal Mensch war, beruht im Wesentlichen auf zwei Punkten. Zuerst wäre da die King Follet Ansprache von Joseph Smith zu nennen. Als Zweites Lorenzo Snows berühmtes Couplet: Wie der Mensch ist, wahr Gott einmal,

Wie Gott ist, kann der Mensch einmal werden.

 

Wie ich ebenso in meinem Vortrag 2013 ausgeführt habe, sagte Präsident Hinckley zum ersten Teil des Couplets: „Ich weiß nicht, dass wir das lehren. Ich weiß nicht, dass wir das betonen. Ich habe schon lange nicht gehört, dass es öffentlich diskutiert wurde. Ich kenne nicht alle Umstände, unter denen diese Aussage gemacht wurde. Ich verstehe den philosophischen Hintergrund dahinter. Aber ich weiß nicht viel darüber, und ich weiß nicht, dass andre etwas darüber wissen.”

 

Mit anderen Worten: Der Mormonismus verneint die Frage nach einer Gottwerdung des Himmlischen Vaters nicht – im Gegensatz zu anderen christlichen Kirchen -, aber es ist nicht Lehre der Kirche, denn es findet sich diese Idee in keinem der Standardwerke ausformuliert.

 

In Bezug auf die „Mutter im Himmel” ist die Beweislage noch dünner. Hier haben wir den Ursprung nicht in einem Ausspruch eines Präsidenten der Kirche, sondern in einem Kirchenlied. Sie ist eine Extrapolation aus der Lehre, dass wir, um so zu werden, wie Gott ist (eine Lehre, die sowohl in der katholischen als auch in den orthodoxen Kirchen gelehrt wird, eine Lehre, die Martin Luther auch noch lehrte, auch wenn nach ihm die protestantischen Kirchen Calvins Ablehnung dieser Lehre unterstützten), in Ewigkeit verheiratet sein müssen, und der Idee, dass Gott Vater einmal Mensch war. Es ist Spekulation auf Spekulation. Auch wenn sie sehr bestechend ist, so wäre es doch falsch, dies als Lehre der Kirche zu bezeichnen.

Ja, viele Mormonen glauben dies, aber es ist kein Muss.

Folgerichtig werden diese beiden Ideen weder in „Verkündet mein Evangelium” noch in „Grundbegriffe des Evangeliums”, der einjährigen Belehrung über unseren Glauben, die Untersucher und Neugetaufte erhalten, gelehrt.

Daher ist Ladaria völlig im Irrtum, wenn er in Bezug auf diesen Punkt sagt: „Die zu taufende Person, die bereits ihren Verstand verwenden kann, ist gemäß einer sehr strikten Norm von Lehren und dem Glauben der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage unterrichtet worden. Es muss daher festgehalten werden, dass es undenkbar ist, dass die Taufe, die diese Person erhalten hat, etwas Anderes ist, als er gelehrt wurde. Es scheint unmöglich, dass die Person die gleiche Absicht hat, die die katholische Kirche für die Taufe eines Erwachsenen fordert.

Ein kurzer Blick in die Taufunterweisung, die Untersucher und Neugetaufte erhalten (auch schon vor „Verkündet mein Evangelium”!) hätte Ladaria vor diesem Irrtum bewahrt.

Wenn ein Mormone also nach seiner Taufe die Spekulationen erfährt und vielleicht sogar glaubt, die Ladaria hier ankreidet, so ändert das nichts an der Tatsache, dass sie ihm zur Taufe nicht gelehrt wurden. Weil sie, ob sie nun richtig sind oder falsch, nicht bindende Lehre der Kirche sind.

Haben Gott und Mensch im Wesen die gleiche Natur

Die Kirche Jesu Christi bekräftigt, was uns die Bibel lehrt: Wir alle, Gläubige wie Ungläubige, sind von Gottes Art (Apg 17: 28,29), wir sind die Brüder des Sohnes Gottes (Hebräer 2:11,17).

Das aber mit einer gleichen Natur gleichzusetzen ist ein Fehler, denn wir lernen von Petrus (2Petrus 1:4), dass wir Teilhaber der göttlichen Natur werden sollen – was nicht ginge, wenn wir diese schon hätten. Dies stimmt völlig überein mit Mosia 3:19 im Buch Mormon, wo es heißt: „Der natürliche Mensch ist ein Feind Gottes”. Es ist eben nicht unsere Natur göttlich, sonst bräuchten wir ja diesen Jesus Christus nicht, damit er uns die Macht gibt, Söhne und Töchter Gottes zu werden (Joh 1:12,13).

Auch in diesem Punkt ist also Ladarias Beschreibung unseres Glaubens falsch.

Schluss

Aus dem bisher Gesagten schließe ich, dass Ladarias Behauptungen, dass Mormonen nicht nur einfach eine Irrlehre in Bezug auf die Dreifaltigkeit und auf Gott selbst, sondern ein völlig unchristliche Lehre vertreten würden, schlichtweg falsch ist. Wie wir im chronologischen Abriss auch schon gehört haben, waren diese Behauptungen schon 1991 aufgestellt worden, und die damalige Kongregation für den Glauben hat sie als nicht ausreichenden Beweis gewertet, die Taufe der Mormonen als unchristlich einzustufen.

Materie

Sowohl Mormonen als auch traditionelle Christen taufen mit Wasser.

In der orthodoxen Kirche sowie in einigen protestantischen Kirchen wird durch Untertauchen getauft, in der katholischen Kirche und den anderen protestantischen Kirchen ist das Untertauchen durchaus möglich, die Regel ist jedoch das Überschütten des Kopfes mit Wasser.

Interessant ist hier, dass die Orthodoxen nicht nur einmal untertauchen, sondern für jede Person der Gottheit einmal, also drei Mal insgesamt.

Mormonen taufen ausschließlich durch Untertauchen, und es wird nur ein Mal untergetaucht – ein Hinweis auf die Einheit Gottes.

Wiederholbarkeit

In den ökumenischen Kirchen

In der Lima-Erklärung findet sich folgender Passus:

  1. Die Taufe ist eine unwiederholbare Handlung. Jegliche Praxis, die als „Wiedertaufe” ausgelegt werden könnte, muß vermieden werden.

Kirchen, die auf einer bestimmten Form der Taufe bestanden haben oder die ernste Fragen hatten im Blick auf die Gültigkeit der Sakramente und Ämter anderer Kirchen, haben zeitweilig von denen, die aus anderen kirchlichen Traditionen kamen, verlangt, sich taufen zu lassen, bevor sie in die volle Mitgliedschaft (mit Abendmahlsberechtigung) aufgenommen wurden. Wenn die Kirchen zu einem volleren gegenseitigen Verständnis und zu einem gegenseitigen Aufnehmen kommen und in engere Beziehungen in Zeugnis und Dienst treten, werden sie sich jeglicher Praktiken enthalten wollen, die die sakramentale Integrität der anderen Kirchen in Frage stellen oder die die Unwiederholbarkeit des Taufsakramentes beeinträchtigen könnten.

Da die Ökumene die Vereinung der christlichen Kirchen als Ziel hat, ist klar, dass aus deren Sicht alles zu vermeiden ist, was die „sakramentale Integrität” der anderen Kirchen in Frage stellt.

Wichtiger jedoch scheint mir die Auffassung, dass die Taufe unwiederholbar sei. Wir erinnern uns, diese Auffassung ist schon im frühen 3. Jahrhundert im Ketzertaufstreit Voraussetzung gewesen.

So hält auch der Codex des kanonischen Rechtes[1] fest:

Fähig zum Empfang der Taufe ist jeder und nur der Mensch, der noch nicht getauft ist.

Martin Luther bezieht sich in seiner Ablehnung der Wiedertaufe nicht auf die alten Traditionen, seine Absicht liegt darin, die Kindertaufe zu rechtfertigen und auf den Glauben hinzuweisen. Die Wiedertäufer seiner Zeit, so meint er, würden mit der Ablehnung der Kindertaufe eine Werkgerechtigkeit fördern. So schreibt er:

Denn ob sie gleich hundertmal die Worte wieder sprechen, so sind es doch dieselbigen Worte, so in der ersten Tauf gesprochen sind, und ihre Kraft nicht daher haben, daß sie vielmal oder aufs Neue gesprochen werden, sondern daß sie befohlen sind zu sprechen einmal. Denn das ist des Teufels rechter Meisterstück eines, daß er die Christen von der Gerechtigkeit des Glaubens auf die Gerechtigkeit der Werke nöthigt[2]

Er lehnt also nicht, wie Tertullian, mit Hinblick auf das Bibelwort, „ein Herr, ein Glaube, eine Taufe” ab, sondern weil damit das Tun des Menschen wichtig wird.

Interessant ist hier die Sichtweise baptistischer Gemeinden, die also auf die Erwachsenentaufe Wert legen. Der baptistische Neutestamentler George Beasley-Murray schreibt:

Wo ein Bewerber als Kind getauft und später ordnungsgemäß auf das Bekenntnis des Glaubens in eine Kirche aufgenommen wurde, wie immer der Ritus der Aufnahme auch gewesen sein mag, sollte er so in eine Baptistengemeinde aufgenommen werden, als käme er von einer anderen Baptistengemeinde, d.h. durch Überweisung[3]

 

In der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage

Diese Frage müssen wir in zwei Teile teilen

Taufe von schon in anderen Kirchen getauften

Es ist richtig, dass die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage keine Taufe als gültig anerkennt, die nicht in der richtigen Form, mit der richtigen Formel und der richtigen Materie durchgeführt wird, so wie das auch die anderen christlichen Kirchen tun. Darüber hinaus ist aber die richtige Vollmacht des Täufers ebenso entscheidend. Da diese in den anderen christlichen Kirchen nicht gegeben ist, ist auch deren Taufe keine gültige. Getaufte Mitglieder dieser Kirchen gelten für die Kirche Jesu Christi daher als ungetauft. Diese ist keine Wiedertaufe.

Taufe nach Ausschluss und Austritt

Wie Luis Ladaria richtig anmerkt, wird aber auch im Fall eines Ausschlusses oder Austritts mit nachfolgender Umkehr eine neuerliche Taufhandlung gesetzt. Für jemanden, der nicht ausreichend mit der Lehre der Kirche vertraut ist, scheint dies eine Wiedertaufe zu sein. Betrachten wir jedoch die Frage sowohl historisch als auch vom Blickpunkt der Praxis und Lehre, wird klar, dass dies nicht zutreffend ist.

Historisch

Tauferneuerung nach dem Großen Trek und in der Mormon Reformation

Am 6. August 1847 kamen Brigham Young und die Apostel im Salzseetal an. In seiner Geschichte lesen wir:

In der Nacht wurde ich von Elder Kimball wiedergetauft und taufte dann die Elders Kimball, Richards, Pratt, Woodruff, Smith, Lyman und Benson, die am Rande des Wasser konfirmiert wurden, um ein Beispiel für die Kirche zu setzen, und empfahl, dass alle Heligen der Letzten Tage wiedergetauft und wieder konfirmiert werden sollten.

Brigham Young spricht hier klar von Wiedertaufe! Ist das nicht genau das, wogegen sich die traditionellen Kirchen verwehren?

Ich meine, dies ist ein Missverständnis, denn in allen Büchern der Kirche wurde nicht das neue Taufdatum festgehalten, sondern das alte blieb erhalten. Diese „Wiedertaufe” hatte eine symbolische Bedeutung, es war eine Bekräftigung der ursprünglichen, einzig bindenden Taufe. Es war ein Ritual der Wiederverpflichtung ohne Bedeutung für die Errettung und Erhöhung. Diese Praxis wurd 1897 generell abgeschafft.

Lehre und Praxis heute

Dennoch ist die heutige Praxis im Lichte dieser Wieder-Weihung zu sehen.

Wer ausgeschlossen wird oder aus der Kirche austritt und sich dann wieder taufen lässt, wird in den Büchern der Kirche nicht mit dem Wiedertaufdatum geführt. Im Mitgliedschein und in den Büchern der Kirche bleibt das ursprüngliche Taufdatum aufrecht. Es wird also nur das ursprüngliche Taufbündnis, das der Mensch gebrochen hat, wiederhergestellt. (siehe Handbuch)

Ursprung

In einem sind sich Mormonen, Katholiken, Orthodoxe und Protestanten einig: Die Taufe ist auf Christus Jesus ausgerichtet und macht ohne sein Leben, seinen Tod und seine Auferstehung keinen Sinn. Mit Christus werden wir ins Grab gelegt, mit Christus werden wir wieder hervorgehoben.

Uneinigkeit gibt es über den Beginn. Die traditionellen Kirchen lehren, dass die Taufe von Christus eingeführt wurde und dass die Taufe des Johannes nur eine Vorbereitung war. Dem können wir zustimmen. Darüber hinaus glauben wir aber, dass Gott der Sohn, der als Jesus Christus Mensch geworden ist,

Tauffragen und Glaubensbekenntnis

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Mormonen und anderen Christen sind die Glaubensbekenntnisse. Während das traditionelle Christentum Glaubensbekenntnisse hat, lehnen Mormonen diese ab.

Interessant ist jedoch, dass sich die Glaubensbekenntnisse des Christentums aus Tauffragen entwickelt haben, und auch heute noch wird das Apostolikum bei der Taufe in Form von Frage-und-Antwort verkündigt. Der Geistliche fragt z.B. „Glaubst Du an Gott, den allmächtigen Vater?” Der Täufling (oder die Eltern) antwortet mit „ich glaube”. Fragen nach Jesus Christus (inklusive seinem Leben, Sterben und Auferstehen und dem Sühnopfer) und nach dem Heiligen Geist folgen. Zum Schluss kommt dann noch die Frage nach der Heiligen Kirche und der Auferstehung. Darauf folgt noch eine Absage an die Sünde: „Entsagst Du der Sünde…”

In der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage werden die Tauffragen in einem privaten Interview gestellt, sie sind aber sehr ähnlich:

Auf Fragen nach dem Glauben an die Personen der Gottheit und das Sühnopfer folgt die Frage nach der Kirche, und dann kommen Fragen nach Umkehr und ihrer Bedeutung sowie nach einzelnen Geboten. Dies schließt mit der Frage danach, ob man bereit ist, die Gebote und das Bündnis der Taufe bis zum Lebensende zu halten.

Ausblick und Schluss

Themen, die noch genauer untersucht werden müssen

Der Täufling und der Täufer

Kindertaufe oder Erwachsenentaufe

In der Kirche Jesu Christi dürfen kleine Kinder nicht getauft werden, in der katholischen, den orthodoxen und vielen protestantischen Kirchen werden kleine Kinder getauft, während andere die Erwachsenentaufe bevorzugen. Die Gründe sind hier verschieden.

Ordiniertes Priestertum, Priestertum aller Gläubigen, kein Priestertum und kein Glaube für die Taufe notwendig

Auch dieses Thema wurde bewusst ausgeklammert. Für traditionelle Christen geht es hier darum, von wem die Taufe kommt. In ihrer Sichtweise ist es immer Jesus, der eine gültige Taufe spendet, und so kommt es ausschließlich auf den Glauben und die Absicht des Täuflings an, nicht aber darauf, wer der Täufer ist und was er glaubt. Die Würdigkeit des Täufers ist ebenso unwesentlich, wie sein Amt.

In der Kirche Jesu Christi HLT kann nur jemand taufen, der Vollmacht von Gott hat. Eine geheime Unwürdigkeit des Täufers macht die Taufe nicht ungültig, selbst wenn sie später bekannt wird. Aber ohne Vollmacht des Priestertums keine Taufe, da niemand Jesus seine Hände leihen kann, ohne von Ihm bevollmächtigt zu sein.

Ursprung

Während traditionelle Christen die Taufe auf das sterbliches Wirken Jesu in Israel zurückführen, gibt es Schriftstellen im Buch Mormon und der Köstlichen Perle, die darauf schließen lassen, dass schon Adam getauft wurde.

Fazit

Wenngleich auch noch einige Themen erforscht und verglichen werden müssen, sind die Behauptungen Ladarias, über die Unterschiede zwischen traditionell christlicher Taufe und mormonischer Taufe bestehen, nicht stichhaltig. Ich schlage vor, auf beiden Seiten noch mehr Grundlagenforschung zu betreiben, damit klar ist, was die Kirchen tatsächlich lehren.

[1] Codex des Kanonischen Rechtes IV/I/III

[2] Von der Wiedertaufe, an zwei Pfarrherrn, 1528

[3] Gesichtspunkte zum Taufgespräch heute, Kassel 1965, S.86 f., zitiert in Edmund Schlink, Schriften zu Ökumene und Bekenntnis, Band 3, S. 125

 

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Last Updated November 07, 2009
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